17. August 2013

Der CGZP-Beschluss des BAG und seine Folgen

Einführung

Am 14.12.2010 hat­te das Bun­de­sar­beits­gericht der Tar­ifge­mein­schaft Christlich­er Gew­erkschaften für Zeitar­beit und Per­son­alSer­vice-Agen­turen (CGZP) die Tar­if­fähigkeit, also das Recht zum Abschluss von Zeitar­beit­star­ifverträ­gen, abge­sprochen. Die CGZP war als ein­er der Tar­if­part­ner in der Zeitar­beits­branche aufge­treten und hat­te Tar­ifverträge mit dem Arbeit­ge­berver­band mit­tel­ständis­ch­er Per­sonal­dien­stleis­ter e.V. (AMP) und seinen Rechtsvorgängern abgeschlossen, die als „Christliche Tar­ifverträge“ bekan­nt gewor­den sind. Folge des BAG-Beschlusses: Sämtliche durch die CGZP abgeschlosse­nen Tar­ifverträge sind nichtig! Die Kon­se­quen­zen dieser Entschei­dung trafen nicht nur einige wenige Per­sonal­dien­stleis­ter: Es sollen cir­ca 1.600 Fir­men gewe­sen sein, bei denen 200.000 Zeitar­beit­nehmer in Lohn und Brot standen, die die Tar­ifverträge der CGZP ange­wandt haben.

Arbeitsrechtliche Folgen

Die Fol­gen der Entschei­dung sind – fre­undlich aus­ge­drückt – unschön für die Zeitar­beit: Denn wer keinen wirk­samen Tar­ifver­trag anwen­det, ist nach dem Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­setz zum „Equal Treat­ment“ verpflichtet, muss seinen Arbeit­nehmern also genau den im Kun­den­be­trieb gezahlten Lohn (nach)entrichten, max­i­mal in den Gren­zen der geset­zlichen Ver­jährung von bis zu vier Jahren. Neben den Arbeit­nehmern möchte auch die Deutsche Renten­ver­sicherung ein Stück vom Kuchen abhaben und ver­langt von Zeitar­beits­fir­men Beitragsnachzahlun­gen auf diese Lohn­dif­feren­zen. Ins­ge­samt geht es dabei um geschätzte zwei Mil­liar­den EUR, wobei dieser Wert nach den Erfahrun­gen des Ver­fassers als deut­lich über­höht anzuse­hen ist. Lit­er­atur und Recht­sprechung stre­it­en lei­den­schaftlich über nahezu jeden Punkt der aufgezeigten Rechts­beziehun­gen. Das BAG hat­te mit seinem Beschluss weniger im Ergeb­nis, als vielmehr mit der von ihm gewählten Begrün­dung überrascht:

Die CGM, DHV und GÖD als Mit­glieder der CGZP hät­ten ihre Tar­if­fähigkeit der CGZP ein­er­seits nicht voll­ständig ver­mit­telt. An der voll­ständi­gen Ver­mit­tlung der Tar­if­fähigkeit dieser Einzel­gew­erkschaften fehle es, weil die Tar­ifzuständigkeit der CGZP sich nach ihrer Satzung aus dem Jahr 2009 auf Tar­ifverträge der Arbeit­nehmerüber­las­sung beschränke, während der Organ­i­sa­tions­bere­ich der Mit­glieds­gew­erkschaften deut­lich weit­er gezo­gen sei, sich näm­lich auch auf Arbeit­nehmer erstrecke, die nicht als Lei­har­beit­nehmer in frem­den Unternehmen einge­set­zt wür­den. Ander­er­seits gehe der Organ­i­sa­tions­bere­ich der CGZP über den ihrer Mit­glieder hin­aus, da der Organ­i­sa­tions­bere­ich der CGM, der DHV und der GÖD sich auf ihre jew­eili­gen Branchen, nicht aber auf die Arbeit­nehmerüber­las­sung als Ganzes wie bei der CGZP beziehe. Als Branchen ein­be­zo­gen seien lediglich bei der CGM Tätigkeit­en bei Met­al­lar­beit­ge­bern, bei der DHV kaufmän­nis­che und ver­wal­tende Berufe, während die GÖD nur für Arbeitsver­hält­nisse bei öffentlichen Arbeit­ge­bern zuständig sei.

Mit dieser Argu­men­ta­tion musste das BAG nicht die zuvor vielfach gestellte Frage beant­worten, ob die klas­sis­chen Voraus­set­zun­gen der Tar­if­fähigkeit von Einzel­gew­erkschaften, die vor allem in ihrer Mächtigkeit beste­hen, bei den in der CGZP vertrete­nen Gew­erkschaften vorliegen.

Tarifunfähigkeit in der Vergangenheit?

Der CGZP-Beschluss des BAG bezieht sich nicht nur auf die Gegen­wart, son­dern auch auf ver­gan­gene Zeiträume. Das LAG Berlin-Bran­den­burg hat am 9.1.2012 fest­gestellt, dass die CGZP auch im Zeit­punkt der jew­eils zuvor durch sie ver­ab­schiede­ten Satzun­gen am 29.11.2004, 19.6.2006 und 9.7.2008 nicht tar­if­fähig war und zu diesen Zeit­punk­ten keine Tar­ifverträge abschließen kon­nte. Die gegen diesen Beschluss ein­gelegte Nichtzu­las­sungs­beschw­erde hat der Erste Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts mit Beschluss vom 22.5.2012 (BAG 22.05.2012 — 1 ABN 27/12) zurückgewiesen.

Ausschlussfristen

Ausschlussfristen im Kundenbetrieb

Auf im Kun­den­be­trieb gel­tende ver­tragliche oder tar­i­fliche Auss­chlussfris­ten kann sich ein Arbeit­ge­ber zur Abwehr von Equal Pay-Forderun­gen nicht berufen, denn diese gehören nicht zu den „wesentlichen Arbeits­be­din­gun­gen“, die vom Equal Treat­ment-Anspruch erfasst wer­den (BAG v. 23.03.2011 — 3 Sa 579/09). Anders als noch das LAG München in der Vorin­stanz kon­nte das BAG in der Lei­har­beit­srichtlin­ie keinen Hin­weis auf die Berück­sich­ti­gung von Auss­chlussfris­ten im Kun­den­be­trieb find­en. Im Übri­gen seien Auss­chlussfris­ten kein inte­graler Bestandteil der wesentlichen Arbeits­be­din­gung „Arbeit­sent­gelt“, son­dern diese beträfen auss­chließlich die Art und Weise der Gel­tend­machung eines ent­stande­nen Entgeltanspruchs.

Ausschlussfristen und Verjährung im Zeitarbeitsunternehmen

Auss­chlussfris­ten begin­nen auch bei Equal Pay-Forderun­gen in dem Monat zu laufen, in dem der Arbeit­nehmer seine Arbeit­sleis­tung erbracht hat (BAG v. 13.03.2013 — ……..). Ansprüche auf Equal Pay ver­jähren inner­halb der geset­zlichen Ver­jährungs­frist. Diese begin­nt am Schluss des Jahres der Leis­tungser­bringung und nicht erst am 14.12.2010 zu laufen (BAG v. 13.03.2013 — …….. )