14. Mai 2013

Verzicht des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung

BAG — 14.05.2013 — 9 AZR 844/11 | Hat­te der Arbeit­nehmer nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es tat­säch­lich die Möglichkeit, die Abgel­tung des ihm zuste­hen­den geset­zlichen Min­desturlaubs in Anspruch zu nehmen, und schließt er einen Ver­gle­ich mit ein­er Aus­gle­ich­sklausel, der zufolge sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsver­hält­nis “erledigt” sind, erfasst diese grund­sät­zlich auch den Urlaub­sabgel­tungsanspruch. Der Wirk­samkeit ein­er solchen Vere­in­barung ste­hen wed­er § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG noch Art. 7 der Arbeit­szeitrichtlin­ie entgegen.

Tenor

1. Auf die Revi­sion der Beklagten wird das Urteil des Säch­sis­chen Lan­desar­beits­gerichts vom 26. Mai 2011 — 9 Sa 86/11 — teil­weise aufgehoben.

2. Die Beru­fung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits­gerichts Chem­nitz vom 20. Dezem­ber 2010 — 11 Ca 2485/10 — wird ins­ge­samt zurückgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 6.856,29 Euro neb­st Zin­sen in Höhe von fünf Prozent­punk­ten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

4. Der Kläger hat die Kosten der Beru­fung und der Revi­sion zu tragen.

Tatbe­stand

Der Kläger ver­langt von der Beklagten, geset­zlichen Min­desturlaub aus den Jahren 2006 bis 2009 abzugelten.

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger war infolge eines Arbeit­sun­falls ab Jan­u­ar 2006 arbeit­sun­fähig krank. Mit Schreiben vom 26. Novem­ber 2008 erk­lärte die Beklagte die ordentliche Kündi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es zum 30. Juni 2009. Im Kündi­gungsrechtsstre­it schlossen die Parteien am 29. Juni 2010 vor dem Säch­sis­chen Lan­desar­beits­gericht einen Ver­gle­ich. In diesem vere­in­barten sie ua. Folgendes:

“1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeits­ver­hältnis zwis­chen ihnen durch die ordent­liche perso­nen­be­dingte Kündi­gung der Beklagten vom 26.11.2008 mit Ablauf des 30.06.2009 aufgelöst wurde.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger für den Ver­lust des Arbeits­platzes eine ein­ma­lige Sozial­ab­findung in Höhe von 11.500,00 € brut­to bis zum 15.07.2010.

3. Mit Erfül­lung des vorlie­genden gericht­lichen Ver­gle­ichs sind wechsel­seitig alle finan­zi­ellen Ansprüche aus dem Arbeits­ver­hältnis, gle­ich ob bekan­nt oder unbekan­nt, gle­ich aus welchem Rechts­grund, erledigt.“

Der Kläger hat die Recht­sauf­fas­sung vertreten, zum Zeit­punkt der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es habe ihm geset­zlich­er Min­desturlaub von 70 Arbeit­sta­gen zuge­s­tanden, den die Beklagte abzugel­ten habe. Wegen sein­er krankheits­be­d­ingten Arbeit­sun­fähigkeit sei der Urlaub­sanspruch nicht ver­fall­en. Der Ver­gle­ich vom 29. Juni 2010 ste­he seinem Abgel­tungsanspruch nicht ent­ge­gen. Auf die Abgel­tung des geset­zlichen Min­desturlaubs habe er nicht wirk­sam verzicht­en können.

Der Kläger hat zulet­zt beantragt,

die Beklagte zu verur­teilen, an ihn 6.543,60 Euro brut­to neb­st Zin­sen iHv. fünf Prozent­punkten über dem jewei­ligen Basis­zinssatz seit dem 5. August 2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begrün­dung beantragt, wed­er das Bun­desurlaub­s­ge­setz noch union­srechtliche Vor­gaben sähen vor, dass ein Arbeit­nehmer zeitlich unbe­gren­zt Urlaub­sansprüche ansam­meln könne. Im Übri­gen sei der Abgel­tungsanspruch des Klägers durch den Ver­gle­ich vom 29. Juni 2010 „erledigt“. Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Beru­fung des Klägers hat das Lan­desar­beits­gericht das Urteil des Arbeits­gerichts — soweit für das Revi­sionsver­fahren von Inter­esse — abgeän­dert und der Klage stattgegeben. Zur Abwen­dung der Zwangsvoll­streck­ung zahlte die Beklagte am 1. Juli 2011 an den Kläger einen Brut­to­be­trag iHv. 6.856,29 Euro. Mit der vom Sen­at zuge­lasse­nen Revi­sion begehrt die Beklagte die Wieder­her­stel­lung der erstin­stan­zlichen Entschei­dung und die Rück­zahlung des zur Abwen­dung der Zwangsvoll­streck­ung gezahlten Betrags.

Entschei­dungs­gründe

I. Die Revi­sion der Beklagten ist begrün­det. Das Lan­desar­beits­gericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger Urlaub­sabgel­tung iHv. 6.543,60 Euro brut­to zu zahlen. Deshalb hat die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Rück­zahlung. Soweit die Urlaub­sansprüche, deren Abgel­tung der Kläger ver­langt, zum Zeit­punkt der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es nicht bere­its ver­fall­en waren, ste­ht dem Abgel­tungsanspruch die Aus­gle­ich­sklausel im gerichtlichen Ver­gle­ich der Parteien vom 29. Juni 2010 entgegen.

1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG hat der Arbeit­ge­ber Urlaub abzugel­ten, wenn dieser wegen der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es ganz oder teil­weise nicht mehr gewährt wer­den kann. Zum Zeit­punkt der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es am 30. Juni 2009 hat­te der Kläger Anspruch auf 30 Arbeit­stage Min­desturlaub; die übri­gen Urlaub­sansprüche waren gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG bere­its verfallen.

a) Die langjährige Arbeit­sun­fähigkeit des Klägers hat das Entste­hen von Urlaub­sansprüchen in den Jahren 2006 bis 2009 im Umfang von jew­eils 20 Arbeit­sta­gen zwar nicht gehin­dert, weil für das Entste­hen des Urlaub­sanspruchs nach dem Bun­desurlaub­s­ge­setz allein das Beste­hen eines Arbeitsver­hält­niss­es Voraus­set­zung ist (vgl. BAG 18. Sep­tem­ber 2012 — 9 AZR 623/10 — Rn. 10). Die jew­eils zu Beginn der Kalen­der­jahre 2006 und 2007 ent­stande­nen Urlaub­sansprüche sind jedoch gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG 15 Monate nach Ablauf des jew­eili­gen Urlaub­s­jahres ver­fall­en (BAG 7. August 2012 — 9 AZR 353/10 — Rn. 32).

b) Der Anspruch des Klägers auf Abgel­tung des geset­zlichen Urlaubs aus dem Jahr 2008 und des gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG auf die Hälfte gekürzten geset­zlichen Urlaubs aus dem Jahr 2009 im Umfang von zusam­men 30 Arbeit­sta­gen ging infolge der Aus­gle­ich­sklausel im Ver­gle­ich vom 29. Juni 2010 unter. Bei der Vere­in­barung in Ziff. 3 des Ver­gle­ichs, wonach mit Erfül­lung des Ver­gle­ichs wech­sel­seit­ig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsver­hält­nis, gle­ich ob bekan­nt oder unbekan­nt, gle­ich aus welchem Rechts­grund, erledigt sein soll­ten, han­delt es sich um ein kon­sti­tu­tives neg­a­tives Schul­dan­erken­nt­nis (§ 397 Abs. 2 BGB). Dieses hat auch den Urlaub­sabgel­tungsanspruch des Klägers erfasst. Dem ste­ht wed­er die Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG ent­ge­gen, noch hin­dern union­srechtliche Vor­gaben den Unter­gang des Abgeltungsanspruchs.

aa) Welche Recht­squal­ität und welchen Umfang die Erk­lärun­gen in ein­er Aus­gle­ich­sklausel haben, ist durch Ausle­gung zu ermit­teln (BAG 21. Juni 2011 — 9 AZR 203/10 — Rn. 20, BAGE 138, 136). Das Lan­desar­beits­gericht hat dies unter­lassen. Die Ausle­gung von atyp­is­chen Wil­lenserk­lärun­gen ist zwar grund­sät­zlich Sache der Tat­sachen­gerichte. Der Sen­at kann jedoch die gebotene Ausle­gung selb­st vornehmen, weil das Beru­fungs­gericht die erforder­lichen Fest­stel­lun­gen getrof­fen hat und weit­er­er Sachvor­trag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 9. August 2011 — 9 AZR 475/10 — Rn. 45). Aus­gle­ich­sklauseln, die — wie die im Stre­it­fall — aus­drück­lich auch unbekan­nte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erken­nen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Beste­hens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewoll­ten Aus­gle­ich ein­be­zo­gen haben, sind regelmäßig als umfassender Anspruch­sauss­chluss (BAG 23. Sep­tem­ber 2003 — 1 AZR 576/02 — zu II 1 a der Gründe, BAGE 107, 347) in Form eines kon­sti­tu­tiv­en neg­a­tiv­en Schul­dan­erken­nt­niss­es zu ver­ste­hen (vgl. BAG 20. April 2010 — 3 AZR 225/08 — Rn. 49, BAGE 134, 111; 24. Juni 2009 — 10 AZR 707/08 (F) — Rn. 24; 23. Feb­ru­ar 2005 — 4 AZR 139/04 — zu II 4 a bb der Gründe, BAGE 114, 33). Ein solch­es bringt alle Ansprüche, die den Erk­lären­den bekan­nt waren oder mit deren Beste­hen zu rech­nen war, zum Erlöschen (BAG 9. Juni 1998 — 9 AZR 43/97 — zu I 3 a der Gründe, BAGE 89, 91). Dies schließt den Anspruch des Arbeit­nehmers auf Urlaub­sabgel­tung ein (vgl. BAG 31. Mai 1990 — 8 AZR 132/89 — zu III 2 a der Gründe, BAGE 65, 171).

bb) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, dem zufolge von den Bes­tim­mungen des Bun­desurlaub­s­ge­set­zes, abge­se­hen von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, zu Ungun­sten des Arbeit­nehmers nicht abgewichen wer­den kann, ste­ht dem Unter­gang des Urlaub­sabgel­tungsanspruchs nicht ent­ge­gen. Das Bun­de­sar­beits­gericht ging bis­lang davon aus, der Anspruch eines Arbeit­nehmers auf Abgel­tung des geset­zlichen Min­desturlaubs sei ein­er rechts­geschäftlichen Vere­in­barung der Arbeitsver­tragsparteien, in deren Folge der Arbeit­nehmer im Ver­gle­ich zu der geset­zlichen Regelung in § 7 Abs. 4 BUrlG schlechter ste­he, ent­zo­gen. Dies gelte unab­hängig davon, ob die Parteien die Vere­in­barung vor (vgl. BAG 31. Mai 1990 — 8 AZR 132/89 — zu III 2 b der Gründe, BAGE 65, 171) oder nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es (vgl. BAG 21. Juli 1978 — 6 AZR 1/77 — zu 3 b der Gründe) schlössen. Denn der Abgel­tungsanspruch genieße densel­ben Schutz wie der Urlaub­sanspruch. An dieser Recht­sprechung, die an die vom Sen­at aufgegebene Sur­ro­gat­s­the­o­rie anknüpfte, wird nicht fest­ge­hal­ten, soweit die Vere­in­barung nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es zus­tande kommt.

(1) § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeit­nehmers. Die Vorschrift stellt sich­er, dass der Arbeit­nehmer im laufend­en Arbeitsver­hält­nis Anspruch auf den geset­zlichen Min­desturlaub hat. Fern­er sichert die Bes­tim­mung den Anspruch des Arbeit­nehmers auf Abgel­tung des geset­zlichen Min­desturlaubs, den der Arbeit­ge­ber wegen der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es nicht mehr gewähren kann. Der geset­zliche Schutzz­weck würde ver­fehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaub­sabgel­tung während des Arbeitsver­hält­niss­es durch eine rechts­geschäftliche Vere­in­barung der Arbeitsver­tragsparteien aus­geschlossen oder beschränkt wer­den könnte.

(2) Nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es bedarf es dieses Schutzes des Arbeit­nehmers nicht. Nach der neueren Recht­sprechung des Sen­ats ist der Anspruch auf Urlaub­sabgel­tung ein rein­er Gel­danspruch und nicht mehr Sur­ro­gat des Urlaub­sanspruchs (vgl. zulet­zt BAG 19. Juni 2012 — 9 AZR 652/10 — Rn. 23). Er ver­dankt seine Entste­hung zwar urlaub­srechtlichen Vorschriften. Ist er ent­standen, bildet er jedoch einen Teil des Ver­mö­gens des Arbeit­nehmers und unter­schei­det sich in rechtlich­er Hin­sicht nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeit­nehmers gegen den Arbeit­ge­ber. Deshalb unter­fällt der Anspruch auf Abgel­tung des geset­zlichen Min­desturlaubs, wie andere Zahlungsansprüche des Arbeit­nehmers auch, grund­sät­zlich tar­i­flichen Auss­chlussfris­ten (vgl. BAG 21. Feb­ru­ar 2012 — 9 AZR 486/10 — Rn. 19). Macht der Arbeit­nehmer seinen Anspruch auf Urlaub­sabgel­tung gegenüber dem Arbeit­ge­ber nicht vor Ablauf der Auss­chlussfrist gel­tend, wird dieser von sein­er Leis­tungspflicht frei. Rechtlich ver­hält es sich nicht anders, als wenn der Arbeit­nehmer, anstatt auf eine frist­gerechte Gel­tend­machung zu verzicht­en, nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es mit kon­sti­tu­tiv­er Wirkung anerken­nt, dass er nicht länger Inhab­er eines Abgel­tungsanspruchs ist.

cc) Der Ein­wand des Klägers, der Urlaub­sabgel­tungsanspruch sei für den Arbeit­nehmer ähn­lich unverzicht­bar wie der Anspruch auf tar­i­fliche Rechte, ver­hil­ft sein­er Klage nicht zum Erfolg. Gemäß § 4 Abs. 3 TVG sind zwar Abmachun­gen, die von tar­i­flichen Regelun­gen abwe­ichen, nur zuläs­sig, soweit sie durch den Tar­ifver­trag ges­tat­tet sind oder eine Änderung der Regelun­gen zugun­sten des Arbeit­nehmers enthal­ten. Auch ist nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ein Verzicht auf ent­standene tar­i­fliche Rechte nur in einem von den Tar­ifver­tragsparteien gebil­ligten Ver­gle­ich zuläs­sig. Das Lan­desar­beits­gericht hat jedoch keine Tar­if­bindung der Parteien fest­gestellt und aus­ge­führt, der Kläger habe eine solche wed­er behauptet noch dar­ge­tan, welche Tar­ifverträge auf das Arbeitsver­hält­nis Anwen­dung finden.

dd) Die Aus­gle­ich­sklausel in Ziff. 3 des Ver­gle­ichs ste­ht im Ein­klang mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlin­ie 2003/88/EG des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates vom 4. Novem­ber 2003 über bes­timmte Aspek­te der Arbeit­szeit­gestal­tung (ABl. EU L 299 vom 18. Novem­ber 2003 S. 9; im Fol­gen­den: Arbeit­szeitrichtlin­ie). Der Sen­at kann den Stre­it­fall abschließend entschei­den, ohne den Gericht­shof der Europäis­chen Union nach Art. 267 AEUV um eine Vor­abentschei­dung zu ersuchen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Arbeit­szeitrichtlin­ie tre­f­fen die Mit­glied­staat­en die erforder­lichen Maß­nah­men, damit jed­er Arbeit­nehmer einen bezahlten Min­dest­jahresurlaub von vier Wochen nach Maß­gabe der Bedin­gun­gen für die Inanspruch­nahme und die Gewährung erhält, die in den einzel­staatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzel­staatlichen Gepflo­gen­heit­en vorge­se­hen sind. Der bezahlte Min­dest­jahresurlaub darf nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeit­szeitrichtlin­ie außer bei Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es nicht durch eine finanzielle Vergü­tung erset­zt wer­den. Der Gericht­shof der Europäis­chen Union, dem nach Art. 267 AEUV die Auf­gabe der verbindlichen Ausle­gung von Richtlin­ien zugewiesen ist, hat wieder­holt entsch­ieden, diese union­srechtlichen Gewährleis­tun­gen stün­den ein­er nationalen Regelung grund­sät­zlich nicht ent­ge­gen, die für die Ausübung der Ansprüche aus Art. 7 der Arbeit­szeitrichtlin­ie Modal­itäten vorse­he, die den Ver­lust dieser Ansprüche umfassten. Allerd­ings hat er diese grund­sät­zliche Fest­stel­lung an die Voraus­set­zung geknüpft, dass der Arbeit­nehmer, der einen Rechtsver­lust erlei­de, zuvor die tat­säch­liche Möglichkeit gehabt haben müsse, die ihm von der Richtlin­ie ver­liehenen Ansprüche auszuüben (vgl. EuGH 22. Novem­ber 2011 — C-?214/10 — [KHS] Rn. 26). Union­srecht ste­ht damit der Annahme, der Arbeit­nehmer dürfe über die ihm durch Art. 7 der Arbeit­szeitrichtlin­ie ver­liehenen Rechte im Wege des Rechts­geschäfts ver­fü­gen, nicht ent­ge­gen, sofern der Arbeit­nehmer die tat­säch­liche Möglichkeit hat­te, die Ansprüche vor deren Unter­gang zu real­isieren. Dies ist der Fall, wenn Arbeitsver­tragsparteien erst nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es eine Aus­gle­ich­sklausel vere­in­baren, die auch einen (etwaigen) Urlaub­sabgel­tungsanspruch des Arbeit­nehmers erfasst.

ee) Die Frage, ob die Aus­gle­ich­sklausel in Ziff. 3 des Ver­gle­ichs Dritte bindet, ins­beson­dere die Bun­de­sagen­tur für Arbeit, ist für die Entschei­dung des Stre­it­falls ohne Bedeu­tung. Jeden­falls im Ver­hält­nis zur Beklagten kon­nte der Kläger auf die Abgel­tung seines Urlaubs im Wege eines kon­sti­tu­tiv­en neg­a­tiv­en Schul­dan­erken­nt­niss­es verzichten.

2. Der Kläger ist gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO verpflichtet, an die Beklagte 6.856,29 Euro neb­st Zin­sen iHv. fünf Prozent­punk­ten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

a) Soweit ein Beru­fung­surteil aufge­hoben wird, ist der Kläger gemäß § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf Antrag des Beklagten zur Erstat­tung des von diesem auf­grund des Urteils Gezahlten oder Geleis­teten zu verurteilen. Diese Voraus­set­zun­gen sind erfüllt. Die Beklagte zahlte am 1. Juli 2011 an den Kläger zur Abwen­dung der Zwangsvoll­streck­ung aus dem Urteil des Lan­desar­beits­gerichts 6.856,29 Euro.

b) Der Kläger hat den zurück­zuzahlen­den Betrag gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB mit fünf Prozent­punk­ten über dem Basiszinssatz zu verzin­sen. Der Zinslauf begann am 1. Juli 2011. Stellt eine Partei einen Erstat­tungsantrag nach § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO, so ist der Anspruch gemäß § 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 ZPO als zur Zeit der Zahlung recht­shängig gewor­den anzuse­hen. Dies gilt unab­hängig davon, dass die Beklagte den Antrag auf Erstat­tung nicht zum Zeit­punkt der Zahlung am 1. Juli 2011, son­dern erst mit Schrift­satz vom 3. Jan­u­ar 2012 gestellt hat (§ 717 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 ZPO).

II. Der Kläger hat die Kosten der Beru­fung und der Revi­sion zu tra­gen (§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO).