LSG Nordrhein-Westfalen: Keine Vorratsgesellschaften mit AÜG-Erlaubnis mehr möglich
Wer in der Arbeitnehmerüberlassung tätig sein möchte, benötigt eine Erlaubnis. Diese kann bei der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden. In der Vergangenheit gab es jedoch einen weiteren Weg zur Erlaubnis: den Kauf einer Vorratsgesellschaft, für die im Vorfeld schon eine Erlaubnis beantragt bzw. erteilt worden ist. Diese Praxis war der Bundesagentur für Arbeit seit langem ein Dorn im Auge, da die Erlaubnis ja immer für ein bestehendes Unternehmen und nicht für einen möglichen späteren Inhaber erteilt worden ist, dessen Zuverlässigkeit nach dem Verkauf nicht mehr geprüft werden konnte.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen folgte hier nun der Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (v. 04.07.2024 – L 9 AL 169/22). Zwar sei die Gründung von Vorratsgesellschaften gesellschaftsrechtlich möglich; solche Mantelgesellschaften seien jedoch keine Arbeitgeber iSv § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG, denen eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung erteilt werden könne.
Denn mit der Gründung von Vorratsgesellschaften würden die Prüfmöglichkeiten der Zuverlässigkeit (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG) unterlaufen. Da bei Kapitalgesellschaften auf die Zuverlässigkeit der vertretungsberechtigten Organe abzustellen sei, setze die Prüfung der Zuverlässigkeit voraus, dass ein Geschäftsführer einer GmbH im Amt sei, der die Arbeitnehmerüberlassung verantworten werde.
Ein weiterer Versagungsgrund sei die fehlende Betriebsorganisation bei Vorratsgesellschaften, die gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 AÜG zwingend vorhanden sein müsse. Fehle sie, sei die Erlaubnis ebenfalls zu versagen.
Amethyst-Kommentar:
Wer den Markt beobachtet, weiß, dass in der Vergangenheit eine erhebliche Zahl von Vorratsgesellschaften mit der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gegründet worden ist. Die praktische Bedeutung dieser Entscheidung ist also groß. Es überrascht daher nicht, dass das Landessozialgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen hat. Von dort wird es also eine abschließende Entscheidung geben.
Von dieser Entscheidung nicht betroffen sind „normale“ Unternehmenskäufe mit Erlaubnis, bei denen ein Personaldienstleister mit seinem bereits bestehenden operativen Geschäft durch einen Gesellschafterwechsel – oft auch verbunden mit einem Wechsel in der Geschäftsführung – übernommen wird. Solche Übernahmen sind also nicht an sich unzulässig. Doch auch hier ist Vorsicht geboten! Denn nach unserer Erfahrung schaut die Bundesagentur für Arbeit auch in solchen Fällen sehr genau darauf, wer das Unternehmen übernommen hat, und führt eine erneute Zuverlässigkeitsprüfung durch. Das ist beim Kauf bestehender Gesellschaften immer zu beachten!
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