23. August 2021
Anschlussbefristung bei Einstellung nach Überlassung an den Entleiher
Der Entleiher ist grundsätzlich nicht gehindert, einen zuvor bei ihm eingesetzten Leiharbeitnehmer auf Basis eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags einzustellen. Das Leiharbeitsverhältnis ist grundsätzlich nicht auf die Befristungshöchstdauer anzurechnen. Das hat das LAG Nürnberg am 25. Februar 2021 (5 Sa 396/20) zum Thema Anschlussbefristung entschieden.
Die Klägerin arbeitete bei der Beklagten über einen Personaldienstleister von Dezember 2017 bis Juni 2018. Im Anschluss schloss sie mit dem Entleiher einen Arbeitsvertrag, zunächst befristet bis 31. Mai 2019, später dann bis zum 31. Dezember 2019. Gegen die Wirksamkeit der zweiten Befristung wehrt sich die Klägerin mit dem Argument, die Befristungen bei Ver- und Entleiher seien zu addieren, so dass die Höchstbefristungsdauer nach § 14 TzBfG bereits überschritten sei.
Das sah das LAG anders. Der Ausschlusstatbestand des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG sei nur erfüllt, wenn – anders als hier – auf beiden Seiten Identität der Arbeitsvertragsparteien bestanden hätte. Eine missbräuchliche Befristung sei nicht erkennbar. Voraussetzung für die Feststellung einer missbräuchlichen Befristung wäre eine mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarende Gestaltung, für die durch die Arbeitnehmerin jedenfalls nichts vorgetragen worden sei. Vielmehr habe es sich nach Auffassung des Gerichts auch bei den Befristungen im Kundenbetrieb um eine zulässige rechtliche Gestaltungsmöglichkeit im Rahmen der geltenden Gesetze gehandelt. Selbst unterstellt, es handele sich bei den Arbeitsplätzen, auf denen die Klägerin eingesetzt worden ist, um Dauerarbeitsplätze bei einer tatsächlichen Beschäftigungszeit der Klägerin beim Beklagten von zwei Jahren und einem Monat, könne nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung durch den Arbeitgeber ausgegangen werden.
AMETHYST-Kommentar
Theorie und Praxis: Das Arbeitsrecht sieht eine Unwirksamkeit „rechtsmissbräuchlicher Befristungen“ durchaus vor. Allerdings müsste ein Gericht diese Unwirksamkeit gegen den Wortlaut des TzBfG entscheiden, das hier eindeutig vom „Arbeitgeber“ spricht, der sich bei Ver- und Entleiher unterscheidet. Folglich sind die Folgebefristungen nach dem Wortlaut des Gesetzes zulässig. Dagegen zu argumentieren erfordert einen erheblichen Begründungsaufwand.
Wenn der Gesetzgeber es übrigens nicht möchte, dass seine Gesetze nach dem Wortlaut angewandt werden, kann er sie ändern. Warum sollten Gerichte diesen Job übernehmen? Fazit: Die Gefahr einer unzulässigen Anschlussbefristung beim Kunden mag in der Theorie bestehen, in der Praxis jedoch nicht.