7. Juni 2012

Unterschiedliche Kantinenpreise für Leiharbeitnehmer und Stammmitarbeiter — Betriebsrat — Mitbestimmungsrecht

Lan­desar­beits­gericht Ham­burg — 07.06.2012 — 2 TaBV 4/12 | Kein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srates im Entlei­her­be­trieb bei Kan­ti­nen­preisen für Leiharbeitnehmer.

Tenor

Die Beschw­erde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeits­gerichts Ham­burg vom 12. April 2012 – 29 BV 12/12 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten stre­it­en über die Ein­set­zung ein­er Einigungsstelle.

Die Beteiligte zu 2 (nach­fol­gend Arbeit­ge­ber genan­nt) hat bun­desweit mehrere Stan­dorte, darunter das G. L. C. (G.), dessen Betrieb­srat der Beteiligte zu 1 (nach­fol­gend Betrieb­srat genan­nt) ist und das min­destens 307 Arbeit­nehmer und min­destens 51 Lei­har­beit­nehmer beschäftigt. Bei dem Betrieb G. han­delt es sich um den Betrieb mit den mit Abstand meis­ten Lei­har­beit­nehmern im Unternehmen.

Das Unternehmen der Beteiligten zu 2 vere­in­barte mit dem bei ihm gebilde­ten Gesamt­be­trieb­srat am 8.12.2011 eine Betrieb­svere­in­barung zum Kan­tine­nessen (Anlage Ast 1, Bl. 7ff. d. A.), deren Gel­tungs­bere­ich sich auf die eige­nen Arbeit­nehmer des Arbeit­ge­bers beschränkt und die den Ein­be­halt ein­er Pauschale von den jew­eili­gen Monats­bezü­gen für die Nutzung der Kan­tine vor­sieht. Die Monatspauschale beträgt 41,70 €.

§ 3 der Betrieb­svere­in­barung lautet unter der Über­schrift „Einzelne Essens­marken“ wie folgt:

„Mitar­beit­er, die auf­grund ihrer Tätigkeit nicht die Möglichkeit haben am regelmäßi­gen Kan­tine­nessen teilzunehmen, kön­nen einzelne Essens­marken für € 2,80 erwerben.

Mitar­beit­er, die sich abgemeldet haben, aber doch gele­gentlich essen möcht­en, müssen den Preis entricht­en, den die GFG im jew­eili­gen Kasi­no berech­net. Dieser Preis gilt auch für Mitar­beit­er in pas­siv­er Alter­steilzeit und Pensionäre.“

Lei­har­beit­nehmer zahlen in der Kan­tine des G. L. C. eine Monatspauschale in Höhe von 100,00 € und für eine einzelne Essens­marke 7,00 €.

Die Kan­ti­nen an den Stan­dorten des Arbeit­ge­bers wer­den von ein­er Schwest­erge­sellschaft des Arbeit­ge­bers geführt. Abhängig von der jew­eili­gen Größe gibt es unter­schiedliche Bezuschus­sungser­fordernisse für den Arbeitgeber.

Der Betrieb­srat hat vor­ge­tra­gen, er habe wegen der gemäß § 13 b AÜG erforder­lichen Gle­ich­be­hand­lung der Lei­har­beit­nehmer ein Mitbes­tim­mungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG im Hin­blick auf die Ein­beziehung von Lei­har­beit­nehmern in die Kan­tine. Von § 13 b AÜG könne auch in ein­er (Gesamt-?)Betriebsvereinbarung nicht abgewichen wer­den. Durch die (Gesamt-?)Betriebsvereinbarung sei das Mitbes­tim­mungsrecht auch nicht ver­braucht, da dieses nur auf die Stamm­belegschaft bezo­gen gewe­sen sei. Im Übri­gen sei der Gesamt­be­trieb­srat nicht regelungszuständig.

Der Betrieb­srat hat beantragt,

1. als unpartei­is­chen Vor­sitzen­den ein­er Eini­gungsstelle bei den Beteiligten betr­e­f­fend die Ein­beziehung von Lei­har­beit­nehmern in die Gemein­schaft­sein­rich­tung Kan­tine, ins­beson­dere im Hin­blick auf die Fest­set­zung der Preise für Lei­har­beit­nehmer, Her­rn Dr. J. W. zu bestimmen,

2. die Zahl der Beisitzer pro Betrieb­spartei auf drei festzusetzen.

Der Arbeit­ge­ber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Arbeit­ge­ber hat vor­ge­tra­gen, die Eini­gungsstelle sei offen­sichtlich unzuständig. § 13 b AÜG gewähre keinen Regelungsspiel­raum. Geldleis­tun­gen wie Essen­szuschüsse wür­den von dieser Norm gar nicht erfasst. § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG erfasse Lei­har­beit­nehmer nicht. Jeden­falls sei ein etwaiges Mitbes­tim­mungsrecht durch den Abschluss der (Gesamt-?)Betriebsvereinbarung zum Kan­tine­nessen ver­braucht, weil der Arbeit­ge­ber und der Gesamt­be­trieb­srat Lei­har­beit­nehmer bewusst nicht ein­be­zo­gen hät­ten. Wegen der über­be­trieblichen Organ­i­sa­tion der Kan­ti­nen beste­he im Übri­gen jeden­falls keine Zuständigkeit des örtlichen Betrieb­srats im G.. L. C..

Das Arbeits­gericht hat mit Beschluss vom 12.4.2012 — 29 BV 12/12 – Bl. 23ff. d. A. – den Antrag des Betrieb­srates zu 1 als unzuläs­sig ange­se­hen, die übri­gen Anträge als zuläs­sig und begrün­det beurteilt. Die Eini­gungsstelle sei nicht offen­sichtlich unzuständig. Denn es sei nicht von vorn­here­in aus­geschlossen, dass die Fest­set­zung der Kan­ti­nen­preise für Lei­har­beit­nehmer der Mitbes­tim­mung des Betrieb­srats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG unter­liege. Gemäß § 13 b AÜG habe der Arbeit­ge­ber den Lei­har­beit­nehmern Zugang zu den Gemein­schaft­sein­rich­tun­gen im Entlei­her­be­trieb unter den gle­ichen Bedin­gun­gen zu gewähren wie ver­gle­ich­baren Arbeit­nehmern, es sei denn, eine sach­liche Unter­schei­dung sei gerecht­fer­tigt. Diese Norm lasse den Betrieb­sparteien hin­re­ichend Regelungsspiel­raum. Es gehe auch nicht um Essen­szuschüsse, son­dern um die Fest­set­zung der Kan­ti­nen­preise für die Lei­har­beit­nehmer. Ein Mitbes­tim­mungsrecht in rechtlich selb­st­ständi­gen Sozialein­rich­tun­gen sei grund­sät­zlich gegeben. Dieses sei auch nicht ver­braucht durch die abgeschlossene Gesamt­be­trieb­svere­in­barung. Auch die über­be­triebliche Organ­i­sa­tion der Kan­ti­nen ste­he nicht ent­ge­gen, da der örtliche Betrieb­srat Regelungskom­pe­tenz habe, da unter­schiedliche Bezuschus­sungser­fordernisse gegeben seien. Gegen den vom Betrieb­srat vorgeschla­ge­nen Vor­sitzen­den der Eini­gungsstelle, Her­rn Dr. J. W., bestün­den eben­so wenig Bedenken wie gegen die Zahl von drei Beisitzern pro Seite.

Gegen den der Beteiligten zu 2 am 17.4.2012 (Bl. 33 d. A.) zugestell­ten Beschluss des Arbeits­gerichts hat diese mit Schrift­satz vom 30.4.2012, bei Gericht am gle­ichen Tage einge­gan­gen (Bl. 34 d. A.), Beschw­erde ein­gelegt und diese zugle­ich begründet.

Die Beteiligte zu 2 rügt mit ihrer Beschw­erde, dass das Arbeits­gericht verkan­nt habe, dass die Eini­gungsstelle im Stre­it­fall offen­sichtlich unzuständig sei. Denn § 13 b AÜG habe keinen Bezug zu Ent­loh­nungs­fra­gen. Dies ergebe sich auch aus der Geset­zes­be­grün­dung. Essen­szuschüsse fie­len nicht unter § 13 b AÜG. Ent­geltleis­tun­gen seien nur in § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG und § 10 Abs. 4 AÜG geregelt. Ein arbeit­sent­gelt­be­zo­genes Mitbes­tim­mungsrecht liege auss­chließlich beim Betrieb­srat des Ver­lei­herun­ternehmens. Es gebe auch keine Vertre­tungslücke, vielmehr beste­he die Gefahr von Dop­pelansprüchen. Die Beteiligte zu 2 ver­weist auf die Grund­sätze in § 14 AÜG. Zwar sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG die Fest­set­zung von Kan­ti­nen­preisen mitbes­tim­mungspflichtig, der Dotierungsrah­men werde aber vom Arbeit­ge­ber ein­seit­ig vorgegeben. Zudem sei ein etwaiges Mitbes­tim­mungsrecht durch die abgeschlossene Gesamt­be­trieb­svere­in­barung ver­braucht. Die Dotierung und die Essen­squal­ität lägen damit fest. Die Höhe etwaiger Zuschüsse für Lei­har­beit­nehmer sei nicht mitbes­tim­mungspflichtig. Mit der Gesamt­be­trieb­svere­in­barung hät­ten die Betrieb­sparteien eine abschließende Entschei­dung über die Nichtein­beziehung der Lei­har­beit­nehmer getrof­fen. Die Gesamt­be­trieb­svere­in­barung regele ja auch die Kan­ti­nen­preise im Einzel­nen. Zudem stell­ten sich eine Rei­he von lohn­s­teuer- und sozialver­sicherungsrechtlichen Fra­gen bei Zuwen­dun­gen an Lei­har­beit­nehmer durch die Beteiligte zu 2. Die Zuständigkeit des Gesamt­be­trieb­srats sei gegeben, da die Schwest­erge­sellschaft der Beteiligten zu 2 in allen Betrieben Kan­ti­nen mit den gle­ichen End­preisen betreibe, und zwar ins­beson­dere wegen der regen Reisetätigkeit von Arbeit­nehmern zwis­chen den ver­schiede­nen Betrieben. Der Arbeit­ge­ber bes­timme bei frei­willi­gen Leis­tun­gen allein über die Zuständigkeit des betrieb­sver­fas­sungsrechtlichen Organs.

Die Beteiligte zu 2 beantragt,

den erstin­stan­zlichen Beschluss abzuän­dern und die Anträge des Beteiligten zu 1 in vollem Umfang abzuweisen.

Der Beteiligte zu 1 beantragt,

die Beschw­erde zurückzuweisen.

Der Betrieb­srat vertei­digt die Entschei­dung des Arbeits­gerichts. Die von der Beteiligten zu 2 in Bezug genommene Gesamt­be­trieb­svere­in­barung zum Kan­tine­nessen vom 8.12.2011 regele ger­ade nicht die neue Recht­slage, die durch die am 1.12.2011 in Kraft getrete­nen Änderun­gen zum AÜG ent­standen sei.

Wegen der weit­eren Einzel­heit­en des Vor­brin­gens der Beteiligten wird auf die ein­gere­icht­en Schrift­sätze neb­st Anla­gen und auf die zu Pro­tokoll gegebe­nen Erk­lärun­gen verwiesen.

II.

Die zuläs­sige Beschw­erde der Beteiligten zu 2 ist unbe­grün­det. Durch den Beschluss des Arbeits­gerichts vom 12.4.2012 ist den Anträ­gen des Betrieb­srates, soweit sie zuläs­sig waren, zu Recht stattgegeben wor­den. Denn die Eini­gungsstelle ist vor­liegend nicht offen­sichtlich unzuständig im Sinne des § 98 Abs. 1 ArbGG.

A.

Die von der Beteiligten zu 2 form- und frist­gerecht ein­gelegte Beschw­erde ist zuläs­sig (§ 98 Abs. 2 i. V. m. § 87 Abs. 2 ArbGG).

Die Beschw­erde vom 30.4.2012 ist ins­beson­dere rechtzeit­ig inner­halb der Zwei-?Wochen-?Frist des § 98 Abs. 2 S. 2 ArbGG ein­gelegt und begrün­det wor­den und entspricht auch im Übri­gen den Zulässigkeitsvoraussetzungen.

B.

Die Beschw­erde der Beteiligten zu 2 ist jedoch unbe­grün­det. Denn die vom Betrieb­srat begehrte Eini­gungsstelle betr­e­f­fend die Fest­set­zung der Preise für Lei­har­beit­nehmer in der Gemein­schaft­sein­rich­tung Kan­tine ist nicht offen­sichtlich unzuständig i. S. des § 98 Abs. 1 ArbGG.

1. Der zweitin­stan­zlich noch zur Entschei­dung anste­hende Antrag des Beteiligten zu 1 auf Ein­set­zung ein­er Eini­gungsstelle ist zuläs­sig und begründet.

a) Anträge ein­er Betrieb­spartei auf Bestel­lung eines Eini­gungsstel­len­vor­sitzen­den und auf Fest­set­zung der Zahl der Beisitzer kön­nen gemäß § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG wegen fehlen­der Zuständigkeit der Eini­gungsstelle nur dann zurück­gewiesen wer­den, wenn die Eini­gungsstelle offen­sichtlich unzuständig ist. Offen­sichtlich unzuständig im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG ist die Eini­gungsstelle dann, wenn bei fachkundi­ger Beurteilung durch das Gericht sofort und ohne weit­eres erkennbar ist, dass ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srats in der fraglichen Angele­gen­heit unter keinem rechtlichen Gesicht­spunkt infrage kommt und sich die beizule­gende Stre­it­igkeit zwis­chen Arbeit­ge­ber und Betrieb­srat erkennbar nicht unter einen mitbes­tim­mungspflichti­gen Tatbe­stand des Betrieb­sver­fas­sungs­ge­set­zes sub­sum­ieren lässt (s. statt viel­er: LAG Schleswig-?Holstein vom 19.12.2006, 6 TaBV 14/06; LAG Hamm vom 11.2.2008, 10 TaBV 111/07; LAG Hes­sen vom 20.5.2008, 4 TaBV 97/08; Erfurter Kom­men­tar zum Arbeit­srecht (-?Koch), 11. Aufl., § 98 ArbGG, Rn. 3 m.w.N.; Schwab/Weth, ArbGG, 3. Aufl., § 98 Rn. 2 m.w.N.).

Das Arbeits­gericht hat zu Recht erkan­nt, dass die Fest­stel­lung der offen­sichtlichen Unzuständigkeit der Eini­gungsstelle vor­liegend nicht getrof­fen wer­den kann. Die Eini­gungsstelle wird daher über ihre Zuständigkeit in eigen­er Kom­pe­tenz selb­st zu entschei­den haben.

b) Das Arbeits­gericht hat zu Recht aus­ge­führt, dass im Stre­it­fall nicht von vorn­here­in aus­geschlossen wer­den kann, dass der Regelungs­ge­gen­stand „Fest­set­zung der Kan­ti­nen­preise für Lei­har­beit­nehmer“ der erzwing­baren Mitbes­tim­mung im Entlei­her­be­trieb gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG unterliegt.

aa) Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG hat der Betrieb­srat mitzubes­tim­men bei der Form, Aus­gestal­tung und Ver­wal­tung von Sozialein­rich­tun­gen, deren Wirkungs­bere­ich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konz­ern beschränkt ist.

Eine Kan­tine ist eine Sozialein­rich­tung i. S. des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG und die Fest­set­zung von Kan­ti­nen­preisen ist eine Frage der Aus­gestal­tung dieser Sozialein­rich­tung und deshalb mitbes­tim­mungspflichtig (BAG vom 11.7.2000 — 1 AZR 551/99; Fit­ting, BetrVG, 26. Aufl., § 87 Rn. 364 m.w.N.; Richar­di, BetrVG, 13. Aufl., § 87 Rn. 640). Im Rah­men der erzwing­baren Mitbes­tim­mung bei der Aus­gestal­tung von Sozialein­rich­tun­gen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG hat der Betrieb­srat auch ein Ini­tia­tivrecht. Allerd­ings kann der Betrieb­srat nicht erzwin­gen, dass der Arbeit­ge­ber höhere Zuschüsse für die Kan­tine als bish­er leis­tet. Denn die für die Kan­tine aufzuwen­den­den Mit­tel bes­timmt der Arbeit­ge­ber mitbes­tim­mungs­frei (ständi­ge Recht­sprechung des BAG zum sog. Dotierungsrah­men, s. BAG vom 11.7.2000, aaO; BAG vom 12.6.1975, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Altersver­sorgung; BAG vom 26.4.1988, AP Nr. 16 zu § 87 BetrVG 1972 Altersver­sorgung). Inner­halb der Zweckbes­tim­mung der Sozialein­rich­tung kann der Arbeit­ge­ber auch den begün­stigten Per­so­n­enkreis abstrakt fes­tle­gen (BAG vom 26.4.1988, aaO). Allerd­ings hat er auf­grund des § 13 b AÜG seit dessen Inkraft­treten am 1.12.2011 nicht mehr die rechtliche Möglichkeit Lei­har­beit­nehmer vom Zugang zu Gemein­schaft­sein­rich­tun­gen wie Kan­ti­nen auszuschließen, soweit nicht eine Ungle­ich­be­hand­lung mit den Arbeit­nehmern des Entlei­her­be­triebs sach­lich gerecht­fer­tigt ist (s. auch Fit­ting, aaO, § 87 Rn. 353). Let­zteres dürfte jedoch nur in Aus­nah­me­fällen zu beja­hen sein, da die geset­zliche Neuregelung ja ger­ade auf die Gle­ich­stel­lung der Lei­har­beit­nehmer mit den Stammbeschäftigten aus­gerichtet ist (s. auch Lem­bke, DB 2011, S. 414, 418).

bb) Nach § 13 b AÜG hat der Entlei­her dem Lei­har­beit­nehmer Zugang zu den Gemein­schaft­sein­rich­tun­gen oder ‑dien­sten im Unternehmen unter den gle­ichen Bedin­gun­gen zu gewähren wie ver­gle­ich­baren Arbeit­nehmern in dem Betrieb, in dem der Lei­har­beit­nehmer seine Arbeit­sleis­tung erbringt. Dass zu den Gemein­schaft­sein­rich­tun­gen im Sinne dieser Vorschrift auch Kan­ti­nen zählen, ergibt sich bere­its aus der aus­drück­lichen Erwäh­nung der “Gemein­schaftsverpfle­gung” in § 13 b S. 2 AÜG. Von daher fol­gt bere­its unmit­tel­bar aus dem Geset­zes­text, dass eine Nichtöff­nung der Kan­tine für Lei­har­beit­nehmer geset­zwidrig wäre. Darum geht es vor­liegend jedoch nicht, da diesen unstre­it­ig der Zugang zur Kan­tine im Betrieb des G. vom Arbeit­ge­ber gewährt wird.

Die Vorschrift des § 13 b AÜG geht jedoch deut­lich über die bloße Zugangsver­schaf­fung hin­aus, indem sie den Lei­har­beit­nehmern Zugang unter den gle­ichen Bedin­gun­gen gewährt wie ver­gle­ich­baren Arbeit­nehmern in dem Betrieb, indem der Lei­har­beit­nehmer seine Arbeit­sleis­tung erbringt. Damit flankiert sie den all­ge­meinen Gle­ich­stel­lungs­grund­satz in Bezug auf Lei­har­beit­nehmer („equal pay/-?treatment“). Daraus ergibt sich aber auch, dass eine unter­schiedliche Kan­ti­nen­preis­gestal­tung hin­sichtlich von Stammbeschäftigten und Lei­har­beit­nehmern geset­zwidrig ist (so auch: Kock, DB 2012, S. 323, 325; Grüneberg, AiB 2012, S. 176, 177; Ulber, AiB 2012, S. 7, 11; insoweit wohl auch: Vielmeier, NZA 2012, S. 535, 538). Denn Gründe für eine unter­schiedliche Behand­lung aus Sach­grün­den sind nicht ersichtlich.

Ander­er­seits fol­gt daraus nicht, dass das Entlei­herun­ternehmen etwa verpflichtet wäre, Essen­szuschüsse, die es unmit­tel­bar an seine Stam­mar­beit­nehmer auszahlt, nun­mehr auch den Lei­har­beit­nehmern zu gewähren (so auch Fit­ting, aaO, § 87 Rn. 353; Forst, AuR 2012, S. 97, 100; Kock, aaO, S. 325; Lem­bke, NZA 2011, S. 319ff.; Lem­bke, DB 2011, S. 414, 418). Denn insoweit weist die Beteiligte zu 2 zu Recht darauf hin, dass durch § 13 b AÜG keine ent­gelt­be­zo­gene Verbindung zwis­chen Entlei­herun­ternehmen und Lei­har­beit­nehmer begrün­det wird. Eine solche würde auch zahlre­iche lohn­s­teuer- und sozialver­sicherungsrechtliche Prob­leme aufw­er­fen, die mit dem Grund­satz, dass Lei­har­beit­nehmer auch während der Zeit ihrer Arbeit­sleis­tung bei einem Entlei­her Ange­hörige des entsenden­den Betriebes des Ver­lei­hers bleiben (§ 14 Abs. 1 AÜG) nicht in Ein­klang zu brin­gen wären (s. dazu Kock, aaO, S. 326).

Während also ein­er­seits durch § 13 b AÜG aus­geschlossen ist, dass Lei­har­beit­nehmer bei gle­ichem Zugang zu Kan­tinenein­rich­tun­gen im Entlei­her­be­trieb höhere Kan­ti­nen­preise zahlen müssen als ver­gle­ich­bare Stammbeschäftigte im Entlei­her­be­trieb, zwingt die Vorschrift ander­er­seits den Arbeit­ge­ber im Entlei­her­be­trieb nicht dazu, den Dotierungsrah­men für die Kan­tine zu erhöhen. Vielmehr kann es dabei zu ein­er Neubes­tim­mung der Verteilungs­grund­sätze kom­men. Wenn der Arbeit­ge­ber den Dotierungsrah­men zur Ermöglichung gle­ich­er Kan­ti­nen­preise für die Lei­har­beit­nehmer nicht erhöht, kann dies auch eine Erhöhung der Kan­ti­nen­preise für die Stammbeschäftigten zur Folge haben. Denkbar ist aber ander­er­seits auch, dass der Arbeit­ge­ber die zusät­zlichen Kosten für die vergün­stigten Kan­ti­nen­preise für Lei­har­beit­nehmer bei seinen Ver­tragsver­hand­lun­gen mit dem Ver­lei­hunternehmen als Abzugsposten berück­sichtigt. Klar ist aber, dass unter­schiedliche Kan­ti­nen­preise für Stammbeschäftigte und Lei­har­beit­nehmer nach Inkraft­treten des § 13 b AÜG nicht mehr geset­zeskon­form sind.

cc) Im Gegen­satz zur Auf­fas­sung der Beteiligten zu 2 ist hin­sichtlich der Fes­tle­gung der Kan­ti­nen­preise für die Lei­har­beit­nehmer ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srats im Entlei­her­be­trieb nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG nicht ausgeschlossen.

Das Arbeits­gericht hat zutr­e­f­fend aus­ge­führt, dass das dies­bezügliche Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srats im Entlei­her­be­trieb sich auch auf Lei­har­beit­nehmer beziehen kann. Die Ein­beziehung von Lei­har­beit­nehmern ist erforder­lich, wenn der Gegen­stand des Mitbes­tim­mungsrechts und das dem Entlei­her zuste­hende Weisungsrecht eine betrieb­sver­fas­sungsrechtliche Zuord­nung der Lei­har­beit­nehmer auch zum Entlei­her­be­trieb erforder­lich machen, weil son­st diese Arbeit­nehmer ohne kollek­tiv­en Schutz durch eine Inter­essen­vertre­tung der Arbeit­nehmer bleiben (Fit­ting, a.a.O., § 87 Rn. 11 m.w.N.; ErfK (-?Kania), aaO, § 87 Rn. 5; weit­erge­hend DKK (-?Klebe), BetrVG, 13. Aufl., § 87 Rn. 9ff.). Auch die Regelung des § 7 S. 2 BetrVG, wonach Lei­har­beit­nehmern, die länger als 3 Monate im Entlei­her­be­trieb beschäftigt sind, ein Wahlrecht zum dor­ti­gen Betrieb­srat eingeräumt wird, spricht dafür, dass der Betrieb­srat im Entlei­her­be­trieb zumin­d­est par­tiell Mitbes­tim­mungsrechte für Lei­har­beit­nehmer ausüben kann. Das Bun­de­sar­beits­gericht hat so z.B. eine Erstreck­ung des Mitbes­tim­mungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG auf Lei­har­beit­nehmer bejaht (BAG vom 15.12.1992, AP Nr. 7 zu § 14 AÜG). Nichts anderes wird man aber für den Bere­ich des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG annehmen müssen, wenn die Sozialein­rich­tung auch auf Externe erstreckt und z.B. für Lei­har­beit­nehmer geöffnet wird (so aus­drück­lich: DKK (-?Klebe), aaO, § 87 Rn. 11). Ger­ade hier ist der Koor­dinierungs­be­darf zwis­chen Stamm­belegschaft und Lei­har­beit­nehmern offen­sichtlich, der eine ein­heitliche Ausübung der Mitbes­tim­mungsrechte durch den Betrieb­srat des Entlei­her­be­triebes gebi­etet. Es ver­hält sich hier ganz ähn­lich wie etwa beim betrieblichen Arbeits- und Gesund­heitss­chutz, der im Entlei­her­be­trieb auch nur ein­heitlich für Stammbeschäftigte und Lei­har­beit­nehmer geregelt wer­den kann.

Ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srates im Entlei­her­be­trieb schei­det auch nicht von vorn­here­in deshalb aus, weil § 13 b AÜG dem Arbeit­ge­ber keinen Regelungsspiel­raum lasse, wie die Beteiligte zu 2 meint. Denn schon die Aus­nah­meregelung, dass eine unter­schiedliche Behand­lung von Lei­har­beit­nehmern und Stammbeschäftigten ggf. sach­lich gerecht­fer­tigt sein kann, verdeut­licht, dass es sich nicht um eine abschließende Regelung handelt.

dd) Ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srates schei­det auch nicht von vorn­here­in deshalb aus, weil die Kan­tine nicht von dem Arbeit­ge­ber selb­st betrieben wird, son­dern von ein­er Schwest­erge­sellschaft. Auch in rechtlich selb­st­ständi­gen Sozialein­rich­tun­gen kommt die Ausübung von Mitbes­tim­mungsrecht­en grund­sät­zlich in Betra­cht (ErfK (-?Kania), aaO, § 87 Rn. 76ff.; Fit­ting, aaO, § 87 Rn. 358; Hess/Schlochauer/Worzalla u.a., BetrVG, 8. Aufl., § 87 Rn. 494 ff. m.w.N.).

ee) Dass Arbeits­gericht hat auch zu Recht entsch­ieden, dass ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srates nicht deshalb von vorn­here­in auss­chei­det, weil es durch den Abschluss der (Gesamt-?)Betriebsvereinbarung zum Kan­tine­nessen vom 8.12.2011 ver­braucht sei.

Zwar liegt das Datum des Abschlusses der Gesamt­be­trieb­svere­in­barung ein paar Tage nach Inkraft­treten des § 13 b AÜG, doch kann nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Betrieb­sparteien sich zu diesem Zeit­punkt über die neue Vorschrift und ihre Auswirkun­gen bere­its im klaren gewe­sen sind, zumal die juris­tis­che Diskus­sion in den Fachzeitschriften im Wesentlichen erst in der Fol­gezeit geführt wor­den ist. Soweit die Beteiligte zu 2 aus­führt, die Betrieb­sparteien hät­ten die Lei­har­beit­nehmer bewusst nicht ein­beziehen wollen, wäre eine solche Nichtein­beziehung in Anbe­tra­cht von § 13 b AÜG geset­zeswidrig und insoweit wäre eine entsprechende Regelung gemäß § 9 Zif­fer 2 a AÜG unwirk­sam. Denn danach sind Vere­in­barun­gen, die den Zugang des Lei­har­beit­nehmers zu den Gemein­schaft­sein­rich­tun­gen im Unternehmen des Entlei­hers ent­ge­gen § 13 b AÜG beschränken, unwirk­sam. Dabei beste­ht Einigkeit, dass unter “Vere­in­barun­gen“ auch kollek­tive Verträge wie Betrieb­svere­in­barun­gen zu fassen sind (Lem­bke, DB 2011, S. 414, 418; Forst, aaO, S. 97, 101; Ulber, aaO, S. 7, 11). Abwe­ichun­gen von den Grund­sätzen des § 13 b AÜG sind den Betrieb­sparteien ver­wehrt und liegen auch nicht im Ermessen­spiel­raum ein­er Eini­gungsstelle. Ergäbe sich aus der Gesamt­be­trieb­svere­in­barung, dass Lei­har­beit­nehmer 7,00 € und Stam­mar­beit­nehmer 2,80 € für das Kan­tine­nessen zu zahlen hät­ten, wäre eine entsprechende Regelung recht­sun­wirk­sam. Wenn man jedoch davon aus­ge­ht, dass die Betrieb­sparteien sich bei Abschluss der Betrieb­svere­in­barung vom 8.12.2011 keine weit­eren Gedanken über die Ein­beziehung von Lei­har­beit­nehmern gemacht haben, bestünde insoweit eine Regelungslücke.

ff) Das Arbeits­gericht hat auch zutr­e­f­fend erkan­nt, dass ein Mitbes­tim­mungsrecht des Betrieb­srates nicht von vorn­here­in wegen der über­be­trieblichen Organ­i­sa­tion der Kan­ti­nen im Unternehmen der Beteiligten zu 2 ausscheidet.

Gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG ist der Gesamt­be­trieb­srat zuständig für die Behand­lung von Angele­gen­heit­en, die das Gesam­tun­ternehmen oder mehrere Betriebe betr­e­f­fen und nicht durch die einzel­nen Betrieb­sräte inner­halb ihrer Betriebe geregelt wer­den können.

Es ist jedoch nicht von vorn­here­in aus­geschlossen, dass die Fest­set­zung der Kan­ti­nen­preise für Lei­har­beit­nehmer durch die Betrieb­sparteien des Ham­burg­er Betriebes G. geregelt wer­den kön­nen. Der Arbeit­ge­ber trägt selb­st vor, dass abhängig von der tat­säch­lichen Größe der jew­eili­gen Kan­ti­nen unter­schiedliche Bezuschus­sungser­fordernisse beste­hen. Zudem spricht § 3 Abs. 2 S. 1 der Betrieb­svere­in­barung zum Kan­tine­nessen selb­st von Preisen, die „im jew­eili­gen Kasi­no“ berech­net wer­den. Hinzukommt, dass zwis­chen den Betrieb­sparteien unstre­it­ig ist, dass die Regelung der Ein­beziehung von Lei­har­beit­nehmern im Wesentlichen ein Prob­lem des Betriebes G. ist, denn nur dieser Betrieb beschäftigt im Unternehmen der Beteiligten zu 2 in ganz erhe­blichem Umfang Lei­har­beit­nehmer. So sind dort bei min­destens 307 Stam­mar­beit­nehmern min­destens 51 Lei­har­beit­nehmer tätig. Von daher beste­ht ger­ade im Betrieb G. ein Bedürf­nis für die Regelung der Kan­ti­nen­preise für Lei­har­beit­nehmer, so dass die Wahrnehmung der Mitbes­tim­mungsrechte auch durch den örtlichen Betrieb­srat erfol­gen kann.

c) Gegen den vom Arbeits­gericht als Vor­sitzen­der der Eini­gungsstelle einge­set­zten Her­rn Dr. J. W. hat der Arbeit­ge­ber selb­st keine Bedenken vorge­bracht. Solche Bedenken sind auch son­st nicht ersichtlich. Herr Dr. W. ist als erfahren­er Richter, ehe­ma­liger Bun­de­sar­beit­srichter und langjähriger Vor­sitzen­der zahlre­ich­er Eini­gungsstellen in der Lage, das Amt des Vor­sitzen­den auch in der vor­liegend einge­set­zten Eini­gungsstelle unpartei­isch und mit der erforder­lichen Rechts- und Sachkunde auszuüben.

Auch gegen die vom Arbeits­gericht fest­ge­set­zte Zahl der von jed­er Seite für die Eini­gungsstelle zu benen­nen­den Beisitzer hat der Arbeit­ge­ber keine Bedenken vorge­bracht. Solche Bedenken sind auch son­st nicht ersichtlich.

III.

Ein Rechtsmit­tel gegen diesen Beschluss ist kraft Geset­zes aus­geschlossen (§ 98 Abs. 2 S. 4 BetrVG).