Gerichtlicher Vergleich im Verfahren zur Erlaubniserteilung zur Arbeitnehmerüberlassung? Geht doch!

Ken­ner wis­sen es: Vor Sozial­gericht­en wer­den äußerst sel­ten Ver­gle­iche geschlossen. Das liegt zum einen daran, dass Behör­den ungern die Ver­ant­wor­tung hier­für übernehmen und sich lieber ein­er neg­a­tiv­en Gericht­sentschei­dung beu­gen, als eine kon­struk­tive Ver­gle­ich­slö­sung anzus­treben. Und es führt zum anderen dazu, dass Sozial­gerichte nur äußerst sel­ten Ver­gle­iche vorschla­gen, denn sie wis­sen, dass es hierzu ohne­hin fast nie kommt.

Dass es auch anders laufen kann, kon­nten wir jüngst in einem Ver­fahren vor dem LSG Nor­drhein-West­falen fest­stellen. Der Fall war wie viele andere: Ein Per­sonal­dien­stleis­ter besaß erst ein Jahr die Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung und hat­te in dieser Zeit den einen oder anderen – weniger gravieren­den – Fehler began­gen. Deshalb wurde ihm durch die Bun­de­sagen­tur für Arbeit die Erlaub­nis ent­zo­gen. Das hierge­gen angestrengte Eil­ver­fahren vor dem Sozial­gericht Köln endete mit Unter­stützung von AMETHYST Recht­san­wälte erfol­gre­ich für den Per­sonal­dien­stleis­ter (Az. S 5 AL 159/24). Hierge­gen legte die Bun­de­sagen­tur für Arbeit jedoch Beschw­erde zum Lan­dessozial­gericht ein (- L 20 AL 76/24 B ER — ).

Nach einigem schrift­sät­zlichen Hin und Her fragte das Gericht proak­tiv an, ob nicht eine ver­gle­ich­sweise Lösung der Angele­gen­heit infrage komme. Dem stimmten über­raschen­der­weise bei­de Parteien, also auch die Bun­de­sagen­tur für Arbeit, zu. So kon­nte fol­gen­der (leicht gekürzter) Ver­gle­ich geschlossen werden:

  1. Die Antrags­geg­ner­in erteilt dem Antrag­steller vor­läu­fig die Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung für die Zeit vom 03.03.2024 bis zum 03.03.2025.
  2. Der Antrag­steller wird das im Wider­spruchsver­fahren vorgelegte Ver­tragsmuster beim kün­fti­gen Abschluss von Arbeitsverträ­gen mit Lei­har­beit­nehmern verwenden.
  3. Der Antrag­steller wird die von ihm ver­liehenen Lei­har­beit­nehmer kün­ftig vor jed­er Über­las­sung in Textform darüber informieren, dass und in welchem Zeitraum sie als Lei­har­beit­nehmer einge­set­zt werden.
  4. Der Antrag­steller wird die Über­las­sung von Lei­har­beit­nehmern in kün­fti­gen Verträ­gen mit Entlei­h­ern aus­drück­lich als „Arbeit­nehmerüber­las­sung“ beze­ich­nen, bevor der Lei­har­beit­nehmer über­lassen oder tätig wird. Er wird die Per­son des Lei­har­beit­nehmers durch namentliche Benen­nung im Über­las­sungsver­trag oder unter Bezug­nahme auf diesen Ver­trag konkretisieren. Der jew­eilige Über­las­sungszeitraum wird in dem Über­las­sungsver­trag angegeben.
  5. Der Antrag­steller wird Aus­fal­lzeit­en der Lei­har­beit­nehmer, in denen sie nicht in dem ver­traglich vere­in­barten Umfang einge­set­zt wer­den, zukün­ftig nach Maß­gabe der geset­zlichen Bes­tim­mungen vergüten und Gründe für etwaige Aus­fal­lzeit­en (z.B. unentschuldigte oder entschuldigte Fehlzeit­en) jew­eils schriftlich dokumentieren.
  6. Der Antrag­steller wird der Antrags­geg­ner­in nach Abschluss des Sem­i­nars „…“ , spätestens bis zum 30.09.2024, einen Nach­weis über die Teil­nahme an dem Sem­i­nar vorlegen.

 

Kommentar:

Geht doch! Man würde sich in der Prax­is öfter die Bere­itschaft der Parteien zu kon­struk­tiv­en Lösun­gen wün­schen. Das gilt natür­lich für die jew­eilige Erlaub­nis­be­hörde, genau­so aber für Gerichte, die Kraft ihrer Stel­lung und Autorität einen großen Ein­fluss auf die Parteien besitzen und hier­von im Dienst der Sache öfter Gebrauch machen soll­ten.
JH