6. Oktober 2025
Neuer Anlauf der sogenannten Däubler-Kampagne
Die sogenannte Däubler-Kampagne der Organisation LabourNet Germany und des Arbeitsrechtlers Prof. Wolfgang Däubler hat einen Aufruf veröffentlicht, in dem an einer Klage interessierte (ehemalige) Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer gesucht werden.
Rechtmäßigkeit einer BAG-Entscheidung angezweifelt
Die Däubler-Kampagne hat sich zum Ziel gesetzt, gleiche Lohn- und Arbeitsbedingungen („Equal Pay“) in der Zeitarbeitsbranche durchzusetzen, und bezweifelt die Zulässigkeit von Abweichungen durch die Zeitarbeitstarifverträge. Dafür initiiert die Kampagne immer wieder entsprechende Gerichtsverfahren, von den einige bereits bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) führten.
Vor zwei Jahren hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf Basis einer EuGH-Entscheidung die Zeitarbeitstarifverträge jedoch für rechtmäßig erklärt. LabourNet Germany und Prof. Däubler betrachten diese Entscheidung jedoch als unrichtig.
Der juristische Hintergrund ist der, dass nach Entscheidung des EuGH eine Abweichung vom Equal-Pay-Grundsatz durch Tarifverträge nur zulässig ist, wenn in diesen zugleich ein entsprechender Ausgleichsvorteil vorgesehen ist (Urteil v. 15.12.2022 – Az.: C‑311/21). Das BAG entschied in der Folge, dass dieser Ausgleich in Deutschland bereits durch die Entgeltfortzahlung in verleihfreien Zeiten gewährleistet sei und die Tarifverträge daher nicht zu beanstanden seien (Urteil v. 31.05.2023 – Az.: 5 AZR 143/19).
Prof. Däubler argumentiert nun, dass die Entgeltfortzahlung lediglich gesetzlich in § 11 Abs. 4 AÜG vorgeschrieben sei und nicht in den Tarifverträgen, wie vom EuGH für Ausgleichsvorteile gefordert. Daher ist es das erklärte Ziel der Kampagne, erneut den EuGH mit der Frage anzurufen, ob die Entscheidung des BAG mit Europäischen Recht vereinbar ist.
Neuer Anlauf der Kampagne nach Klageanerkenntnis
In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln, das für die Dauer der genannten EuGH-Entscheidung pausiert hatte, hatte die Beklagte die Klageforderung des Leiharbeitnehmers nach Fortsetzung des Verfahrens in vollen Umfang anerkannt (sog. Anerkenntnis). Auf diese Weise wurde dieser Prozess beendet, und eine Vorlage an den EuGH war nicht mehr möglich. Den Grund für das Anerkenntnis sieht Prof. Däubler denn auch darin, dass die Beklagte eine erneute Vorlage an den EuGH befürchtet habe und ein Anerkenntnis die für sie kostengünstigere Lösung gewesen sei.
Mit dem nun getätigten Aufruf versucht die Däubler-Kampagne, eine Vielzahl von Verfahren in ganz Deutschland anzustrengen, da sodann nicht mehr alle Verleiher zu einem Anerkenntnis bereit wären und man so zu der angestrebten Vorlage an den EuGH kommen würde. Daher sucht die Kampagne nun Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer, die bereit sind, ihren Equal-Pay-Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Als Unterstützung erhalten diese eine Handlungsanleitung samt Musterdokumenten, juristische Betreuung durch Prof. Däubler sowie die Vermittlung von Rechtsanwälten.
Quellen: LabourNet, Aufruf von Prof. Däubler, Personalorder.
AMETHYST-Kommentar
Langsam nervt es – viel mehr fällt einem dazu bald nicht mehr ein. Auch Prof. Däubler sollte mitbekommen haben, dass die Löhne in der Arbeitnehmerüberlassung den Mindestlohn mittlerweile deutlich überschreiten und dass die Entgeltdifferenzen in höheren Lohngruppen nur noch äußerst gering sind. Das haben selbst der EuGH und das Bundesarbeitsgericht so gesehen, freilich jeweils im Rahmen einer etwas differenzierteren Begründung.
Die Branche hat sich mit dem gegenwärtigen System jedoch gut arrangiert, und auch die Gewerkschaften bekämpfen weder Leiharbeit noch das Tarifsystem in der Arbeitnehmerüberlassung ernsthaft. Von rechtlichen Aspekten abgesehen, wäre es daher auch aus praktischen Gründen an der Zeit für diese Kampagne, die Segel zu streichen. Sie ist aus der Zeit gefallen.
JH

