Arbeitnehmerüberlassung von Ärztinnen und Ärzten
Der Fall
Ein bundesweit tätiger Personaldienstleister überlässt Ärzte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung im wesentlichen an Krankenhäuser. Arbeitnehmerüberlassung für Ärzte ist attraktiv, weil sie bei einem identischen Gehalt die Möglichkeit bietet, viele verschiedene Einsatzfelder kennen zu lernen und zudem deutlich variabler Arbeitsmöglichkeiten bietet. Vor diesem Hintergrund wollte unsere Mandantin ihren Ärzten gegen angemessene Bezahlung längere Auszeiten zugestehen, um diesen ein noch attraktiveres Arbeitsumfeld bieten zu können. Wünschenswert aus Sicht der betroffenen Ärzte waren Freistellungsphasen von bis zu 4 Monaten.
Das Problem
Das Problem lag vorliegend darin, dass die Branchentarifverträge von iGZ und BAP lediglich das Ansparen von 150 Plusstunden vorsehen, was bei einer monatlichen Arbeitszeit von 151,67 Stunden (= 35 Stundenwoche) lediglich eine Freistellung von einem Monat ermöglichte.
Die Lösung
Zwei verschiedene Arbeitszeitkonten
Die Lösung des Problems lag darin, nicht mehr mit einem, sondern mit zwei verschiedenen Arbeitszeitkonten zu arbeiten. Zunächst wurde das tarifvertragliche Arbeitszeitkonto wie bisher als Zeitkonto genutzt, in dem maximal 150 Stunden angespart werden konnten. Darüber hinaus wurde ein Wertkonto eingerichtet, welches nicht tariflich geregelt ist, und deshalb auch nicht mit tariflichen Lohnbestandteilen bebucht werden kann. Allerdings ist es möglich, bei allen Lohnbestandteilen, die übertariflicher Natur sind, eine entsprechende Verwendung auf dem Wertkonto zwischen den Parteien zu vereinbaren. Da Ärzte weit überdurchschnittlich (und übertariflich) verdienen, gab es also genug übertarifliche Lohnbestandteile, die angespart werden konnten.
Es wurde deshalb ein Modell entwickelt, mit dem ein bestimmter Prozentsatz übertarifliche Vergütung nicht an die Arbeitnehmer ausgezahlt wurde, sondern absprachegemäß dem Wertkonto zugeführt wurde. Somit war es möglich, neben dem tariflichen Zeitkonto ein Wertkonto aufzubauen, für das keine Höchstgrenze besteht.
Ein Beispiel
Ein Arzt verdient bei einem tariflichen Lohnanspruch von 20 € 40 € pro Arbeitsstunde. Er arbeitet im laufenden Monat 170 Stunden bei einer vereinbarten Arbeitszeit von 150 Stunden. Die Parteien vereinbaren, dass von dem übertariflichen Lohnbestandteilen die Hälfte, also 10 € pro Arbeitsstunde in das Wertkonto gebucht werden, weitere 10 € werden jeweils ausgezahlt.
Für den laufenden Monat erhält der Arzt somit eine Vergütung in Höhe von 4.500 € ausbezahlt (150 Stunden * 30 €). 20 Arbeitsstunden werden in das tarifliche Arbeitszeitkonto gebucht mit einem Stundenwert von 20 €, der dem Tariflohn entspricht. Es verbleibt eine Differenz in Höhe von 20 Stunden zu 10 € als Wert sowie 170 Stunden zu 10 € als weitere Wertdifferenz. Dieser Überhang mit einem Wert von 1900 € wird in das Wertkonto gebucht. Wiederholt man diesen Vorgang mehrfach, zum Beispiel viermal hintereinander, so stehen auf dem tariflichen Zeitkonto 80 Arbeitsstunden zur Verfügung, während in dem Wertkonto 7.600 € gespeichert sind. Bei einer verstetigten Vergütung von 4.500 € monatlich entspricht bereits der Betrag aus dem Wertkonto einen Zeitraum von 1,69 Monaten. Hinzu kommen die 80 Stunden aus dem tariflichen Zeitkonto, so das nach 4-monatiger Arbeitszeit bereits eine Freistellungsphase von mehr als 2 Monaten finanziert ist. Dieses Modell lässt sich nahezu beliebig fortsetzen.
Unsere Leistung
Unsere Leistung bestand hier darin, das Modell zu entwickeln, durchzurechnen und vertraglich zur Anwendung zu bringen. Wesentlicher Gegenstand der Tätigkeit war auch eine umfangreiche Begutachtung der Rechtssicherheit dieses Modells insbesondere vor dem Umstand, dass eine Verlagerung des Beschäftigungsrisikos auf Arbeitnehmer rechtlich unzulässig ist. Durch ein jederzeitiges Rücktrittsrecht der Ärzte konnte auch dieses Problem gelöst werden.