„Schlussstrich“ durch das BAG – Gesamtschutz durch Tarifverträge auch bei Kurzeinsätzen gewahrt
Über Schlussstriche und deren Bedeutung werden politisch bekanntlich hitzige Debatten geführt. Damit möchten wir uns an dieser Stelle nicht beschäftigen, können aber hier über einen wirklichen Schlussstrich berichten.
Das BAG hatte bereits am 31. Mai 2023 entschieden, dass das deutsche Tarifsystem den Anforderungen des Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeits-RL) entspreche – 5 AZR 143/19. Nun liegt endlich die Begründung des Urteils vor und bestätigt den Inhalt der Pressemeldung: Die Kombination aus der Geltung des Equal-Treatment-Grundsatzes mit Abweichungsmöglichkeiten durch Tarifverträge der Arbeitnehmerüberlassung und einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Nichteinsatzzeiten erfülle die Anforderungen des nach der Richtlinie postulierten Gesamtschutzes in allen Belangen.
Kommentar
Dem ist nichts hinzuzufügen – sollte man meinen. Mehrere Jahre Unruhe in der Branche haben sich erledigt. Das ist gut und uneingeschränkt zu begrüßen!
Und es wird noch besser. Wer die Entscheidung genau liest, staunt über die Ausführung in Rn. 26 (Hervorhebungen im Text erfolgten durch uns):
cc) Soweit der Gerichtshof in diesem Zusammenhang vermutet, Leiharbeitnehmer mit einem befristeten Vertrag würden „wohl eher selten in der Zeit zwischen den Überlassungen bezahlt werden“ (EuGH 15. Dezember 2022 – C‑311/21 …), geht das an der in Deutschland geltenden Rechtslage weitgehend vorbei und bezieht sich wohl auf den hier eher unüblichen Fall, dass Leiharbeitnehmer nur für den Verleih an einen bestimmten Entleiher und befristet auf die Zeit dieses Einsatzes vom Verleiher eingestellt werden (…). Aber selbst in diesen Fällen kann es nach deutscher Rechtslage zu verleihfreien Zeiten kommen, etwa wenn der Einsatz bei dem Entleiher plötzlich und unerwartet auf dessen Veranlassung endet. In einer solchen Situation kann der Verleiher das Leiharbeitsverhältnis … nicht mit sofortiger Wirkung beenden.
Damit hat das BAG die in der Literatur aufgeworfene Frage, ob der Gesamtschutz auch bei Arbeitsverhältnissen von nur kurzer Dauer oder deren Beschränkung auf den Einsatz bei nur einem Kunden gewährt sei, gleich mit „Ja“ beantwortet. Das ist deshalb wichtig, weil die Bundesagentur für Arbeit solche Beschränkungen oftmals sehr kritisch sieht.
Somit besteht doppelter Grund zur Freude in der Branche!
JH