ANÜ Erlaubnisentzug wegen nicht gezahlter Umsatzsteuer rechtswidrig (SG Potsdam)
Ein weiterer Erfolg in Sachen Erlaubnisentzug vor dem Sozialgericht für Personaldienstleister: Die Bundesagentur für Arbeit hatte unserer Mandantin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zunächst versagt und begründete dies im Wesentlichen mit nicht oder nicht fristgerecht gezahlter Umsatzsteuer an das Finanzamt. Hieraus sei auf die Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers des Personaldienstleisters zu schließen, so die BA. Im Eilverfahren hob das Sozialgericht Potsdam diese Entscheidung am 18. April 2019 auf (S 18 AL 38/19, Urteil als pdf öffnen) und verpflichtete die BA, die Erlaubnis vorläufig für ein weiteres Jahr zu erteilen.
Keine Benachteiligung der Leiharbeitnehmer? – Keine gerechtfertigte Versagung!
Das Gericht begründete seinen Beschluss damit, dass die grundrechtlichen Verletzungen der Eigentums- und Berufsfreiheit (Art. 14,12 GG) durch die Versagung nicht mehr behoben werden können, wenn sich später herausstelle, dass die Klage des Personaldienstleisters Erfolg habe. Die deshalb durchzuführende Abwägung fiel daher zu seinen Gunsten aus. Ausdrücklich wies das Gericht darauf hin, dass verzögerte Steuerzahlungen ein geringeres Gewicht als Benachteiligungen der Arbeitnehmer hätten und hielt die Versagung der Erlaubnis nur deswegen für unverhältnismäßig.
AMETHYST-Kommentar
Der Beschluss, dass die Erlaubnis für ein weiteres Jahr vorläufig zu erteilen war, zeigt, dass Gerichte sich durchaus wohlwollend mit der Praxis von Personaldienstleistern auseinandersetzen. Hier konnte das Gericht nicht erkennen, dass arbeitsrechtliche Verstöße zum Nachteil der Leiharbeitnehmer durch eine etwas verzögerte Zahlung der Umsatzsteuer vorlagen.
Das Sozialgericht macht damit deutlich, dass die Versagung nicht auf beliebige Gründe gestützt werden kann, sondern auf solchen Gründen beruhen muss, die tatsächlich zu einer Benachteiligung der Leiharbeitnehmer führen. Dies ist eine wichtige Entscheidung für die Rechte von Personaldienstleistern – zumal seit der Reform des AÜG im April Prüfungen häufiger auch ohne Benachteiligung von Arbeitnehmern in der Versagung der Erlaubnis münden. Diese Praxis der Bundesagentur dürfte nun zunehmend schwieriger werden.
Allerdings sollte daraus nicht geschlossen werden, dass die Zahlung der Umsatzsteuer für Personaldienstleister keine relevante Verpflichtung sei. Denn natürlich kann die Zuverlässigkeit eines Unternehmens in Zweifel gezogen werden, wenn immer wieder Umsatzsteuer oder gar Lohnsteuern nicht oder ständig verspätet abgeführt werden. Einen Freibrief stellt die Entscheidung also keinesfalls aus. Personaldienstleister sind weiterhin gut beraten, wenn sie ihre steuerrechtlichen Verpflichtungen mit besonderer Sorgfalt erfüllen. Behebbare Verstöße genügen für den Erlaubnisentzug aber nicht.