EuGH zieht sich aus Diskussion zur Überlassungshöchstdauer zurück
Es ist ein Erfolg für Arbeitgeber: Der EuGH hat die Geltung der deutschen AÜG-Normen zur Überlassungshöchstdauer weitgehend bestätigt und sah hierin keinen grundsätzlichen Verstoß gegen die Zeitarbeitsrichtlinie (EuGH v. 17.3.2022 — C‑232/20).
Ausgangspunkt war ein Vorlagebeschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 13. Mai 2020 (15 Sa 1991/19). Darin ging es um die Frage, inwieweit ein Arbeitnehmer, der insgesamt 55 Monate bei Daimler als Leiharbeitnehmer eingesetzt war, vor missbräuchlichem Einsatz aufeinanderfolgender Überlassungen geschützt ist. Da dieser Zeitraum noch teilweise vor der Reform 2017 lag, kam es unter Anwendung der Übergangsregel nicht zu einer Überschreitung der aktuell geltenden Überlassungshöchstdauer. Der klagende Arbeitnehmer sah in der Gesamtdauer der Überlassung jedoch einen Verstoß gegen die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104, was das LAG Berlin-Brandenburg zu einer entsprechenden Vorlage an den EuGH veranlasste.
Der EuGH hat zur Überlassungshöchstdauer festgestellt,
- dass auch eine Überlassung auf einen Arbeitsplatz, der beim Kunden als Dauerarbeitsplatz eingerichtet ist, „vorübergehend“ sein könne, es also auf diese Eigenschaft als „Dauerarbeitsplatz“ oder einen Vertretungsbedarf nicht ankomme und nur der Überlassungsvorgang selbst zu beurteilen sei.
- Weiter heißt es, eine Überlassungsdauer von 55 Monaten sei dann missbräuchlich gem. 2. Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2008/104, „falls die aufeinanderfolgenden Überlassungen desselben Leiharbeitnehmers bei demselben entleihenden Unternehmen zu einer Beschäftigungsdauer bei diesem Unternehmen führen, die länger ist als das, was unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände, zu denen insbesondere die Branchenbesonderheiten zählen, und im Kontext des nationalen Regelungsrahmens vernünftigerweise als ‚vorübergehend‘ betrachtet werden kann, ohne dass eine objektive Erklärung dafür gegeben wird, dass das betreffende entleihende Unternehmen auf eine Reihe aufeinanderfolgender Leiharbeitsverträge zurückgreift. Diese Feststellungen zu treffen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.“ – Im Klartext: Der EuGH hält sich heraus; deutsche Gerichte sollen selbst entscheiden.
- Schließlich sei die Richtlinie 2008/104 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehe, welche die Tarifvertragsparteien ermächtige, auf der Ebene der Branche der entleihenden Unternehmen von der durch eine solche Regelung festgelegten Höchstdauer der Überlassung eines Leiharbeitnehmers abzuweichen.