Textform statt Schriftform für die Zeitarbeit

Die Zeitar­beits­branche kann aufat­men: Nur wenige Tage vor dem Ende der Ampel-Koali­tion wurde das sog. Vierte Bürokratieent­las­tungs­ge­setz (BEG IV) auf den Weg gebracht. Nach­dem das Gesetz zuvor den Bun­destag und den Bun­desrat passiert hat­te, wurde es am 29.10.2024 und damit ger­ade noch rechtzeit­ig im Bun­des­ge­set­zblatt veröf­fentlicht. In Bezug auf die Zeitar­beit sind darin drei rel­e­vante Erle­ichterun­gen enthal­ten, die alle­samt dem Prinzip „Text- statt Schrift­form“ folgen.

  1. Erset­zung der Schrift- durch die Textform für Arbeitnehmerüberlassungsverträge 

Ab dem 01.01.2025 tritt nach Art. 55 des BEG IV eine Änderung des § 12 Abs. 1 S. 1 Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­setz (AÜG) in Kraft. Dort wird es dann heißen:

„Der Ver­trag zwis­chen dem Ver­lei­her und dem Entlei­her bedarf der Textform.“

Die Textform ist in § 126b BGB geset­zlich geregelt. Dem­nach ist eine les­bare Erk­lärung notwendig, in welch­er die Per­son des Erk­lären­den genan­nt ist und die auf einem dauer­haften Daten­träger abgegeben wird. Neben dem Abschluss des Ver­trages auf Papi­er sind daher nun auch eine E‑Mail oder ein Fax ausreichend.

Aber bitte beacht­en Sie: Für Arbeit­nehmerüber­las­sungsverträge, die noch vor dem 01.01.2025 geschlossen wer­den, gilt weit­er­hin die Schrift­form. Außer­dem bleiben die zen­tralen Anforderun­gen an den Ver­tragsab­schluss unverän­dert beste­hen und sind einzuhal­ten – etwa das Erforder­nis des Ver­tragsab­schlusses noch vor Über­las­sungs­be­ginn, die Beze­ich­nung als Über­las­sungsver­trag oder die Offen­le­gungs- und Konkretisierungspflicht aus § 1 Abs. 1 AÜG.

  1. For­mer­le­ichterun­gen beim Arbeitsver­trag (Nach­wG)

Neben dieser expliz­it für die Zeitar­beit gedacht­en Erle­ichterung prof­i­tiert die Branche auch von weit­eren Änderun­gen. Ins­beson­dere wer­den durch Art. 50 des BEG IV die For­man­forderun­gen in § 2 Abs. 1  Nach­weis­ge­setz (Nach­wG) gelock­ert, wodurch sich auch der entsprechende Prozess vere­in­facht. Diese Änderung tritt eben­falls am 01.01.2025 in Kraft.

Zukün­ftig wird neben der Schrift­form alter­na­tiv auch die Textform für die Nieder­schrift der wesentlichen Ver­trags­be­din­gun­gen des Arbeitsver­hält­niss­es zuläs­sig sein. Die Nieder­schrift kann dann auch elek­tro­n­isch über­mit­telt wer­den. Allerd­ings gel­ten für die Textform bes­timmte Bedin­gun­gen. Das Doku­ment muss für die Arbeit­nehmerin oder den Arbeit­nehmer zugänglich sein sowie gespe­ichert und aus­ge­druckt wer­den kön­nen. Außer­dem müssen die Arbeit­nehmerin oder der Arbeit­nehmer mit der Über­mit­tlung der wesentlichen Ver­trags­be­din­gun­gen aufge­fordert wer­den, einen Emp­fangsnach­weis zu erteilen. Auf Ver­lan­gen müssen die Arbeit­ge­berin oder der Arbeit­ge­ber die Nieder­schrift der wesentlichen Ver­trags­be­din­gun­gen jedoch auch weit­er­hin zusät­zlich in Schrift­form übermitteln.

Expliz­it ausgenom­men von dieser Änderung sind die Wirtschafts­bere­iche und Wirtschaft­szweige nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeits­bekämp­fungs­ge­set­zes (SchwarzArbG). Hier hält der Geset­zge­ber die Beibehal­tung des Schrift­former­forderniss­es zum Schutz der Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer für erforder­lich. Das bet­rifft beispiel­sweise das Bau- und Gast­stät­tengewerbe oder die Spedition‑, Trans­port- und Logistikbranche.

  1. Noch immer Schrift­form bei Befris­tun­gen – außer, wenn es um das Rentenein­trittsalter geht

Schließlich wird in Art. 63 des BEG IV noch ein neuer Absatz 2 in den § 41 des Sech­sten Buchs Sozialge­set­zbuch (SGB VI) einge­fügt. Ihm zufolge wird für eine Befris­tung des Arbeitsver­hält­niss­es auf das Regel­rentenein­trittsalter kün­ftig die Textform aus­re­ichen. Der neue Absatz wird dabei von der in § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befris­tungs­ge­setz (TzBfG) geforderten Schrift­form für Befris­tun­gen aus­drück­lich ausgenom­men. Auch § 41 Abs. 2 SGB VI tritt am 01.01.2025 in Kraft.

Für Befris­tun­gen nach dem TzBfG bleibt indes die geset­zliche Schrift­form vorgeschrieben.

Quellen: Bun­des­ge­set­zblatt, BT-Drs. 20/13015

Kommentar

Glück gehabt! Wäre die Regierungskoali­tion nur ein paar Tage früher gescheit­ert, wäre auch die Änderung der For­mer­fordernisse nicht mehr zus­tande gekom­men. Wer weiß, ob eine Nach­fol­geregierung das The­ma eben­falls wieder auf der Agen­da gehabt hätte …

Die Regelung ist im Hin­blick auf den Arbeit­nehmerüber­las­sungsver­trag natür­lich zu begrüßen. Der Weg­fall der Schrift­form nach dem Nach­wG geht allerd­ings nicht weit genug, solange für Ver­trags­be­fris­tun­gen nach dem TzBfG noch immer die strenge Schrift­form gilt. Die Forderung, hier­auf zu verzicht­en, hat der Geset­zge­ber lei­der nicht aufge­grif­f­en. Das irri­tiert beson­ders vor dem Hin­ter­grund, dass die Schrift­form für die „Rent­ner­be­fris­tung“, die im SGB VI geregelt ist, nun nicht mehr erforder­lich sein soll. Worin hier der Wer­tung­sun­ter­schied zur Ver­trags­be­fris­tung nach dem TzBfG beste­hen soll, erschließt sich wed­er juris­tisch noch praktisch.

Wichtig ist, dass Anwen­der zwei Aspek­te beson­ders beachten:

Zum einen treten die Regelun­gen erst zum 01.01.2025 in Kraft.

Zum anderen ist derzeit offen, ob die Erfordernisse der Textform nach dem Nach­wG bere­its durch das Ein­stellen von Doku­menten in Por­tale, dig­i­tale Mitar­beit­er­post­fäch­er oder durch die Übersendung an eine dien­stliche Mailadresse erfüllt wer­den. Hier ist nach Auf­fas­sung einiger Gerichte noch immer die Übersendung ein­er E‑Mail mit Anhang an eine Pri­vatadresse erforder­lich bzw. zumin­d­est eine vorherige Ein­willi­gung für einen abwe­ichen­den Ver­sandweg (vgl. LAG Nieder­sach­sen v. 16.01.2024 — 9 Sa 575/23, n. rk., Az. BAG 9 AZR 48/24, für eine Lohnabrech­nung).
JH