Vorlage an den EuGH zur Überlassungshöchstdauer
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wurden durch das LAG Berlin-Brandenburg am 13. Mai 2020 (15 Sa 1991/19) folgende Fragen die Überlassungshöchstdauer betreffend zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers an ein entleihendes Unternehmen schon dann nicht mehr als „vorübergehend“ im Sinne des Artikel 1 der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen, wenn die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz erfolgt, der dauerhaft vorhanden ist und der nicht vertretungsweise besetzt wird? (Rn. 32)
Begründung des Gerichts:
Man könne das Merkmal „vorübergehend“ dahin verstehen, dass es ausschließlich auf die individuelle Überlassungsdauer des Leiharbeitnehmers ankommt. Denkbar sei aber auch, dass sich dieses Merkmal auf die zu besetzenden Arbeitsplätze bezieht und dahin zu verstehen ist, dass Leiharbeitnehmer beim entleihenden Unternehmen nicht auf Dauerarbeitsplätzen ohne Vertretungsbedarf eingesetzt werden dürfen.
2. Ist die Überlassung eines Leiharbeitnehmers unterhalb einer Zeitspanne von 55 Monaten als nicht mehr „vorübergehend“ im Sinne des Artikel 1 der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen?
Begründung des Gerichts:
Trotz tarifvertraglicher Regelung sei ein Überlassungszeitraum von 55 Monaten nicht mehr vorübergehend. Möglicherweise könne für das Merkmal „vorübergehend“ danach differenziert werden, ob ein Sachgrund (Vertretungsbedarf, vorübergehende Auftragsspitze oder Ähnliches) vorliegt oder ob dies nicht der Fall ist.
3. Falls die Fragen zu 1. und/oder 2. bejaht werden, ergeben sich folgende Zusatzfragen:
3.1. Besteht für den Leiharbeitnehmer ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem entleihenden Unternehmen?
3.2. Verstößt die deutsche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gegen europäisches Recht, wenn sie Vorbeschäftigungszeiten unberücksichtigt lässt?
3.3. Kann die Ausdehnung der individuellen Überlassungshöchstdauer den Tarifvertragsparteien überlassen werden?
AMETHYST-Kommentar
Es war eine Frage der Zeit, wann solche Fragen an den EuGHG gerichtet werden. Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH die jetzige Rechtslage, mit der die Parteien im Ergebnis zurechtkommen, bestätigt.