29. April 2014

SG BERLIN: Freelancer ist trotz Tätigkeiten in den Räumen seines Auftraggebers selbstständig

 

Wer vor­rangig aus Daten­schutz­grün­den in Räu­men und auf Betrieb­smit­teln des Auf­tragge­bers Dat­en ver­ar­beit­et, ist nicht scheinselbstständig 

Das Sozial­gericht Berlin hat bei ein­er Prax­is­man­agerin, welche als Selb­st­ständi­ge für eine Zah­narzt­prax­is die Abrech­nun­gen erstellt hat, fest­gestellt, dass kein Beschäf­ti­gungsver­hält­nis i.S.d. § 7 SGB IV („Schein­selb­st­ständigkeit“) vor­liegt. Dieses Urteil hat Recht­san­walt Chris­t­ian Bodler von der Kan­zlei AMETHYST Recht­san­wälte vor dem Sozial­gericht Berlin (AZ: S 81 KR 1278/12) am 20.03.2014 gemein­sam mit Recht­san­walt Man­fred Albl (RAe/StB mer­leal­bl­gayd­off) erstritten.

Das Urteil ist bemerkenswert, da das SG Berlin die vere­in­barte Selb­st­ständigkeit („Free­lanc­ing“) bestätigt hat, obwohl die Tätigkeit voll­ständig in den Prax­is­räu­men — also dem Betrieb – des Auf­tragge­bers erbracht wurde und die Prax­is­man­agerin die Abrech­nun­gen auf den Rech­n­ern des Arbeit­ge­bers erstellte. Es lagen also auf den ersten Blick die Indizien für eine Schein­selb­st­ständigkeit vor: eine voll­ständi­ge Eingliederung in den Betrieb und die Free­lancerin ver­wen­dete auch keine eige­nen Betrieb­smit­tel. Trotz dieser regelmäßig zu ein­er Beschäf­ti­gung i.S.d. § 7 SGB IV führen­den Aus­gangslage hat das Gericht die Fest­stel­lung des Beschäf­ti­gungsver­hält­nis – also die „Schein­selb­st­ständigkeit“ — u.a. aus (Sozial-)Datenschutzgründen aufge­hoben. Überzeu­gend führt das Gericht aus:

„…Für eine abhängige Beschäf­ti­gung spricht zwar, dass … die Beige­ladene zu 1) auss­chließlich in den Räu­men der Klägerin und auf deren Betrieb­smit­tel tätig und damit in gewiss­er Weise in den Betrieb der Klägerin eingegliedert war. Jedoch spricht die Kam­mer diesem Umstand kein bedeu­ten­des Gewicht bei, da die Arbeit in der Zah­narzt­prax­is äußeren Zwän­gen fol­gte. Die Klägerin ist verpflichtet, in beson­der­er Weise die Patien­ten­dat­en zu schützen und kann nur in sehr begren­zten Umfang nach Ein­willi­gung der Ver­sicherten Leis­tungs­de­tails an pri­vate Dien­stleis­tung­sun­ternehmen versenden“.

Die daten­schutzrechtliche Begrün­dung des Urteils ist auf dur­chaus auf Branchen außer­halb des Gesund­heitssys­tems über­trag­bar, in denen mit sen­si­blen Kun­den­dat­en gear­beit­et wird. Hier ist ins­beson­dere an den IT-Bere­ich zu denken, in dem oft­mals Fremd­per­son­al per­so­n­en­be­zo­gene Dat­en der Kun­den erhebt. Gegen­teilige Entschei­dun­gen aus der Ver­gan­gen­heit wer­den kri­tisch zu über­prüfen sein.