22. August 2012

Keine Leiharbeit zur Deckung des “Dauerbedarfs”

ArbG Cot­tbus — 22.08.2012 — 4 BV 2/12 | Ein Ver­stoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG n. F. (Gebot der vorüberge­hen­den Über­las­sung von Arbeit­nehmern an Entlei­her) begrün­det einen Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund des Betrieb­srats gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Zur Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“ in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG n. F. kann § 14 Abs. 1 TzBfG herange­zo­gen werden.

Tenor

1. Die Zus­tim­mung des Beteiligten zu 2) zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau A… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 wird ersetzt.

2. Es wird fest­gestellt, dass die vor­läu­fi­gen Ein­stel­lun­gen der Frau A… ab dem 01.02.2012, der Frau B… ab dem 01.02.2012, der Frau C… ab dem 01.04.2012 sowie der Frau D… ab dem 01.02.2012 aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich sind.

3. Im Übri­gen wer­den die Anträge der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten stre­it­en noch über die Zus­tim­mung des Beteiligten zu 2) zur befris­teten Ein­stel­lung von vier Lei­har­beit­nehmerin­nen sowie um die Fest­stel­lung, dass die vor­läu­fi­gen Ein­stel­lun­gen der vier Lei­har­beit­nehmerin­nen aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich sind.

Bei der Beteiligten zu 1) und Antrag­stel­lerin (zukün­ftig nur noch Arbeit­ge­berin genan­nt) han­delt es sich um ein Unternehmen des Gesund­heitswe­sens, das unter anderem in E… ein Fachk­linikum für Psy­chi­a­trie und Neu­rolo­gie betreibt. Der Beteiligte zu 2) und Antrags­geg­n­er ist der in der Klinik gewählte Betrieb­srat (zukün­ftig nur noch Betrieb­srat genan­nt). Die Arbeit­ge­berin über­nahm mit Wirkung zum 15.10.2006 im Wege eines Betrieb­süber­ganges gemäß § 613 a BGB vom Land Bran­den­burg ins­ge­samt drei Kliniken, und zwar in F…, G… und E… Sie beschäftigt im Fachk­linikum E… ca. 360 Mitar­beit­er. Darüber hin­aus sind dort ca. 125 Lei­har­beit­nehmer derzeit tätig. Die Arbeit­ge­berin beschäftigt ins­beson­dere Lei­har­beit­nehmer von der Fir­ma H… sowie von der Fir­ma J… Die Fir­ma H… und die Fir­ma J… sind hun­dert­prozentige Töchter des K… Konz­erns. Diese Per­son­alser­vicege­sellschaften ver­fü­gen über eine unbe­fris­tete Erlaub­nis zur gewerb­smäßi­gen Arbeit­nehmerüber­las­sung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz AÜG. Sie haben ihren Sitz in einem Ver­wal­tungs­ge­bäude der K… …-Klinik in L… Die Arbeit­ge­berin bat mit Schreiben vom 21.12.2011 den Betrieb­srat um Zus­tim­mung zur befris­teten Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin­nen A… als Sozialar­bei­t­erin in der Sozial­abteilung für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.01.2013. Die Ein­stel­lung sollte über die Fir­ma H… erfol­gen. Mit weit­erem Schreiben vom 02.01.2012 unter­richtete die Arbeit­ge­berin den Betrieb­srat gemäß § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG darüber, dass die Ein­stel­lung als vor­läu­fige Maß­nahme durchge­führt wird, weil die Stelle durch eine zwin­gend nötige Vertre­tung der Zeit­en von Mut­ter­schutz- und Elternzeit (Frau M…) unbe­set­zt sei und die Stel­lenbe­set­zung zwin­gend für die Absicherung der sozialther­a­peutis­chen Ver­sorgung der Patien­ten erforder­lich sei.

Mit Schreiben vom 15.12.2011 beantragte die Arbeit­ge­berin die Zus­tim­mung des Betrieb­srates für die befris­tete Beschäf­ti­gung der Frau B… über die Fir­ma H… im Zeitraum vom 01.02.2012 bis 28.02.2013 als Altenpflegerin für die Geron­topsy­chi­a­trie (Wohn­bere­ich D1). Mit weit­erem Schreiben vom 30.12.2011 unter­richtete die Arbeit­ge­berin den Betrieb­srat von der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Maß­nahme gemäß § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG und begrün­dete dies damit, dass die Stelle wegen man­gel­nder Bewer­bun­gen bere­its ger­aume Zeit unbe­set­zt sei. Weit­er­hin sei dem Wun­sch von Her­rn N… zur Ver­set­zung zum Stan­dort des K… Fachk­linikums G… entsprochen wor­den. Die Stel­lenbe­set­zung sei zwin­gend für die Absicherung der Ver­sorgung der Patien­ten, der Dien­st­pläne und der weit­eren Ver­mei­dung von Mehrar­beit und Über­stun­den erforder­lich. In einem weit­eren Schreiben, eben­falls datierend auf den 30.12.2011, unter­richtete die Arbeit­ge­berin den Betrieb­srat darüber, dass hier eine weit­ere Stelle durch Kündi­gung frei gewor­den sei.

Die Arbeit­ge­berin bat den Betrieb­srat weit­er­hin mit Schreiben vom 21.12.2011 um Zus­tim­mung zur Beschäf­ti­gung der Lei­har­beit­nehmerin C… über die Fir­ma J… als Gesund­heits- und Krankenpfleger für Inten­sivpflege und Anäs­the­sie in der Inten­sivs­ta­tion ab dem 01.04.2012 (wegen des weit­eren Inhalts des Antrags wird auf Bl. 122 der Gericht­sak­te Bezug genom­men). Mit weit­erem Schreiben vom 02.01.2012 unter­richtete die Arbeit­ge­berin den Betrieb­srat von der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Maß­nahme im Sinne von § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Hierin führte sie aus, dass die Durch­führung der Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich sei, weil die Stelle durch einen Per­son­al­ab­gang des Her­rn O… frei gewor­den sei. Die Stel­lenbe­set­zung sei zwin­gend für die Absicherung der Ver­sorgung der Patien­ten, der Dien­st­pläne und der weit­eren Ver­mei­dung von Mehrar­beit und Über­stun­den erforderlich.

Schließlich bat die Arbeit­ge­berin mit Schreiben vom 11.01.2012 den Betrieb­srat um Zus­tim­mung zur „unbe­fris­teten“ Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin D… über die Fir­ma J… als Phys­io­ther­a­peutin in der Phys­io­ther­a­pie ab dem 01.02.2012. Wegen des weit­eren Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 172 d. Gericht­sak­te Bezug genom­men. Auch hier unter­richtete die Arbeit­ge­berin den Betrieb­srat mit Schreiben vom 23.01.2012 über die vor­läu­fige Durch­führung der Maß­nahme gemäß § 100 Abs. 2 S. 1 BetrVG. Zur Begrün­dung bezog sie sich darauf, dass die Stelle zwin­gend zur phys­io­ther­a­peutis­chen Ver­sorgung der Patien­ten benötigt werde. Durch die Erkrankung des bish­eri­gen Stel­len­in­hab­ers und dessen abschließen­den Per­son­al­ab­gang sei diese Stelle wegen bish­er ungeeigneter Bewer­bun­gen nicht beset­zt wor­den. Durch die Tätigkeit von Frau D… könne nun endlich dieser neg­a­tive Umstand beseit­igt werden.

Der Betrieb­srat ver­weigerte jew­eils inner­halb der Wochen­frist des § 99 Abs. 3 BetrVG schriftlich seine Zus­tim­mung zu den geplanten Ein­stel­lun­gen der Lei­har­beit­nehmerin­nen (bezüglich Frau A… mit Schreiben vom 28.12.2011; bezüglich Frau B… mit Schreiben vom 22.12.2011; bezüglich Frau C… mit Schreiben vom 28.12.2011 und bezüglich Frau D… mit Schreiben vom 18.01.2012). Er berief sich jew­eils auf Geset­zesver­stöße der geplanten Ein­stel­lun­gen gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG. Danach ver­stieße die jew­eilige Ein­stel­lung gegen das Ver­bot der Schein­lei­he sowie gegen das Ver­bot der Dauer­lei­he gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung. Wegen des weit­eren Inhalts der Ablehnungss­chreiben des Betrieb­srats wird beispiel­haft auf Bl. 99-?101 der Gerich­tak­te Bezug genommen.

Eben­so bestritt der Betrieb­srat hin­sichtlich der vor­läu­fi­gen Durch­führung der per­son­ellen Maß­nahme jew­eils, dass die Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich sei (bezüglich Frau A… mit Schreiben vom 05.01.2012; bezüglich Frau B… mit Schreiben vom 05.01.2012 und 06.01.2012; bezüglich Frau C… mit Schreiben vom 05.01.2012 und bezüglich Frau D… mit Schreiben vom 27.01.2012).

Mit am 09.01.2012 beim Arbeits­gericht Cot­tbus einge­gan­genen Anträ­gen betr­e­f­fend die Lei­har­beit­nehmerin­nen A…, B… und C… und am 30.01.2012 beim Arbeits­gericht Cot­tbus einge­gan­genen Anträ­gen betr­e­f­fend die Lei­har­beit­nehmerin D…, begehrt die Arbeit­ge­berin die Erset­zung der Zus­tim­mung zur Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin­nen sowie die Fest­stel­lung der drin­gen­den Erforder­lichkeit der dies­bezüglichen vor­läu­fi­gen Einstellungen.

Die Arbeit­ge­berin behauptet – so ihre Aus­führun­gen im Anhörung­ster­min vom 22.08.2012 – dass auch hin­sichtlich der Lei­har­beit­nehmerin­nen C… und D… jew­eils keine unbe­fris­tete Ein­stel­lung beab­sichtigt gewe­sen sei, son­dern eine jew­eils auf zwei Jahre befris­tete Ein­stel­lung. Hier sei es jedoch zu einem Fehler im Antrag an den Betrieb­srat auf dessen Zus­tim­mung gekommen.

Die Arbeit­ge­berin ist der Auf­fas­sung, dass dem Betrieb­srat bezüglich der Ein­stel­lun­gen der vier Lei­har­beit­nehmerin­nen kein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG zuste­he. Ins­beson­dere ver­stoße die jew­eilige per­son­elle Maß­nahme nicht gegen ein Gesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.

Ein Ver­stoß gegen das Ver­bot zur Schein­lei­he läge nicht vor. Die Per­son­alser­vicege­sellschaften wür­den ihre Funk­tion als Arbeit­ge­ber bzw. die üblichen Arbeit­ge­berpflicht­en wahrnehmen.

Weit­er­hin stellt die Arbeit­ge­berin unstre­it­ig, dass es sich bei den von den Lei­har­beit­nehmerin­nen zu beset­zen­den Stellen um Dauer­ar­beit­splätze im Unternehmen der Arbeit­ge­berin han­delt. Den­noch liege keine dauer­hafte Arbeit­nehmerüber­las­sung vor, da die jew­eili­gen Lei­har­beit­nehmerin­nen nur befris­tet eingestellt wur­den. Selb­st wenn dem so wäre, läge den­noch kein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund vor. Die Beschäf­ti­gung von Lei­har­beit­nehmern auf einem Dauer­ar­beit­splatz stelle keinen Ver­weigerungs­grund für den Betrieb­srat dar. Hier­an habe sich auch nichts durch das „Erste Gesetz zur Änderung des Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­set­zes – Ver­hin­derung von Miss­brauch der Arbeit­nehmerüber­las­sung“ vom 28.04.2011 – geän­dert. Ins­beson­dere die Änderung des Geset­zeswort­lauts in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG habe noch keine Verän­derung des beste­hen­den Sys­tems der deutschen Arbeit­nehmerüber­las­sung zur Folge. Der deutsche Geset­zge­ber habe hier­durch keine neuen Ein­schränkun­gen der Zeitar­beit ein­führen wollen. Somit bleibe die Ein­führung des Begriffs „vorüberge­hend“ folgenlos.

Auch die Durch­führung der vor­läu­fi­gen Maß­nahme im Sinne von § 100 BetrVG sei aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich gewe­sen. Eine grobe Verken­nung der sach­lich betrieblichen Notwendigkeit der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Per­sonal­maß­nahme seit­ens der Arbeit­ge­berin sei hier nicht ersichtlich. Dass Ein­stel­lun­gen verzögert wer­den, könne die Arbeit­ge­berin nicht hin­nehmen, wenn dadurch der ord­nungs­gemäße betriebliche Ablauf gestört werde. Für die Arbeit­ge­berin wäre es nicht hin­nehm­bar, mit dem weit­eren Ein­satz der Mitar­beit­er zuzuwarten, bis das vor­liegende Zus­tim­mungser­set­zungsver­fahren recht­skräftig abgeschlossen ist.

Die Arbeit­ge­berin beantragt noch, nach Erledi­gung der ursprünglichen weit­eren Anträge zu 1a) und 1b) aus der Antragss­chrift vom 09.01.2012 sowie der Anträge zu 6a) und 6b) aus dem Schrift­satz vom 06.02.2012,

2a) die Zus­tim­mung des Antrags­geg­n­ers zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau A… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 zu ersetzen,

2b) festzustellen, dass die vor­läu­fige Ein­stel­lung der Frau A… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich ist,

3a) die Zus­tim­mung des Antrags­geg­n­ers zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau B… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 zu ersetzen,

3b) festzustellen, dass die vor­läu­fige Ein­stel­lung der Frau B… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich ist,

4a) die Zus­tim­mung des Antrags­geg­n­ers zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau C… ab dem 01.April 2012 zu ersetzen,

4b) festzustellen, dass die vor­läu­fige Ein­stel­lung der Frau C… ab dem 01. April 2012 aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich ist,

5a) die Zus­tim­mung des Antrags­geg­n­ers zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau D… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 zu ersetzen,

5b) festzustellen, dass die vor­läu­fige Ein­stel­lung der Frau D… ab dem 01. Feb­ru­ar 2012 aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich ist.

Der Betrieb­srat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Betrieb­srat ist der Auf­fas­sung, es liege schon keine Arbeit­nehmerüber­las­sung, son­dern eine soge­nan­nte „Schein­lei­he“ bzw. „Strohmannkon­struk­tion“ vor. Der Ver­lei­her (Per­son­alser­vicege­sellschaften) ver­füge über keine Betrieb­sorgan­i­sa­tion, die eine ord­nungs­gemäße Arbeit­nehmerüber­las­sung ermögliche. Die Per­son­alser­vicege­sellschaften träten wed­er bei Anbah­nung und Begrün­dung des Arbeitsver­hält­niss­es hin­re­ichend in Erschei­n­ung, noch seien diese auf dem nor­malen Lei­har­beits­markt aktiv. Außer­dem wür­den die Per­son­alser­vicege­sellschaften nicht die üblichen Arbeit­ge­berpflicht­en und das Arbeit­ge­ber­risiko übernehmen. Schon aus diesen Grün­den läge ein Geset­zesver­stoß und damit ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG vor.

Zudem beste­he ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung. Die beab­sichtigten Ein­stel­lun­gen wür­den alle­samt zu ein­er Beschäf­ti­gung der Lei­har­beit­nehmerin­nen auf Dauer­ar­beit­splätzen der Antrag­stel­lerin führen. Es seien keine vorüberge­hen­den Über­las­sun­gen im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

Zudem sei eine Notwendigkeit zur Neube­set­zung der hier mit den Lei­har­beit­nehmerin­nen jew­eils beset­zten Posi­tio­nen länger­fristig vorherse­hbar gewe­sen. Die drin­gende Erforder­lichkeit sei in miss­bräuch­lich­er Weise jew­eils her­beige­führt wor­den. Eine Fes­te­in­stel­lung habe den ange­blich kurzfristi­gen Bedarf in gle­ich­er, allerd­ings recht­mäßiger Weise deck­en können.

Wegen des weit­erge­hen­den Sach- und Stre­it­standes wird auf den gesamten Akten­in­halt Bezug genommen.

II.

1. Die Zus­tim­mungser­set­zungsanträge zu a) sind zuläs­sig, teil­weise begrün­det und teil­weise unbegründet.

a) Die Zus­tim­mungser­set­zungsanträge sind zuläs­sig. Für diese liegt das erforder­liche Rechtss­chutzbedürf­nis vor.

Die Über­nahme eines Lei­har­beit­nehmers bedarf, wie sich aus § 14 Abs. 3 AÜG ergibt, der Zus­tim­mung des Betriebsrats.

Es han­delt es sich auch beim Fachk­linikum der Arbeit­ge­berin in E… um ein Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeit­nehmern gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, weshalb die Zus­tim­mung des Betrieb­srates zu den beab­sichtigten Ein­stel­lun­gen der Lei­har­beit­nehmer einzu­holen war.

Die Zus­tim­mung des Betrieb­srats gilt hier nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Er hat jew­eils seine Zus­tim­mung inner­halb ein­er Woche nach der Unter­rich­tung durch die Arbeit­ge­berin schriftlich ver­weigert. Die Zus­tim­mungsver­weigerungss­chreiben des Betrieb­srates enthal­ten in aus­re­ichen­der Weise die nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erforder­liche Angabe von Grün­den. Dabei bezog sich der Betrieb­srat in allen hier noch zur Entschei­dung ste­hen­den Fällen zur Begrün­dung jew­eils auf einen Ver­stoß gegen die §§ 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG und rügte dabei ins­beson­dere Geset­zesver­stöße im Hin­blick auf das Vor­liegen ein­er bloßen Schein­lei­he sowie bezüglich des Ver­bots der Dauer­lei­he in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

b) Der Zus­tim­mungser­set­zungsantrag zu 2a) (Frau A…) ist begrün­det. Ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund des Betrieb­srats liegt hier nicht vor.

Die übri­gen Zus­tim­mungser­set­zungsanträge zu 3a), 4a) und 5a) sind jedoch unbe­grün­det. Der Betrieb­srat hat sich hier zu Recht auf den Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Ziff 1 BetrVG berufen. Die dies­bezüglich beab­sichtigten Ein­stel­lun­gen der Lei­har­beit­nehmerin­nen B…, C… und D… ver­stoßen gegen das geset­zliche Ver­bot der Dauer­lei­he in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

aa) Der Betrieb­srat kann sich zunächst nicht wirk­sam auf ein Zus­tim­mungsver­weigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG im Zusam­men­hang mit dem von ihm behaupteten Ver­stoß gegen das Ver­bot der Schein­lei­he berufen. Selb­st wenn es sich bei den Per­son­alser­vicege­sellschaften um eine soge­nan­nte „Strohmannkon­struk­tion“ han­deln sollte, begrün­det dies keinen Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG.

(1) Nach ständi­ger Recht­sprechung des Bun­de­sar­beits­gerichts kann der Betrieb­srat seine Zus­tim­mung zu ein­er per­son­ellen Maß­nahme gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nur dann ver­weigern, wenn die Maß­nahme selb­st gegen ein Gesetz, einen Tar­ifver­trag oder eine son­stige dort genan­nte Norm ver­stößt. Geht es um die Über­nahme eines Lei­har­beit­nehmers in den Betrieb des Entlei­hers und damit um eine Ein­stel­lung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, muss diese als solche unter­sagt sein. Dazu bedarf es zwar kein­er Ver­bot­snorm im tech­nis­chen Sinne, die unmit­tel­bar die Unwirk­samkeit der Maß­nahme her­beiführt. Der Zweck der betr­e­f­fend­en Norm, die Ein­stel­lung selb­st zu ver­hin­dern, muss aber hin­re­ichend deut­lich zum Aus­druck kom­men. Der Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist bei Ein­stel­lun­gen lediglich dann gegeben, wenn der Zweck der Ver­bot­snorm nur dadurch erre­icht wer­den kann, dass die Ein­stel­lung ins­ge­samt unterbleibt (BAG v. 21.07.2009, 1 ABR 35/08; BAG v. 25.01.2005, 1 ABR 61/03; vgl. auch BAG v. 28.03.2000, 1 ABR 16/99).

(2) Mit der Gel­tend­machung ein­er Schein­lei­he bzw. ein­er soge­nan­nten „Strohmannkon­struk­tion“ beruft sich der Betrieb­srat let­ztlich auf einen Ver­stoß gegen den Grund­satz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Eben­so kön­nte dies den Tatbe­stand von § 1 Abs. 2 AÜG erfüllen.

§ 242 BGB ist jedoch keine Ver­bot­snorm im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (BAG v. 21.07.2009, 1 ABR 35/08). Aus dieser Bes­tim­mung ergibt sich kein Beschäf­ti­gungsver­bot im Betrieb der Arbeit­ge­berin. Vielmehr entspräche die Beschäf­ti­gung im Betrieb der Arbeit­ge­berin ger­ade in einem solchen Fall der Rechtslage.

Dies ergibt sich auch aus § 1 Abs. 2 AÜG. Bei Vor­liegen der Ver­mu­tungsvo­raus­set­zun­gen im Sinne von § 1 Abs. 2 AÜG, d.h. wenn anstelle von erlaubter Arbeitsver­lei­hertätigkeit von Arbeitsver­mit­tlung auszuge­hen ist, führt dies dazu, dass der Entlei­her mit allen Kon­se­quen­zen Arbeit­ge­ber ist. Aus der Ver­mu­tungswirkung der Arbeitsver­mit­tlung im Sinne von § 1 Abs. 2 AÜG ergibt sich damit ger­ade kein Ver­bot der tat­säch­lichen Beschäf­ti­gung des Lei­har­beit­nehmers für den „Scheinentlei­her“. § 1 Abs. 2 AÜG will den Lei­har­beit­nehmer ger­ade nicht so stellen, als habe er kein­er­lei Arbeitsver­hält­nis und als sei seine Beschäf­ti­gung ver­boten. Er fin­giert vielmehr zu seinem Schutz ein Arbeitsver­hält­nis zum Entlei­her (vgl. LAG Schleswig-?Holstein v. 26.10.2005, 3 TaBV 33/05; vgl. auch Wank in Erfurter Kom­men­tar zum Arbeit­srecht, 11. Aufl., § 1 AÜG Rn. 49 m.w.N. aus Recht­sprechung und Lit­er­atur). Der Ver­mu­tung des § 1 Abs. 2 AÜG, welch­er auch im Zusam­men­hang mit den ab dem 01.12.2011 einge­führten Änderun­gen im AÜG unverän­dert blieb, lässt sich deshalb nicht die geset­zliche Wer­tung ent­nehmen, bei Vor­liegen der Ver­mu­tungsvo­raus­set­zun­gen solle die Beschäf­ti­gung des Lei­har­beit­nehmers aus­geschlossen sein (vgl. BAG v. 25.01.2005, 1 ABR 61/03).

Ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ergibt sich daher selb­st bei Vor­liegen ein­er etwaigen Schein­lei­he oder Strohmannkon­struk­tion nicht.

bb) Dage­gen ver­stoßen die beab­sichtigten Ein­stel­lun­gen der Arbeit­nehmerin­nen B…, C… und D… gegen das nun­mehr in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung normierte Gebot der lediglich vorüberge­hen­den Über­las­sung von Arbeit­nehmern an Entleiher.

(1) Dabei sieht die Kam­mer in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung eine Ver­bot­snorm, welche die Ein­stel­lung eines Lei­har­beit­nehmers bei nicht nur „vorüberge­hen­der“ Über­las­sung als solche unter­sagt. Nach den unter 1., b), aa), (1) dargestell­ten Grund­sätzen der Recht­sprechung des Bun­de­sar­beits­gerichts ergibt sich mithin aus einem Ver­stoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund des Betrieb­srates gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

Zwar han­delt es sich bei § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung um keine Ver­bot­snorm im tech­nis­chen Sinn. Der Zweck der Norm, die Ein­stel­lung von Lei­har­beit­nehmern selb­st zu ver­hin­dern, kommt jedoch hierin hin­re­ichend deut­lich zum Ausdruck.

Mit der Ein­führung von § 1 Abs. 2 AÜG neue Fas­sung soll ins­beson­dere Lei­har­beit auf Dauer­ar­beit­splätzen ver­hin­dert werden.

(a) § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung wurde am 01.12.2011 mit Inkraft­treten des „Ersten Geset­zes zur Änderung des Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­set­zes – Ver­hin­derung von Miss­brauch der Arbeit­nehmerüber­las­sung“ eingeführt.

Wie der Titel des Geset­zes schon sagt, soll hier­durch unter anderem der Miss­brauch der Arbeit­nehmerüber­las­sung unter­bun­den wer­den. Zudem dient das Gesetz auch der Umset­zung der Richtlin­ie 2008/104/EG des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates vom 19. Novem­ber 2008 über Lei­har­beit (Lei­har­beit­srichtlin­ie), die am 05. Dezem­ber 2008 in Kraft getreten ist. Die Umset­zung hat­te gemäß Artikel 11 Lei­har­beit­er­richtlin­ie bis spätestens 05. Dezem­ber 2011 zu erfol­gen (vgl. Begrün­dung zum Geset­ze­sen­twurf der Bun­desregierung vom 17.02.2011, BT-?Dr 17/4804).

Vor diesem Hin­ter­grund ist zunächst vom Inhalt und den Zie­len der europäis­chen Lei­har­beit­srichtlin­ie auszugehen.

Auch die Lei­har­beit­srichtlin­ie sieht eine Unzuläs­sigkeit der dauer­haften Arbeit­nehmerüber­las­sung vor.

Dabei zeigt sich bere­its in den Def­i­n­i­tio­nen des Artikels 3 Abs. 1b-?e) der Lei­har­beit­srichtlin­ie bezüglich der Begriffe Lei­har­beit­sun­ternehmen, Lei­har­beit­nehmer, entlei­hen­des Unternehmen und Über­las­sung, die aus­nahm­s­los auf eine „vorüberge­hende“ Arbeit des Arbeit­nehmers im entlei­hen­den Unternehmen abstellen, dass der Richtlin­ienge­ber den vorüberge­hen­den Charak­ter der Arbeit des Lei­har­beit­nehmers beim Entlei­her als zwin­gende tatbe­standliche Voraus­set­zun­gen ein­er Arbeit­nehmerüber­las­sung ansieht (vgl. Preis/Sansone, Anforderun­gen der Lei­har­beit­srichtlin­ie der Europäis­chen Union an das deutsche Recht der Arbeit­nehmerüber­las­sung, Rechtsgutacht­en, S. 8, Bl. 231 d.A.).

Auch der EuGH sieht die Tätigkeit von Lei­har­beit­sun­ternehmen dadurch gekennze­ich­net, dass sie entlei­hen­den Unternehmen Arbeit­nehmer „vorüberge­hend“ zur Ver­fü­gung stellen, damit diese dort ver­schiedene Auf­gaben entsprechend den Bedürfnis­sen und nach Anweisung dieser entlei­hen­den Unternehmen wahrnehmen (EuGH, Urteil v. 13.09.2007– C-?458/05, NZA 2007, S. 1151 ff.).

Die Unzuläs­sigkeit der nicht nur vorüberge­hen­den Über­las­sung zeigt sich mit­tel­bar auch in Artikel 5 Abs. 5 der Lei­har­beit­srichtlin­ie. Danach ergreifen die Mit­gliedsstaat­en die erforder­lichen Maß­nah­men gemäß ihren nationalen Vorschriften und/oder Gepflo­gen­heit­en, um eine miss­bräuch­liche Anwen­dung dieses Artikels zu ver­hin­dern und um ins­beson­dere aufeinan­der­fol­gende Über­las­sun­gen mit denen die Bes­tim­mungen der Richtlin­ie umgan­gen wer­den sollen, zu ver­hin­dern. Damit sollen nicht nur Ket­ten­be­fris­tun­gen mit einzel­nen Arbeit­nehmern, son­dern auch der Ein­satz wech­sel­nder Arbeit­nehmer auf einem Dauer­ar­beit­splatz aus­geschlossen wer­den (vgl. Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 2; vgl. auch Preis/Sansone, a.a.O., S. 10). Hier­aus ist let­ztlich der Wer­tung des Richtlin­ienge­bers zu ent­nehmen, dass Entlei­her einen beste­hen­den Dauerbeschäf­ti­gungs­be­darf nicht durch Arbeit­nehmerüber­las­sung abdeck­en kön­nen sollen (Preis/Sansone, a.a.O., S. 10).

Schließlich würde auch u.a. das mit Artikel 6 der Lei­har­beit­srichtlin­ie ver­fol­gte Ziel, näm­lich Lei­har­beit­nehmern den Zugang zu unbe­fris­teten Arbeitsver­hält­nis­sen im entlei­hen­den Unternehmen zu ermöglichen, bei Zulas­sung ein­er dauer­haften Beset­zung von Dauer­ar­beit­splätzen mit Lei­har­beit­nehmern fak­tisch vere­it­elt (Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/2012, S. 2; vgl. auch Preis/Sansone, a.a.O., S. 10).

(b) Das damit in der Lei­har­beit­srichtlin­ie zum Aus­druck kom­mende Ver­bot dauer­hafter Arbeit­nehmerüber­las­sung ist auch bei der Ausle­gung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung zu beacht­en. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. ist vor dem Hin­ter­grund der gebote­nen euro­parecht­skon­for­men Ausle­gung (vgl. hierzu BAG v. 24.03.2009, 9 AZR 983/07 sowie BAG v. 20.04.2011, 5 AZR 200/10) und dem erk­lärten Ziel des Bun­des­ge­set­zge­bers, mit der Neuregelung des Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­set­zes die voll­ständi­ge Umset­zung der Lei­har­beit­srichtlin­ie in das nationale Recht zu gewährleis­ten, eben­falls als Ver­bot­snorm auszulegen.

Dafür spricht auch, dass der deutsche Geset­zge­ber den Begriff „vorüberge­hend“ in sein­er union­srechtlichen Bedeu­tung in das deutsche Recht unverän­dert über­nom­men und damit auch nation­al­rechtlich verbindlich gemacht hat. Die Richtlin­ie ist nur dann als EU-?rechtskonform umge­set­zt anzuse­hen, wenn bei der Ausle­gung auch die euro­parechtlichen Vor­gaben berück­sichtigt wer­den (Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 4).

Damit ist sowohl nach der europäis­chen Lei­har­beit­srichtlin­ie, als auch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung ein Ein­satz von Lei­har­beit­nehmern auf Dauer­ar­beit­splätzen rechtlich unzuläs­sig. Der Geset­zeszweck, zum Schutze der Lei­har­beit­nehmerin­nen und Lei­har­beit­nehmer nur noch die vorüberge­hende Über­las­sung von Arbeit­nehmern an einen Entlei­her zuzu­lassen und Lei­har­beit auf Dauer­ar­beit­splätzen zu ver­hin­dern, kann nur dadurch erre­icht wer­den, wenn die Ein­stel­lung von Lei­har­beit­nehmern bei einem Ver­stoß hierge­gen unterbleibt. Vor diesem Hin­ter­grund ist § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung als Ver­bot­snorm auszule­gen (vgl. auch Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 4 f.).

Ein Ver­stoß gegen die lediglich vorüberge­hende Über­las­sung von Arbeit­nehmern an Entlei­her begrün­det mithin einen Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG (vgl. auch BAG v. 28.09.1988, 1 ABR 85/87 zur Annahme eines Zus­tim­mungsver­weigerungs­grun­des bei Ver­stoß gegen die damals geregelte Höch­st­be­fris­tungs­dauer von sechs Monat­en für die Arbeit­nehmerüber­las­sung gem. Art. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG alte Fas­sung, dessen Erwä­gun­gen nun­mehr nach Ein­führung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung gle­icher­maßen gelten).

(2) Hier erfol­gte die Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin­nen in den Fällen der Frau B…, Frau C… und Frau D… nicht vorüberge­hend im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, im Falle der Frau A… liegen die Voraus­set­zun­gen ein­er lediglich vorüberge­hen­den Über­las­sung dage­gen vor.

(a) Zur Klärung der Frage, ob die Über­las­sung vorüberge­hend im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfol­gte, ist der Begriff „vorüberge­hend“ auszule­gen, da sowohl der europäis­che als auch der nationale Geset­zge­ber auf eine nähere, auch auf eine zeitliche Fes­tle­gung bewusst verzichtet hat.

Vorüberge­hend bedeutet „nur für kurze Zeit“, tem­porär, zeitweilig oder neg­a­tiv for­muliert „nicht endgültig“, „nicht dauer­haft“ (vgl. Bartl/ Romanows­ki, NZA Online Auf­satz, 3/12, S. 3; vgl. Hamann, NZA 2011, S. 70 ff. (72)).

Der deutsche Geset­zge­ber hat sich bei der Umset­zung der Lei­har­beit­srichtlin­ie bewusst nicht für eine zeitliche Höch­st­gren­ze entsch­ieden. Dies ergibt sich bere­its aus der Begrün­dung des Geset­ze­sen­twurfs vom 17.02.2011 (BT-?Dr 17/4804). Danach wird der Begriff „vorüberge­hend“ im Sinne der Lei­har­beit­srichtlin­ie als flex­i­ble Zeitkom­po­nente ver­standen und ins­beson­dere auf genau bes­timmte Höch­stüber­las­sungs­fris­ten verzichtet. Der deutsche Geset­zge­ber hat sich dage­gen für eine soge­nan­nte „Zweck­be­fris­tungslö­sung“ entsch­ieden (Hamann, NZA 2011, 70 ff. (72)). Dementsprechend ist bei der Ausle­gung des Wortes „vorüberge­hend“ der Zweck des Geset­zes, einen dauer­haft beste­hen­den Arbeit­skräftebe­darf nicht durch den Ein­satz von Lei­har­beit­nehmern zu befriedi­gen, zu beacht­en (vgl. Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 3; vgl. auch die Aus­führun­gen unter 1., b), bb)), (1)).

Um diesem Zweck Sorge zu tra­gen, und gle­ichzeit­ig eine prak­tik­able und trans­par­ente Lösung zur Umset­zung der geset­zlichen Vor­gabe „vorüberge­hend“ zu erhal­ten, zieht die Kam­mer – wie auch ein Großteil der Lit­er­atur — § 14 Abs. 1 TzBfG zur Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“ her­an (so auch Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz, 3/12, S. 4; Preis/ San­sone S. 21 ff.; Fit­ting, BetrVG, 26. Aufl., § 99 Rn. 192a; vgl. auch Aus­führun­gen von Hamann in NZA 2011, 70 ff., 73, wobei Hamann die soge­nan­nte „Miss­brauch­skon­trolle“ favorisiert).

Hier­für spricht zum einen die wort­gle­iche Ver­wen­dung des Begriffs „vorüberge­hend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. und in § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 TzBfG.

Auch die Geset­ze­sen­twurfs­be­grün­dung vom 02.09.2010 lieferte Anhalt­spunkt für eine Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“, indem sie sich eng an die Befris­tungs­gründe des § 14 TzBfG anlehnt. Im Ref­er­ente­nen­twurf vom 2.09.2010 wurde erst­mals der Begriff „vorüberge­hend“ im Zusam­men­hang mit der Änderung des § 1 Abs. 2 AÜG einge­fügt. In diesem Entwurf wurde ein­deutig zum Aus­druck gebracht, dass durch die Beschränkung der Lei­har­beit auf vorüberge­hende Über­las­sun­gen der Ein­satz auf Dauer­ar­beit­splätzen ver­hin­dert wer­den sollte. Des Weit­eren heißt es in der Begrün­dung: „In der Regel kann immer dann von ein­er vorüberge­hen­den Über­las­sung aus­ge­gan­gen wer­den, wenn der Ein­satz in dem Entlei­herun­ternehmen nicht dauer­haft sein soll und beispiel­sweise im Rah­men ein­er Urlaubs- oder Krankheitsvertre­tung oder zur Durch­führung eines beson­deren Pro­jek­ts oder Auf­trags stattfindet.“

Eine inhaltliche Dis­tanzierung von den im Ref­er­ente­nen­twurf vom 02.09.2010 enthal­te­nen Erläuterun­gen ist im Laufe des weit­eren Geset­zge­bungsver­fahrens nicht erfol­gt. Sie sind deshalb weit­er zur Ausle­gung her­anzuziehen (vgl. Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 3). Damit ori­en­tierte sich offen­bar der Geset­zge­ber auch an sach­lichen Grün­den, ins­beson­dere solchen im Sinne von § 14 Abs. 1, Satz 2 Zif­fer 1 und 3 TzBfG.

Schließlich kann auch auf die Aus­führun­gen des Bun­de­sar­beits­gerichts im Urteil vom 21.03.1990, 7 AZR 198/89 zur Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“ in § 1 Abs. 3 Ziff. 2 AÜG alte Fas­sung abgestellt wer­den. Ein wichtiges Indiz für eine vorüberge­hende Arbeit eines Lei­har­beit­nehmers (bei der Arbeit­nehmerüber­las­sung zwis­chen Konz­er­nun­ternehmen) sah das Gericht hier­bei in der Art der vom über­lasse­nen Arbeit­nehmer beim Entlei­her wahrzunehmenden Auf­gaben. Han­delte es sich dabei um solche, die bei ein­er Direk­tanstel­lung des Arbeit­nehmers dazu geeignet wären, eine Befris­tung des Arbeitsver­hält­niss­es für die Dauer der jew­eili­gen Über­las­sung sach­lich zu recht­fer­ti­gen, so sprach dies nach Auf­fas­sung des BAG gegen eine Wer­tung dieses Tatbe­standes im Sinne ein­er unzuläs­si­gen pri­vat­en Arbeitsver­mit­tlung. Nahm der über­lassene Arbeit­nehmer beim Entlei­her dage­gen Dauer­auf­gaben wahr, die bei ein­er direk­ten Anstel­lung des Arbeit­nehmers eine Befris­tung des Arbeitsver­hält­niss­es sach­lich nicht recht­fer­ti­gen kön­nten, so sprach dies für eine Schw­er­punk­tver­lagerung des Arbeitsver­hält­niss­es vom über­lasse­nen Arbeit­nehmer zum Entlei­her und damit let­ztlich gegen eine nur vorüberge­hende Arbeit­sleis­tung. Das Bun­de­sar­beits­gericht ori­en­tierte sich hier im Rah­men der Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“ eben­falls an den Befris­tungs­grün­den des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.

Dieser Maßstab muss auch zur Ausle­gung des Begriffs „vorüberge­hend“ in der Neu­fas­sung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG herange­zo­gen wer­den. „Sach­liche Gründe“ dürften jedoch im Hin­blick auf die Tätigkeit als Lei­har­beit­nehmer lediglich bei Abstellen auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 TzBfG zu sachgerecht­en Ergeb­nis­sen führen (vgl. Preis/Sansone, S. 21; vgl. auch Bartl/Romanowski, NZA Online Auf­satz 3/12, S. 4 ff.).

(b) In Anwen­dung dieser Grund­sätze liegt hier teil­weise ein sach­lich­er Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG für die vorüberge­hende Über­las­sung von Lei­har­beit­nehmern vor, andern­teils aber nicht.

(aa) Die Zus­tim­mung zur befris­teten Ein­stel­lung der Frau A… (Antrag zu 2a)) ab dem 01.02.2012 war zu erset­zen, da hier davon auszuge­hen war, dass auf­grund des Vor­liegens eines sach­lichen Befris­tungs­grun­des lediglich eine vorüberge­hende Über­las­sung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. gegeben war.

Frau A… wurde zur Vertre­tung der wegen Mut­ter­schutz und Elternzeit aus­ge­fal­l­enen Frau M… als Sozialar­bei­t­erin eingestellt. Bei ein­er Direk­tanstel­lung der Frau A… wäre eine Befris­tung des Arbeitsver­hält­niss­es für die Dauer der Über­las­sung gemäß § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG i.v.m. § 21 BEEG sach­lich gerecht­fer­tigt. Damit liegt lediglich eine vorüberge­hende Über­las­sung der Arbeit­nehmerin A… im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung vor. Ein Geset­zesver­stoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG ist mithin nicht gegeben. Man­gels Vor­liegens eines Zus­tim­mungsver­weigerungs­grun­des des Betrieb­srates war die Zus­tim­mung antrags­gemäß zu ersetzen.

(bb) Demge­genüber kam eine Zus­tim­mungser­set­zung im Falle der Frau B… (Antrag zu 3a)) nicht in Betracht.

Bei hypo­thetis­ch­er Betra­ch­tung hätte der Arbeit­splatz (als Altenpflegerin für Geron­topsy­chi­a­trie) bei Ein­stel­lung eines Stam­mar­beit­nehmers nicht zuläs­siger­weise gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG befris­tet wer­den kön­nen. Ein sach­lich­er Befris­tungs­grund lag nicht vor.

Ins­beson­dere kann sich hier die Arbeit­ge­berin nicht auf einen vorüberge­hen­den Mehrbe­darf im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 TzBfG berufen. Dieser set­zt voraus, dass im Zeit­punkt des Ver­tragsab­schlusses auf­grund greif­bar­er Tat­sachen mit einiger Sicher­heit zu erwarten ist, dass für eine Beschäf­ti­gung des befris­tet eingestell­ten Arbeit­nehmers über das vorge­se­hene Ver­tragsende hin­aus kein Bedarf beste­ht. Dafür ist eine Prog­nose zu erstellen, der konkrete Anhalt­spunk­te zugrunde liegen müssen (ständi­ge Recht­sprechung des Bun­de­sar­beits­gerichts, z.B. BAG v. 12.09.1996, 7 AZR 790/95).

Hier han­delte es sich bei dem zu beset­zen­den Arbeit­splatz unstre­it­ig um einen Dauer­ar­beit­splatz. Dieser war bere­its – nach Aus­führung der Arbeit­ge­berin wegen man­gel­nder Bewer­bun­gen – seit ger­aumer Zeit unbe­set­zt. Außer­dem wurde dem Wun­sch eines Mitar­beit­ers der Abteilung, Her­rn N…, auf Ver­set­zung zum Stan­dort des K… Fachk­linikums G… entsprochen. Zudem war hier eine weit­ere Stelle durch Kündi­gung frei gewor­den. Die (dauer­hafte) Ver­set­zung des Her­rn N… sowie das Frei­w­er­den eines weit­eren Arbeit­splatzes durch Kündi­gung sprechen dafür, dass hier nicht nur ein vorüberge­hen­der Mehrbe­darf an der Arbeit­sleis­tung von Frau B… bestand. Vielmehr bestand ein dauer­hafter Bedarf, diesen Arbeit­splatz zu beset­zen, um die Patien­ten­ver­sorgung in der Geron­topsy­chi­a­trie zu gewährleisten.

Damit erfol­gte die Über­las­sung der Frau B… nicht mehr nur „vorüberge­hend“ und ver­stößt daher gegen den Geset­zeszweck, einen dauer­haft beste­hen­den Arbeit­skräftebe­darf nicht durch den Ein­satz von Lei­har­beit­nehmern zu befriedigen.

Der Ver­stoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung begrün­det ein Zus­tim­mungsver­weigerungsrecht des Betrieb­srates gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die Zus­tim­mung war mithin nicht gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen.

(cc) Gle­ich­es gilt für die Ein­stel­lung der Frau C… (Antrag zu 4a)). Auch diese Ein­stel­lung ist keine vorüberge­hende Über­las­sung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

Dies ergibt sich hier bere­its aus dem Antragss­chreiben der Arbeit­ge­berin vom 21.12.2011, wonach Frau C… unbe­fris­tet ab dem 01.04.2012 eingestellt wer­den sollte. Aber unab­hängig davon, ob es sich hier­bei um einen (für den Betrieb­srat erkennbaren) Fehler han­delte und tat­säch­lich eine befris­tete Ein­stel­lung von zwei Jahren vorge­se­hen war, bestünde für diese kein sach­lich­er Befris­tungs­grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG. Frau C… wurde wed­er zur Vertre­tung eines Arbeit­nehmers eingestellt, noch han­delt es sich hier um einen lediglich vorüberge­hend beste­hen­den Mehrbe­darf gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 TzBfG. Die Arbeit­ge­berin ver­wies hier zur Begrün­dung darauf, dass die Stelle als Gesund­heits- und Krankenpflegerin für Inten­sivpflege und Anäs­the­sie durch einen Per­son­al­ab­gang frei gewor­den ist. Auch dies deutet let­ztlich darauf hin, dass hier ein Dauerbe­darf auf dem unstre­it­ig beste­hen­den Dauer­ar­beit­splatz beste­ht. Das heißt, selb­st nach Ablauf der behaupteten zwei­jähri­gen Befris­tungs­dauer beste­ht für die Beschäf­ti­gung der Arbeit­nehmerin weit­er­hin ein Bedarf.

Da die Ein­stel­lung der Frau C… gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung ver­stößt, bestand ein Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Die Zus­tim­mung war mithin nicht zu ersetzen.

Lei­har­beit­nehmerin D… (Antrag zu 5a)). Der Betrieb­srat kon­nte sich hier mit Erfolg auf den Zus­tim­mungsver­weigerungs­grund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Ver­stoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung berufen. Es liegt keine nur vorüberge­hende Über­las­sung vor. Auch bei hypo­thetis­ch­er Betra­ch­tung hätte der Arbeit­splatz bei Fes­te­in­stel­lung der Arbeit­nehmerin nicht wirk­sam gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG befris­tet wer­den kön­nen. Ein sach­lich­er Befris­tungs­grund liegt nicht vor. Die Stelle als Phys­io­ther­a­peutin war durch eine Langzeit­erkrankung des bish­eri­gen Stel­len­in­hab­ers mit anschließen­der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es endgültig frei gewor­den. Da es sich auch hier unstre­it­ig um einen Dauer­ar­beit­splatz han­delt, bestand ein dauer­hafter Bedarf zur Wiederbe­set­zung des Arbeit­splatzes. Es kommt wed­er eine Vertre­tung des bish­eri­gen Stel­len­in­hab­ers noch ein vorüberge­hen­der Mehrbe­darf in Betracht.

Vor diesem Hin­ter­grund war auch dies­bezüglich die Zus­tim­mung nicht zu ersetzen.

2. Die Anträge auf Fest­stel­lung, dass die vor­läu­fi­gen Ein­stel­lun­gen der Lei­har­beit­nehmerin­nen aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich sind (Anträge zu b)), waren zuläs­sig und begründet.

a) Ein Rechtss­chutz­in­ter­esse der Arbeit­ge­berin an der begehrten Fest­stel­lung ist zu beja­hen. Es ergibt sich aus § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG. Danach darf der Arbeit­ge­ber die vor­läu­fige per­son­elle Maß­nahme nur aufrechter­hal­ten, wenn er inner­halb von drei Tagen nach ablehnen­der Stel­lung­nahme des Betrieb­srates beim Arbeits­gericht die Erset­zung der Zus­tim­mung des Betrieb­srates und die Fest­stel­lung beantragt, dass die Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich war. Diese Voraus­set­zun­gen liegen hier vor.

Die Arbeit­ge­berin hat jew­eils den Betrieb­srat unverzüglich nach Ablehnung der Zus­tim­mungserteilung durch den Betrieb­srat von der vor­läu­fi­gen Durch­führung der per­son­ellen Maß­nahme unter­richtet, § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Sodann hat sie jew­eils unter Ein­hal­tung der Dre­itages­frist nach Bestre­it­en des Betrieb­srats, dass die Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich ist, beim Arbeits­gericht die Erset­zung der Zus­tim­mung des Betrieb­srates und die Fest­stel­lung beantragt, dass die Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich war.

b) Die Anträge sind nach Auf­fas­sung der Kam­mer auch begründet.

aa) Wie sich aus § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ergibt, darf das Arbeits­gericht den Fest­stel­lungsantrag nur zurück­weisen, wenn die vor­läu­fige Maß­nahme offen­sichtlich aus sach­lichen Grün­den nicht drin­gend erforder­lich war. Nach der ständi­gen Recht­sprechung des Bun­de­sar­beits­gerichts kommt es für die drin­gende Erforder­lichkeit der vor­läu­fi­gen Durch­führung ein­er Per­sonal­maß­nahme allein darauf an, ob es mit dem ord­nungs­gemäßen betrieblichen Ablauf zu vere­in­baren ist, dass der Arbeit­splatz etwa für län­gere Zeit unbe­set­zt bleibt. Das Merk­mal „offen­sichtlich“ in § 100 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfordert eine grobe Verken­nung der sach­lich betrieblichen Notwendigkeit der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Per­sonal­maß­nahme seit­ens des Arbeit­ge­bers, wobei von dessen Sicht im Zeit­punkt der Durch­führung der als dringlich ange­se­henen Maß­nahme auszuge­hen ist und nicht davon, wie sich die Sit­u­a­tion möglicher­weise auf­grund der weit­eren tat­säch­lichen Entwick­lung zeigt (BAG v. 06.10.1978, 1 ABR 51/77 sowie BAG v. 07.11.1977, 1 ABR 55/75). Ein Recht zur vor­läu­fi­gen Durch­führung der per­son­ellen Maß­nahme hat der Arbeit­ge­ber, wenn er als ver­ant­wor­tungs­be­wusster Arbeit­ge­ber im Inter­esse des Betriebes als­bald han­deln muss, die geplante Maß­nahme also keinen Auf­schub verträgt (Fit­ting, BetrVG, 23. Aufl., § 100, Rn. 4).

bb) Gemessen an diesen Grund­sätzen war in allen zu entschei­den­den Fällen die vor­läu­fige Durch­führung der Maß­nahme jeden­falls nicht offen­sichtlich aus sach­lichen Grün­den nicht drin­gend erforder­lich. Eine Zurück­weisung der Fest­stel­lungsanträge kam mithin nicht in Betracht.

Die Arbeit­ge­berin hat in allen Fällen nachvol­lziehbare Gründe dafür angegeben, dass die geplante Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin­nen keinen Auf­schub vertrug. Von ein­er groben Verken­nung der sach­lich betrieblichen Notwendigkeit der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Per­sonal­maß­nahme seit­ens der Arbeit­ge­berin im Zeit­punkt der Durch­führung der Maß­nahme kon­nte mithin nicht aus­ge­gan­gen werden.

(1) So war im Fall der Frau A… (Antrag zu 2b)) die Durch­führung der Maß­nahme aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich, weil diese Stelle zwin­gend für die Absicherung der sozialther­a­peutis­chen Ver­sorgung der Patien­ten beset­zt wer­den musste, nach­dem die eigentliche Stel­len­in­hab­erin Frau M… auf­grund von Zeit­en von Mut­ter­schutz und Elternzeit zeitweilig aus­ge­fall­en ist. Es wäre mit einem ord­nungs­gemäßen betrieblichen Ablauf nicht zu vere­in­baren gewe­sen, dass die Stelle als Sozialar­bei­t­erin für die Zeit des Aus­falls von Frau M…, jeden­falls bis zu ein­er recht­skräfti­gen Entschei­dung im Ver­fahren um die Zus­tim­mungser­set­zung, unbe­set­zt bleibt.

(2) Aber auch in den Fällen, in welchen eine Zus­tim­mungser­set­zung nicht vorzunehmen war (Frau B…, Frau C… und Frau D… (Anträge zu 3a-?5a)) waren die Fest­stel­lungsanträge (3b-?5b)) begründet.

Es kann jew­eils nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Arbeit­ge­berin unter grober Verken­nung der sach­lich betrieblichen Notwendigkeit die Ein­stel­lung der Lei­har­beit­nehmerin­nen vor­läu­fig durchge­führt habe. Auch hier wäre es mit einem ord­nungs­gemäßen betrieblichen Ablauf nicht zu vere­in­baren gewe­sen, dass die Arbeit­splätze jew­eils für län­gere Zeit, ins­beson­dere bis zu ein­er recht­skräfti­gen Entschei­dung im Zus­tim­mungser­set­zungsver­fahren, unbe­set­zt bleiben. In allen drei Fällen bestand drin­gen­der per­son­eller Bedarf auf den freige­wor­de­nen Dauer­ar­beit­splätzen. Die Stel­lenbe­set­zung war zwin­gend für die Absicherung der Ver­sorgung der Patien­ten und zur weit­eren Ver­mei­dung von Mehrar­beit und Über­stun­den des restlichen Per­son­als erforderlich.

Dass die Arbeit­ge­berin die drin­gende Erforder­lichkeit der Beset­zung der Stellen in miss­bräuch­lich­er Weise – wie der Betrieb­srat meint – her­beige­führt hätte, war nicht ersichtlich. Ins­beson­dere kon­nte auch der Argu­men­ta­tion des Betrieb­srats im Anhörung­ster­min vom 22.08.2012 nicht gefol­gt wer­den, wonach die Arbeit­ge­berin den vor­liegen­den – unstre­it­i­gen – drin­gen­den Bedarf nicht durch eine „geset­zeswidrige“ Beset­zung deck­en dürfte und insoweit eine Fes­te­in­stel­lung hätte vorgenom­men wer­den müssen. Ob eine Fes­te­in­stel­lung hätte vorgenom­men wer­den müssen oder eine zuläs­sige lediglich vorüberge­hende Über­las­sung von Lei­har­beit­nehmern im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG neue Fas­sung vor­liegt, ist eine Frage, welche im Zus­tim­mungser­set­zungsver­fahren zu klären ist. Die Frage, ob die vor­läu­fige Ein­stel­lung des Lei­har­beit­nehmers aus sach­lichen Grün­den drin­gend erforder­lich war, unter­liegt einem anderen Prü­fungs­maßstab. Hier kann auf die Aus­führun­gen unter 2., b), aa) Bezug genom­men werden.

Jeden­falls liegt keine grobe Verken­nung der sach­lich betrieblichen Notwendigkeit der vor­läu­fi­gen Durch­führung der Per­sonal­maß­nahme vor, da die Prob­lematik, wann nach der neuen Geset­zes­lage eine Über­las­sung nur vorüberge­hen­der Natur ist, noch nicht höch­strichter­lich entsch­ieden wurde. Die bish­erige dazu ergan­gene Recht­sprechung sowie die Auf­fas­sun­gen in der Lit­er­atur zeigen, dass man hier mit jew­eils guten Grün­den ver­schiedene Stand­punk­te ein­nehmen kann.

Somit ste­ht fest, dass alle vier Lei­har­beit­nehmerin­nen drin­gend auf den unbe­set­zten Stellen benötigt wur­den, da anson­sten die betrieblichen Abläufe zum Stock­en kämen und die geplante Ein­stel­lung also keinen Auf­schub vertrug. Den Fest­stel­lungsanträ­gen war mithin stattzugeben.