24. Mai 2013

Neues Recht der Zwangsvollstreckung

Was tun, wenn der Kunde nicht zahlt? Die Mod­ernisierung des Zwangsvoll­streck­ungsrechts ist auch ein wichtiges The­ma für Personaldienstleister

Dieses Prob­lem ken­nen sich­er viele: Der Kunde zahlt nicht und auch wenn Prozesse geführt und gewon­nen wer­den, bleibt das Geld trotz­dem aus, denn der Schuld­ner ist pleite oder ver­schwun­den. Um genau solche Missstände ange­hen zu kön­nen, wurde Anfang 2013 das Zwangsvoll­streck­ungsrecht umfassend reformiert – und das zum ersten Mal nach mehr als 130 Jahren! Die Mod­ernisierung stärkt nun die Posi­tion der Gläu­biger und passt das
Zwangsvoll­streck­ungsrecht den heuti­gen wirtschaftlichen und sozialen Ver­hält­nis­sen an. Als wesentliche Eck­punk­te sind das zen­tral­isierte Ver­fahren sowie die Ein­führung neuer Hil­f­s­mit­tel der Zwangsvoll­streck­ung zu nen­nen – etwa die Möglichkeit des Gerichtsvol­lziehers, sofort Dat­en über Bankverbindun­gen, Kraft­fahrzeuge oder Arbeit­seinkom­men abzufragen.
Ver­mö­gen­sauskun­ft schon bei Voll­streck­ungs­be­ginn. Eine deut­liche Erle­ichterung bringt die Ablö­sung der eidesstat­tlichen Ver­sicherung durch die nun mögliche neuar­tige Ver­mö­gen­sauskun­ft. Hier­mit kön­nen Gerichtsvol­lzieher schon vor Ein­leitung ihrer Maß­nah­men Infor­ma­tio­nen über die Ver­mö­genslage der Schuld­ner anfordern, ohne dass ein erfol­glos­er Ver­such ein­er Sach­pfän­dung vor­ange­gan­gen sein muss. Auf dieser Grund­lage kön­nen sie gemein­sam mit den Gläu­bigern über das weit­ere Vorge­hen entschei­den – das spart Zeit und Geld. Mit der Neuerung trägt der Geset­zge­ber der verän­derten Ver­mö­gensstruk­tur der Schuld­ner Rech­nung. Denn im Gegen­satz zur Voll­streck­ungssi­t­u­a­tion im 19. Jahrhun­dert führt die Pfän­dung und Ver­w­er­tung beweglich­er Sachen heute prak­tisch nicht mehr zur Befriedi­gung – ganz im Gegen­satz zur Voll­streck­ung in Forderun­gen oder Immo­bilien. Ver­weigert der Schuld­ner die Abgabe ein­er solchen Ver­mö­gen­sauskun­ft, kann gegen ihn Haft­be­fehl erlassen werden.

Neu: zen­tral­isierte Verzeichnisse
Eine effek­tive Zwangsvoll­streck­ung soll kün­ftig nicht mehr an den örtlichen Beschränkun­gen ein­schlägiger Jus­tiz­maß­nah­men scheit­ern. Verze­ich­nisse, die Auskun­ft über die Ver­mö­gensver­hält­nisse eines Schuld­ners geben, wer­den daher nach neuem Recht nicht bei jedem
einzel­nen Amts­gericht, son­dern lan­desweit in elek­tro­n­is­ch­er Form bei einem zen­tralen Voll­streck­ungs­gericht ver­wal­tet. Das hat den Vorteil, dass Gläu­biger mit geringem Aufwand­lan­desweit gültige Infor­ma­tio­nen über Schuld­ner erhal­ten kön­nen. Hier­bei ist zwis­chen dem Ver­mö­gensverze­ich­nis und dem Schuld­nerverze­ich­nis zu unterscheiden:

Ver­mö­gens- und Schuldnerverzeichnis
Das Ver­mö­gensverze­ich­nis enthält alle wichti­gen Auskün­fte über die Ver­mö­genssi­t­u­a­tion eines Schuld­ners. Im Gegen­satz dazu gibt das Schuld­nerverze­ich­nis Auskun­ft über die Kred­itwürdigkeit ein­er Per­son. Mit ein­er Ein­tra­gung in dieses Verze­ich­nis hat in Zukun­ft nur noch der­jenige Schuld­ner zu rech­nen, gegen den eine Voll­streck­ung erfol­g­los geblieben ist.

Zen­trale Datenbank
Die für Gläu­biger bedeut­same Mod­ernisierung ist die bun­desweite Ver­füg­barkeit dieser Verze­ich­nisse. Die Dat­en aus den Schuld­nerverze­ich­nis­sen kön­nen in dem neu ein­gerichteten „Gemein­samen Voll­streck­ungsportal der Län­der“ bun­desweit abgerufen wer­den. Dies ist (wie bish­er) jedem ges­tat­tet, der ein berechtigtes Inter­esse darlegt.
Zusät­zlich kön­nen bes­timmte Stellen (Gerichtsvol­lzieher, Voll­streck­ungs­be­hör­den, andere staatliche Stellen) eben­falls die Ver­mö­gensverze­ich­nisse über das Inter­ne­treg­is­ter abrufen.

Reform stärkt die Rolle des Gerichtsvollziehers

Die Rolle des Gerichtsvol­lziehers wurde durch die Reform deut­lich gestärkt. Nach neuem Recht ist es nun nicht mehr Auf­gabe des Gläu­bigers, son­dern des Gerichtsvol­lziehers, im Rah­men seines Voll­streck­ungsauf­trags den Aufen­thalt­sort des Schuld­ners zu ermit­teln. Diese Neuerung soll eine Verzögerung der Voll­streck­ung durch häu­fi­gen Ortswech­sel verhindern.
Nach wie vor obliegt es dem Gerichtsvol­lzieher, die Ver­mö­gen­sauskun­ft des Schuld­ners einzu­holen. Gibt der Schuld­ner diese nicht ab oder ist nach dem Inhalt der Auskun­ft eine voll­ständi­ge Befriedi­gung des Gläu­bigers nicht zu erwarten, darf der Gerichtsvol­lzieher nun Dritte um Auskun­ft fra­gen und so möglicher­weise geeignete Voll­streck­ung­sob­jek­te ermitteln.
Hier inter­essieren beson­ders der Bezug von Arbeit­seinkom­men, das Beste­hen ein­er Kon­toverbindung sowie das Vorhan­den­sein eines Kraft­fahrzeugs. Der Gerichtsvol­lzieher darf zu diesem Zweck Frem­dauskün­fte bei den Trägern der geset­zlichen Renten­ver­sicherung, dem Bun­deszen­tralamt für Steuern und dem Kraft­fahr-Bun­de­samt einholen.

Durch die neuen Befug­nisse sollen das Infor­ma­tions­de­fiz­it des Gläu­bigers und die damit ein­herge­hende man­gel­nde Effizienz der Zwangsvoll­streck­ung beseit­igt werden.

Faz­it
Dem Gläu­biger ste­hen kün­ftig mehr Möglichkeit­en zur Ver­fü­gung, seine Voll­streck­ungs­maß­nah­men effek­tiv durchzuset­zen. Die Möglichkeit­en, an Infor­ma­tio­nen über (poten­zielle) Schuld­ner zu gelan­gen, set­zen früher im Voll­streck­ungsver­fahren ein und sind ins­ge­samt weitre­ichen­der. Durch die Nutzung mod­ern­er Infor­ma­tion­stech­nolo­gien wird der Rechtsverkehr frühzeit­ig vor illiq­uiden Wirtschaft­steil­nehmern gewarnt. Einen Hak­en hat die Reform jedoch: Die neuen Auf­gaben des Gerichtsvol­lziehers erhöhen
die Voll­streck­ungskosten der Gläu­biger. Im besten Fall führt aber die verbesserte Sachaufk­lärung zu höheren Voll­streck­ungser­lösen, was wiederum dem Gläu­biger zugute kommt!