20. Februar 2013
Dritte Auflage von “Zeitarbeit — Leitfaden für die Praxis” am 20. Februar 2013 erschienen
Aus der Praxis für die Praxis!
Auch in der 3. Auflage beantwortet das Buch die komplexen Rechtsfragen der Zeitarbeit mit einem konsequent auf die Praxis ausgerichteten Ansatz, ausgehend von tatsächlichen Handlungs‑, Problem- und Entscheidungsfeldern.
Neu in der 3. Auflage, u.a.: Tarifverträge über Branchenzuschläge / Fehlende Tariffähigkeit der CGZP: Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Folgen / Wegfall des Privilegs der „gemeinnützigen“ Arbeitnehmerüberlassung / Verbot der dauerhaften Überlassung / Drehtürklausel / Mindestlöhne in der Zeitarbeit / Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen des Kunden/ und geldwerter Vorteil / Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung
Die Autoren:
Prof. Dr. Wolfgang Böhm, Berlin;
Jörg Hennig, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin;
Dr. Cornelius Popp, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Erlangen
Lesen Sie hierzu ein Interview mit dem Mitherausgeber Prof. Dr. Böhm
Professor Wolfgang Böhm, Jahrgang 1939, promovierte 1971 an
der Universität Mannheim. Bis zur Emeritierung 2005 unterrichtete
er am Lehrstuhl für Arbeitsrecht an der Sozialakademie Dortmund,
von 2005 bis 2009 war er Wissenschaftlicher Leiter vom Deutschen
Institut Zeitarbeit (DIZ), Berlin. Professor Böhm arbeitet seit dem
Erlass des AÜG 1972 eng mit Verbänden und Unternehmen der
Zeitarbeit zusammen, ist geschätzter Referent auf Kongressen und
in Praktiker-Seminaren und hat zahlreich zum Thema veröffentlicht.
Seit der letzten Auflage des Buches „Zeitarbeit: Leitfaden für die Praxis“ sind zwei Jahre vergangen. Was hat sich in der Zwischenzeit getan?
Professor Wolfgang Böhm: In den letzten zwei Jahren hat sich hier mehr getan als in Jahrzehnten zuvor. Europäisches Recht ist nun auch bei der Arbeitnehmerüberlassung das Maß der Dinge. Allerdings ist die „klassische“ Zeitarbeit von der Umsetzung der EU-Zeitarbeitsrichtlinie noch am wenigsten betroffen. Zeitarbeitsunternehmen brauchten auch bislang schon eine Erlaubnis und wurden von der Arbeitsverwaltung überprüft. Ihr Kerngeschäft war von ihren Anfängen 1972 an die Bereitstellung von Interimspersonal. Das unterscheidet sie von sog. Personalführungsgesellschaften, deren Aufgabe es ist, den anderen Konzerngesellschaften auf Dauer das erforderliche Personal zur Verfügung zu stellen. Hier wird die neue Rechtslage, dass Arbeitnehmerüberlassung laut Gesetz vorübergehend erfolgt, zu Problemen führen.
Die BAG-Entscheidung, dass die mit der CGZP, also den Christlichen Gewerkschaften, abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, trifft naturgemäß nur Zeitarbeitsunternehmen, die diese Tarifverträge angewendet haben. Dort allerdings voll – bis hin zur Existenzbedrohung. Die Aufräumarbeiten sind noch längst nicht abgeschlossen. Deswegen wird diesem Thema in der Neuauflage breiter Raum gegeben. Gesellschafts- und Verbandspolitisch bei Weitem am spannendsten sind nach meiner Meinung jedoch die Tarifverträge über Branchenzuschläge.
Wie bewerten Sie die aktuellen Veränderungen in der Branche?
Professor Wolfgang Böhm: Die Tarifverträge über Branchenzuschläge sind Ergebnis einer langen Reise der Zeitarbeitsbranche in die bundesdeutsche Normalität. Das spezifisch deutsche partnerschaftliche Modell der Arbeitsbeziehungen beruht, salopp gesagt, darauf, sich zu einigen statt sich zu kloppen – ggf. bis zum bittren Ende. Das setzt voraus, dass die Sozialpartner sich gegenseitig akzeptieren, statt sich zu verteufeln. Das klingt banal, ist es aber nicht. Die bisherigen Tarifverträge Zeitarbeit waren Ergebnis eines faktischen Tarifzwangs:
entweder Anwendung eines Tarifvertrags oder Equal pay. Hier haben wir es zum ersten Mal mit freiwillig abgeschlossenen Tarifverträgen nach der Devise zu tun: Gibst du mir, geb’ ich dir. Die Lohnkosten der Zeitarbeitsunternehmen werden steigen. Aber Kundenbetriebsräte können den Einsatz von Zeitpersonal nicht mehr mit dem Argument blockieren, dass sie Lohndumping keinen Vorschub leisten wollen. Ganz nebenbei wird auch die Mär widerlegt, dass allein staatlich festgesetzte Mindestlöhne ein angemessenes Grundeinkommen sichern können.
Die Basis der Zeitarbeit hat sich also verändert. Die Anpassung daran wird ein Prozess sein und nicht von heute auf morgen geschehen. Aber man weiß jetzt, wo man steht und wohin die Reise geht. Ich würde sagen: eine gute Basis für die Anbieter und die Kunden von Zeitarbeit.
Das Buch „Zeitarbeit: Leitfaden für die Praxis“ ist aus der Praxis für die Praxis geschrieben. Wie werden Sie diesem gesetzten Anspruch im Buch gerecht und welche Zielgruppe sprechen Sie an?
Professor Wolfgang Böhm: Zur Zielgruppe kann ich sagen: Wir sprechen alle an, die als Anwälte, Personaler, Disponenten, Gewerkschafter, Betriebsräte etc. Fragen zur Zeitarbeit haben und keine rechtswissenschaftlichen Abhandlungen lesen wollen. Wir haben weder einen juristischen Kommentar geschrieben noch ein Lehrbuch nach dem wissenschaftlichen Muster: Begriff und Wesen, geschichtliche Entwicklung usw. – was für Praktiker im Arbeitsalltag auch nicht besonders hilfreich wäre. Wir orientieren uns an Handlungs- und potenziellen Konfliktfeldern, fragen z. B., welche Probleme in der Beziehung Anbieter/ Kunde auftreten können. Wo kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten mit einzelnen Mitarbeitern – von der Einstellung bis zum Ausscheiden? Was ist speziell für die Zeitarbeit bei Lohnsteuer und Sozialversicherung zu beachten etc.? Wir gehen also von Fragen aus, die sich Praktikern im betrieblichen Alltag stellen. Wir schauen uns also, kurz gesagt, die Rechtsbeziehungen an und fragen: Was könnte da zum Problem werden, was genau ist das Problem? Dann geben wir Empfehlungen, wie man damit umgeht.