Arbeitnehmerüberlassung – Konzernprivileg
Am 12.11.2024 hat das BAG eine bedeutende Entscheidung zum Konzernprivileg in der Arbeitnehmerüberlassung gefällt: Überlässt ein Unternehmen, das einem Konzern angehört, einen Arbeitnehmer seit Beginn des Arbeitsverhältnisses über mehrere Jahre einem anderen Konzernunternehmen, sei regelmäßig davon auszugehen, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers zum Zweck der Überlassung erfolgt ist. Das bedeutet, dass sich der Entleiher nicht auf das Konzernprivileg im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) berufen kann. Die Folge ist bei Überschreiten der Überlassungshöchstdauer oder bei fehlender Erlaubnis des Verleihers (§ 10 Abs. 1 AÜG) der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Kunden.
Eine solche Folge tritt nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG bei einer Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen nicht ein, es sei denn, der Arbeitnehmer wird „zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt“.
Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses zum Entleiher geklagt, weil er seit Beginn seiner Beschäftigung ausschließlich bei dem Kunden als Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei.
Das Landesarbeitsgericht hatte die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG für das Eingreifen des Konzernprivilegs bejaht, weil der Kläger nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt worden sei.
Diese Begründung hielt der revisionsrechtlichen Prüfung durch das Bundesarbeitsgericht nicht stand. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sei das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar, wenn Einstellung „und“ Beschäftigung zum Zweck der Überlassung erfolgen. Die Konjunktion „und“ in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG sei als „entweder … oder“ und nicht als „sowohl …. als auch“ zu verstehen. Selbst wenn die Einstellung hier also möglicherweise noch nicht von Beginn an zum Zweck der Überlassung erfolgt sein sollte, so sei in diesem Fall mit Blick auf die Beschäftigung eine Überlassung festzustellen.
Der Neunte Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da noch Tatsachenfeststellungen zu treffen sind.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.11.2024 – 9 AZR 13/24 (Pressemeldung, Volltext liegt noch nicht vor), Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 9.11.2023 – 5 Sa 180/23
AMETHYST-Kommentar:
Diese Entscheidung dürfte in Konzernen für reichlich Nervosität sorgen. Denn bisher ging man überwiegend davon aus, dass eine Überlassung innerhalb von Konzernen ohne weitere Restriktionen möglich ist. Das ist zukünftig anders zu beurteilen. Denn nun werden die Konzerne Szenarien entwerfen müssen, die wechselnde Einsätze oder auch die Rückkehr an den Stammarbeitsplatz vorsehen, sofern sie Klagen auf das Bestehen von Arbeitsverhältnissen in den Kundenunternehmen vermeiden wollen.
JH