Verfall des Urlaubsanspruchs: Anforderungen an die Mitteilung an Arbeitnehmer

Für viel Auf­se­hen hat eine Entschei­dung des BAG vom 19. Feb­ru­ar 2019 (9 AZR 423/16) zum Ver­fall des Urlaub­sanspruchs am Jahre­sende gesorgt. Nun liegen die Entschei­dungs­gründe vor. Sie fassen sehr konkret zusam­men, was ein Arbeit­ge­ber tun muss, damit Urlaub am Jahre­sende tat­säch­lich verfällt:

Danach muss der Arbeit­ge­ber den Arbeit­nehmer förm­lich dazu auf­fordern, seinen Urlaub zu nehmen und ihm klar und rechtzeit­ig mit­teilen, dass der Urlaub ver­fällt, wenn er ihn nicht nimmt. Wie das konkret geschehen muss, sagt das BAG zwar nicht; die Mit­tel müssen jedoch geeignet sein, den Arbeit­nehmer in die Lage zu ver­set­zen, in Ken­nt­nis aller rel­e­van­ten Umstände frei darüber zu entschei­den, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Zudem darf der Arbeit­ge­ber wed­er Anreize schaf­fen noch den Arbeit­nehmer dazu anhal­ten, seinen Urlaub nicht zu nehmen und dadurch fak­tisch auf ihn zu verzicht­en. Die Erfül­lung dieser Mitwirkung­sobliegen­heit­en hat der Arbeit­ge­ber darzule­gen und gegebe­nen­falls zu beweisen.

Der Arbeit­ge­ber kann seine Mitwirkung­sobliegen­heit­en regelmäßig zum Beispiel dadurch erfüllen, dass er dem Arbeit­nehmer zu Beginn des Kalen­der­jahres in Textform mit­teilt, wie viele Arbeit­stage Urlaub ihm im Kalen­der­jahr zuste­hen. Gle­ichzeit­ig fordert er ihn auf, seinen Jahresurlaub so rechtzeit­ig zu beantra­gen, dass er inner­halb des laufend­en Urlaub­s­jahres genom­men wer­den kann. Zudem muss er ihn über den Ver­fall am Jahre­sende belehren, wenn dieser den Urlaub nicht rechtzeit­ig beantragt. 

Abstrak­te Angaben etwa im Arbeitsver­trag, in einem Merk­blatt oder in ein­er Kollek­tivvere­in­barung genü­gen den Anforderun­gen ein­er konkreten und trans­par­enten Unter­rich­tung hinge­gen nicht. Ander­er­seits ver­langt der Zweck der vom Arbeit­ge­ber zu beach­t­en­den Mitwirkung­sobliegen­heit­en grund­sät­zlich nicht die ständi­ge Aktu­al­isierung dieser Mit­teilun­gen, etwa anlässlich jed­er Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs.

Hat der Arbeit­ge­ber den Arbeit­nehmer nicht aufge­fordert, seinen Urlaub zu nehmen, addieren sich Urlaub­sansprüche – wom­öglich auch über mehrere Jahre. Der Arbeit­ge­ber kann dieses uneingeschränk­te Kumulieren von Urlaub­sansprüchen aus mehreren Jahren nur dadurch ver­mei­den, dass er seine Mitwirkung­sobliegen­heit­en für den Urlaub aus zurück­liegen­den Urlaub­s­jahren im aktuellen Urlaub­s­jahr nachholt.

AMETHYST-Kommentar zum Verfall des Urlaubsanspruchs

Erfreulich ist, dass es nach der Recht­sprechung genügt, wenn der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­nehmer zu Beginn eines Kalen­der­jahres – oder auch noch jet­zt für 2019 – in Textform mit­teilt, wie viele Arbeit­stage Urlaub ihm im Kalen­der­jahr zuste­hen, ihn auf­fordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeit­ig zu beantra­gen, dass er inner­halb des laufend­en Urlaub­s­jahres genom­men wer­den kann, und ihn über die Kon­se­quen­zen (Ver­fall) belehrt, die ein­treten, wenn dieser den Urlaub nicht entsprechend der Auf­forderung beantragt. Das sollte rel­a­tiv leicht umset­zbar sein. Wenn die Erk­lärung dann in jedem Jahr mit Zugangsnach­weis wieder­holt wird, kann nicht mehr viel passieren – höch­stens, dass der Urlaub dann tat­säch­lich genom­men wird.