21. Oktober 2016
BSG — Anwendung der Zeitarbeitstarifverträge in Mischbetrieben zulässig
Das BSG hat am 12. Oktober 2016 — B 11 AL 6/15 R — bestätigt, dass auch “Mischbetriebe”, die nicht ausschließlich Arbeitnehmerüberlassung betreiben, die Tarifverträge der Zeitarbeit von iGZ und BAP anwenden dürfen. Es entzieht damit der jahrelang durch die Bundesagentur für Arbeit aus reiner Rechtsförmelei heraus vertretenen Gegenauffassung, die für nicht wenige Unternehmen zu einer existenzbedrohenden Belastung geworden ist, völlig zu Recht die Grundlage.
Das BSG hatte die Revision der Beklagten Bundesagentur für Arbeit gegen ein Urteil des LSG Hamburg — L 2 AL 64/13 - zurückgewiesen. Über dieses Urteil hatten wir bereits ausführlich berichtet.
Die Klägerin, ein “Mischbetrieb” durfte durch arbeitsvertraglich vereinbarte Anwendung der zwischen dem damaligen Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen (heute: Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister — BAP) und den DGB-Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge der Zeitarbeit vom Gleichbehandlungsgebot des AÜG abweichen. Als Mischunternehmen mit nicht überwiegender Arbeitnehmerüberlassung sei die Klägerin nicht von der im AÜG eröffneten Möglichkeit der Bezugnahme auf Tarifverträge ausgeschlossen, so das BSG. Wie das LSG zutreffend ausgeführt habe, komme es allein auf den durch die Tarifvertragsparteien bestimmten Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages an. Dass das AÜG darüber hinaus die überwiegende Arbeitnehmerüberlassung in einem Mischunternehmen voraussetze, treffe nicht zu. Denn der Wortlaut des § 3 Abs 1 Nr 3 S 3 AÜG knüpfe ? anders als § 6 Arbeitnehmerentsendegesetz ? nicht an ein Überwiegen an, und auch Sinn und Zweck des AÜG geböten nicht die Geltung des Überwiegensprinzips für nicht tarifgebundene Mischunternehmen. Ferner ist die Klägerin als Mischunternehmen nicht vom Geltungsbereich der konkret in Bezug genommenen Tarifverträge ausgeschlossen gewesen, denn auch deren Geltungsbereich setzt kein Überwiegen der Arbeitnehmerüberlassung voraus. Ob das Überwiegensprinzip als Auslegungsgrundsatz nach Aufgabe der Rechtsprechung zum Grundsatz der Tarifeinheit noch weiterhin heranzuziehen sei, könne hier dahinstehen. Denn wenn einem Tarifvertrag das Industrieverbandsprinzip erkennbar nicht zugrunde liegt, kann auch nicht angenommen werden, dass er auf den gesamten Betrieb Anwendung finden solle.