13. November 2012
Anspruch auf Arbeitszeitverringerung bei Arbeitszeitvorgaben des Kunden
BAG — 13.11.2012 — 9 AZR 259/11 | Am 13. November 2012 hat das BAG folgenden Fall entschieden: Der Kläger ist seit 1995 im Luftfahrtunternehmen der Beklagten mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden beschäftigt. 2008 überließ die Beklagte ihren Arbeitnehmer als Zeitarbeitnehmer an einen externen Kunden. Später verpflichtete sich die Beklagte gegenüber diesem Kunden, ausschließlich Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen. Der Kläger verlangt von der Beklagten, seine regelmäßige Wochenarbeitszeit auf zehn Stunden zu reduzieren. Die Beklagte macht geltend, die Arbeitszeitregelungen des Überlassungsvertrages stünden dem Verringerungsbegehren entgegen und verweigerte diesen Wunsch. Der Kläger wehrte sich dagegen und bekam vom BAG recht. Die Arbeitszeitbestimmungen des Überlassungsvertrages berechtigten die Beklagte nämlich nicht, den Verringerungswunsch des Klägers abzulehnen. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen. Zu der Möglichkeit, den Kläger – gegebenenfalls im Wege eines Ringtausches – auf einem anderen Arbeitsplatz in ihrem Unternehmen einzusetzen, hatte die Beklagte nichts vorgetragen.
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 31. Januar 2011 — 17 Sa 641/10 — aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2010 — 10 Ca 8611/09 — wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten, sein Angebot, die regelmäßige Jahresarbeitszeit zu verringern, anzunehmen.
Der Kläger ist seit 1994 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, tätig, zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 2. August 1995. Die von der Beklagten flexibel abzurufende Jahresarbeitszeit von 936 Stunden entspricht einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 18 Stunden. Die Beklagte, die regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, ist berechtigt, dem Kläger sämtliche Tätigkeiten im sogenannten „Basic Service 2“ zuzuweisen. Das von der Beklagten erstellte Tätigkeitsprofil eines Mitarbeiters im „Basic Service 2“ nennt folgende Tätigkeiten:
„Allgemein
Die Mitarbeiter arbeiten in allen Stationsbereichen zur wirtschaftlichen und servicegerechten Durchführung der Passagier‑, Gepäck‑, Informations‑, Lounge‑, Betreuungs- und Verkaufsprozesse.
Zu den Aufgaben gehören je nach Schwerpunkt u. a.:
Zuarbeit bei Einsteige- und Aussteigevorgängen; Betreuung alleinreisender Kinder und hilfsbedürftiger Passagiere; Betreuung von Gästen im Transit und Unterstützung beim Umsteigevorgang; Begleitung und Übergabe von zu betreuenden Fluggästen; Hilfe bei der Gepäckausgabe am Band; Hilfe beim Transport der Gepäckstücke; ggf. Durchführung des Personentransports nach Auftrag; Begleitung und Unterstützung bei Wartezeiten; Begleitung zum Abfluggate; Unterstützung bei der Weiterbeförderung; Hilfe beim Ordnen; Präsentieren der Reisedokumente gegenüber der Abfertigung, Cabin-Crew, Zoll etc.; einfache Unterstützung bei der Abfertigung am Gate; Unterstützung in der Loungebetreuung, Loungezugangskontrolle; Identifizierungen im Hauptzolllager; Zollgepäcksammellager; unterstützende Tätigkeiten bei Lost & Found; weitere unterstützende Tätigkeiten im Passagierbereich (z. B. Infoweitergabe, Ankunftsbetreuung, Einsteigehilfen, Übergepäck, bargeldloses Inkasso); ggf. Automatenbetreuung und Check-in von Charterpassagieren; Check-in von OAL-Passagieren (incl. LH‑R) nach Anleitung; Gate-Abschlussarbeiten; Common Check-in; sonstige einfachere Check-in Tätigkeiten, soweit sie auf den dezentralen Verkehr beschränkt sind; Drop-Off Schalter (incl. Ersatz Vollgepäckautomaten); Schlangensteuerung im Passagierbereich (steuern, beraten, informieren); Tätigkeiten bei Lost & Found (z. B. PIR-Aufnahme, OHD Lager) — nach Einweisung auch incl. einfacher IT Standardvorgänge.“
Im April 2007 stellte der Kläger einen Antrag auf Verringerung seiner Arbeitszeit auf durchschnittlich 14 Wochenstunden. Die Beklagte lehnte die vom Kläger gewünschte Verringerung seiner Arbeitszeit vor dem 1. August 2007 ab. Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 übertrug sie den Betreuungsdienst, dem ua. der Kläger zugeordnet war, auf die F GmbH. Auf der Grundlage eines zwischen der Beklagten und der F GmbH geschlossenen Vertrags zur Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz überließ die Beklagte die im Betreuungsdienst tätigen Mitarbeiter einschließlich des Klägers der F GmbH.
Im April 2009 traten die Beklagte und die F GmbH in Verhandlungen über die Forderung der F GmbH ein, dieser nur solche Arbeitnehmer der Beklagten zu überlassen, deren regelmäßige Arbeitszeit mindestens 20 Wochenstunden beträgt. Auf einem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Formular verlangte der Kläger unter dem 4. August 2009, seine Arbeitszeit ab dem 1. Dezember 2009 auf 10 Wochenstunden „im Jahres-?Durchschnitt“ bei weiterhin variabler Verteilung der Arbeitszeit zu verringern. Nach einer Erörterung mit dem Kläger lehnte die Beklagte, in deren Betrieb zu diesem Zeitpunkt ein anderer freier für den Kläger geeigneter Arbeitsplatz nicht vorhanden war, das Verringerungsbegehren des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2009 ab. Am 20. September 2009 verständigten sich die Beklagte und die F GmbH auf eine Mindestarbeitszeit der überlassenen Arbeitnehmer und vereinbarten am 20. November 2009 schriftlich eine Ergänzung zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, in der es ua. heißt:
„1. Der Verleiher stellt künftig sicher, dass ausschließlich Mitarbeiter mit einem Minimum von 18 Stunden pro Woche überlassen werden. Hiervon ausgenommen sind Leiharbeitnehmer, die bereits zum Abschluss dieser Ergänzungsvereinbarung mit einer vertraglichen Arbeitszeit von unter 18 Stunden an den Entleiher verliehen wurden
2. Der Entleiher kann vom Verleiher den Austausch der Mitarbeiter verlangen, deren arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit sich während der Arbeitnehmerüberlassung ändert mit der Folge, dass dieser die Voraussetzungen der Ziffer 1 nicht mehr erfüllt. …“
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Ergänzung des Überlassungsvertrags berechtige die Beklagte nicht, sein Verringerungsverlangen abzulehnen. Hätte die Beklagte seinem Wunsch pflichtgemäß entsprochen, hätte er zu dem in Ziff. 1 Satz 2 bestimmten Personenkreis gehört. Im Übrigen sei die Beklagte verpflichtet, ihm einen Arbeitsplatz außerhalb des Betreuungsdiensts mit verminderter Stundenzahl zuzuweisen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Reduzierung seiner Jahresarbeitszeit auf 520 Stunden anzunehmen
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Da der Überlassungsvertrag in seiner geänderten Form die F GmbH berechtige, von ihr den Austausch des Klägers zu verlangen, stünden dem Verringerungsverlangen betriebliche Gründe entgegen. Diese seien ausschließlich mit Bezug auf den Arbeitsplatz zu prüfen, den sie dem Kläger zugewiesen habe. Ihr obliege es nicht, den Kläger auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Zudem sei bei dem vom Kläger gewünschten Arbeitszeitumfang der Aufwand für Briefings, Meetings und Schulungen unverhältnismäßig hoch.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
1. Der Kläger war nicht gehalten, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden sollte. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Satz 1 ZPO als erteilt (BAG 13. Oktober 2009 — 9 AZR 910/08 — Rn. 12, AP TzBfG § 8 Nr. 29 = EzA TzBfG § 8 Nr. 25).
2. Dem Kläger oblag es nicht, den Klageantrag derart zu fassen, dass er Angaben zur Verteilung der Arbeitszeit enthält. Fehlen diese wie im Streitfall, so überlässt der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber, der sie in Ausübung seines Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen festlegen soll (BAG 13. Oktober 2009 — 9 AZR 910/08 — Rn. 15, AP TzBfG § 8 Nr. 29 = EzA TzBfG § 8 Nr. 25).
II. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG Anspruch darauf, dass die Beklagte der begehrten Verringerung der Arbeitszeit zustimmt.
1. Die allgemeinen Voraussetzungen für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit lagen zum Zeitpunkt des Änderungsverlangens des Klägers am 4. August 2009 vor.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, der Kläger habe den streitgegenständlichen Anspruch mit Schreiben vom 4. August 2009 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Unerheblich ist, dass der Kläger die Verringerung der Arbeitszeit zum damaligen Zeitpunkt auf Stundenbasis, im Klageverfahren aber auf Jahresbasis berechnet hat. Der Umfang der Arbeitszeitverringerung ist in beiden Fällen identisch. Die arbeitsvertragliche Jahresarbeitszeit des Klägers beträgt 936 Stunden. Dies entspricht nach dem Verständnis beider Parteien einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden. Auf dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Antragsformular beantragte der Kläger eine Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf 10 Stunden „im Jahres-?Durchschnitt“. Diesen Anspruch verfolgt der Kläger nunmehr im Klageweg, indem er die Reduzierung auf eine Jahresarbeitszeit von 520 Stunden geltend macht.
b) Auch die übrigen materiellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit waren erfüllt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten, die regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 Abs. 7 TzBfG), bestand länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG steht dem streitgegenständlichen Verringerungsanspruch nicht entgegen. Zwischen dem Verringerungsbegehren des Klägers aus dem Jahr 2007 und dem erneuten Verlangen vom 4. August 2009 liegen mehr als zwei Jahre. Die Beklagte lehnte die von dem Kläger unter dem 29. April 2007 beantragte Arbeitszeitverringerung vor dem 1. August 2007 ab. Der Kläger wahrte mit dem Antrag vom 4. August 2009 die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Der gewünschte Beginn der Vertragsänderung ist der 1. Dezember 2009. Die Zustimmung der Beklagten wird nicht gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG fingiert. Die Beklagte lehnte das Angebot des Klägers auf Vertragsänderung mit Schreiben vom 12. August 2009 und damit mehr als einen Monat vor dem 1. Dezember 2009 form- und fristgerecht ab.
c) Dem Anspruch des Klägers stand nicht entgegen, dass dieser bereits zum Zeitpunkt, zu dem er die Verringerung seiner Arbeitszeit begehrte, in Teilzeit mit einer flexiblen Jahresarbeitszeit beschäftigt war. § 8 TzBfG gilt auch für Teilzeitbeschäftigte (vgl. MüKoBGB/Müller-?Glöge 6. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 3; ErfK/Preis 13. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 7; HaKo-?TzBfG/Boecken 3. Aufl. § 8 Rn. 12; HWK/Schmalenberg 5. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 3; Laux in Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 86; Sievers TK-?TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 18). Da § 8 TzBfG die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit betrifft, erfasst diese Vorschrift auch flexible, auf längere Zeiträume erstreckte Arbeitszeitmodelle (vgl. HK-?ArbR/Ahrendt 2. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 9; Mengel in Annuß/Thüsing TzBfG 3. Aufl. § 8 Rn. 18), insbesondere Arbeitszeitmodelle, die eine flexible Jahresarbeitszeit vorsehen (Meinel/Heyn/Herms TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 26 mwN).
2. Betriebliche Gründe, die der vom Kläger beanspruchten Verringerung seiner Arbeitszeit gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG entgegenstanden, lagen entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts zum Zeitpunkt der Ablehnung des Verringerungsverlangens durch die Beklagte am 12. August 2009 nicht vor.
a) Das Landesarbeitsgericht hat unter Berufung auf Stimmen im arbeitsrechtlichen Schrifttum (ErfK/Preis § 8 TzBfG Rn. 4; Mengel in Annuß/Thüsing § 8 Rn. 3; Meinel/Heyn/Herms § 8 Rn. 31; Hanau NZA 2001, 1168, 1169) seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, bei der Prüfung, ob betriebliche Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG vorlägen, sei allein auf den Arbeitsplatz, den der Arbeitnehmer innehabe, nicht aber auf andere Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber ihm zuweisen könne, abzustellen. Maßgeblich sei im Streitfall deshalb allein der Arbeitsplatz des Klägers im Betreuungsdienst der F GmbH. Dieser Arbeitsplatz sei nicht weiter teilbar. Bereits zum Zeitpunkt, zu dem die Beklagte den Verringerungswunsch des Klägers abgelehnt habe, sei zu erwarten gewesen, dass sich die F GmbH auf die erst in der Folgezeit geschlossene Ergänzungsvereinbarung berufen werde. Diese lasse einen Einsatz des Klägers mit dem begehrten Stundenvolumen in dem Betrieb der F GmbH nicht zu.
b) Mit Recht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe den Rechtsbegriff der betrieblichen Gründe in entscheidungserheblicher Weise verkannt.
aa) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen. § 8 TzBfG gewährt nur einen Anspruch auf Verringerung der vereinbarten Arbeitszeit, aber keinen Anspruch auf die Änderung anderer Vertragsinhalte (vgl. Arnold/Gräfl/Lehnen TzBfG 3. Aufl. § 8 Rn. 8; HWK/Schmalenberg § 8 TzBfG Rn. 20), wie etwa die Änderung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit (vgl. Meinel/Heyn/Herms § 8 Rn. 31 mwN; Lorenz Die Verringerung der Arbeitszeit auf Wunsch des Arbeitnehmers S. 55).
bb) Bei den entgegenstehenden betrieblichen Gründen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist (BAG 13. Oktober 2009 — 9 AZR 910/08 — Rn. 20 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 29 = EzA TzBfG § 8 Nr. 25).
cc) Die Prüfung der entgegenstehenden betrieblichen Gründe ist regelmäßig in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und — wenn das zutrifft — um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen (dritte Stufe). Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber (BAG 13. Oktober 2009 — 9 AZR 910/08 — Rn. 21 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 29 = EzA TzBfG § 8 Nr. 25), der die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt (BAG 8. Mai 2007 — 9 AZR 1112/06 — Rn. 36 mwN, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18).
dd) Die betrieblichen Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG sind entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht arbeitsplatz-?, sondern betriebsbezogen zu bestimmen. Dies ergibt eine Auslegung der Vorschrift anhand der überkommenen Auslegungsgrundsätze.
(1) Bereits die Worte „betriebliche Gründe“ legen nahe, den gesamten Betrieb in den Blick zu nehmen. Die Vorschrift enthält weder das Tatbestandsmerkmal „Arbeitsplatz“ noch andere Begriffe, die auf einen Willen des Gesetzgebers schließen lassen, die Prüfung, ob betriebliche Gründe die vom Arbeitnehmer beantragte Verringerung der Arbeitszeit hindern, auf seinen Arbeitsplatz zu verengen.
(2) Das durch den Wortlaut indizierte Auslegungsergebnis wird durch den systematischen Zusammenhang, in den die Vorschrift eingebettet ist, bestätigt.
(a) Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegt ein betrieblicher Grund insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die Bestimmung konkretisiert den unbestimmten Rechtsbegriff der betrieblichen Gründe durch die — nicht abschließende — Aufzählung von Umständen, die der Arbeitgeber dem Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers entgegenzusetzen vermag. Auch in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG nimmt das Gesetz nicht auf den Arbeitsplatz, den der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Verringerungsverlangens innehat, Bezug. Der Prüfungsrahmen, den § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG vorgibt, ist denkbar weit. Die Mehrzahl der genannten Einwände, wie Organisation, Arbeitsablauf oder Sicherheit, weist einen Betriebsbezug auf.
(b) Auch der Vergleich mit der Regelung in § 9 TzBfG spricht für das Auslegungsergebnis. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, der ihm den Wunsch nach einer Verlängerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angezeigt hat, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen. Wenn ein Teil des Schrifttums daraus folgert, ein Arbeitnehmer, der eine Verringerung seiner Arbeitszeit begehrt, könne nicht verlangen, dass der Arbeitgeber ihm einen anderen freien Arbeitsplatz zuweist (vgl. Arnold/Gräfl/Lehnen § 8 Rn. 8; Hanau NZA 2001, 1168, 1169; MüKoBGB/Müller-?Glöge § 8 TzBfG Rn. 12 mwN), entscheidend sei allein, ob der vom Arbeitnehmer innegehabte Arbeitsplatz teilbar im Sinne von zeitlich reduzierbar sei (vgl. ErfK/Preis § 8 TzBfG Rn. 4), überzeugt diese Schlussfolgerung schon deshalb nicht, weil § 9 TzBfG anders als § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG ausdrücklich von einem freien Arbeitsplatz spricht.
(aa) Bei § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG fehlt es an der für diese Schlussfolgerung erforderlichen Kontraposition zu § 9 TzBfG. § 8 TzBfG verpflichtet den Arbeitgeber grundsätzlich, dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit zuzustimmen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Kontrahierungszwangs beschreibt das Gesetz ohne Rückgriff auf den Begriff des Arbeitsplatzes. Eine Ausnahme ordnet das Gesetz in § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG für die Fälle an, in denen dem Wunsch des Arbeitnehmers betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Vorschrift des § 9 TzBfG, die einem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit einräumt, setzt bereits ihrem Tatbestand nach voraus, dass im Betrieb des Arbeitgebers ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist (vgl. BAG 8. Mai 2007 — 9 AZR 874/06 — Rn. 20, BAGE 122, 235). Hier entpflichtet das Gesetz den Arbeitgeber ua. in den Fällen, in denen dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Die Intension des § 9 TzBfG ist demnach größer als die des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG, die Extension des § 9 TzBfG deshalb kleiner als die des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG. Dies verbietet rechtsmethodisch die Schlussfolgerung, der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG beziehe sich ausschließlich auf den bisherigen Arbeitsplatz. Die Verengung, die § 9 durch das Merkmal „Arbeitsplatz“ erfährt, hat seinen Grund in einem zusätzlichen Tatbestandsmerkmal, das der Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG fehlt. Der Begriff der entgegenstehenden (dringenden) betrieblichen Gründe erlangt bei § 9 — anders als bei § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG — erst in den Fällen Relevanz, in denen feststeht, dass ein freier Arbeitsplatz vorhanden ist.
(bb) Selbst wenn man von diesen methodischen Einwänden absieht, vermag der Vergleich mit § 9 TzBfG eine auf den Arbeitsplatz verengte Sichtweise nicht zu rechtfertigen. Wenn das Gesetz in § 9 TzBfG auf den Begriff des Arbeitsplatzes abstellt, § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG jedoch darauf verzichtet, wird daraus deutlich, dass der Prüfungsmaßstab beider Versagungsgründe verschieden ist. § 8 Abs. 4 TzBfG verlangt eine betriebsbezogene, § 9 TzBfG eine arbeitsplatzbezogene Prüfung entgegenstehender (dringender) betrieblicher Gründe.
(3) Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen diese Sichtweise. Der in den §§ 1 und 6 TzBfG normierte Gesetzeszweck, die Teilzeitarbeit zu fördern, verlangt eine möglichst weitgehende Flexibilisierung der Dauer der Arbeitszeit (vgl. BAG 18. August 2009 — 9 AZR 517/08 — Rn. 32, AP TzBfG § 8 Nr. 28 = EzA TzBfG § 8 Nr. 24). Könnte der Arbeitgeber das Verringerungsverlangen des Arbeitnehmers ablehnen, obwohl entsprechende Teilzeitarbeitsplätze, auf die der Arbeitnehmer im Wege des Direktionsrechts versetzt werden könnte, im Betrieb vorhanden sind, würde der Gesetzeszweck weitgehend verfehlt.
(4) Schließlich sind die praktischen Konsequenzen des Auslegungsergebnisses des Landesarbeitsgerichts unvereinbar mit der in § 1 TzBfG ausdrücklich festgehaltenen Zielsetzung des TzBfG, Teilzeitarbeit zu fördern. Arbeiten in einem Betrieb ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit reduzieren will, und ein mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigter Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit auf die eines Vollzeitbeschäftigten erhöhen will, könnte der Arbeitgeber, bezöge sich der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit ausschließlich auf den bisherigen Arbeitsplatz, das Verringerungsverlangen mit dem Argument, sein Arbeitsplatz sei nur mit einem Vollzeitarbeitnehmer zu besetzen, und den Verlängerungswunsch mit der Begründung ablehnen, es sei kein freier Arbeitsplatz vorhanden. Ein solches Ergebnis entspräche nicht dem in § 1 TzBfG ausdrücklich festgehaltenen Ziel der Förderung der Teilzeitarbeit.
(5) Soweit die Beklagte geltend macht, eine betriebliche Betrachtung mache die Darlegung eines entgegenstehenden betrieblichen Grundes für den Arbeitgeber unmöglich, hilft ihr dies nicht weiter. Der Senat hat schon bisher angenommen, dass bei der Prüfung, ob die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht, auch der Frage nachzugehen ist, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzepts mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann (BAG 16. März 2004 — 9 AZR 323/03 — zu B II 4 b der Gründe, BAGE 110, 45). Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, Inhalt, Ort und Zeit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung gemäß § 106 Satz 1 GewO näher zu bestimmen. Wenn er sich im Arbeitsvertrag ein weitreichendes Direktionsrecht vorbehält, schließt dieser Zugewinn an Flexibilität die Verpflichtung ein, einem Verringerungswunsch des Arbeitnehmers nachzukommen, wenn ihm dies kraft seines Weisungsrechts möglich ist.
(6) Auch der Einwand der Beklagten, die betriebliche Mitbestimmung erschwere es dem Arbeitgeber, abschließend zu beurteilen, auf welchen Arbeitsplatz der Arbeitnehmer wirksam versetzt werden könne, hat keinen Erfolg. Unterliegt die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes der betrieblichen Mitbestimmung, ist der Arbeitgeber gehalten, zumindest den Versuch zu unternehmen, die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. In dieser Hinsicht stellt sich die Rechtslage nicht anders dar, als wenn der Arbeitgeber den Verringerungswunsch des Arbeitnehmers unzulässigerweise allein mit der Begründung ablehnt, er wisse nicht, ob der Betriebsrat der Einstellung einer notwendigen Ersatzkraft zustimmen werde (vgl. hierzu BeckOK R/G/K/U/Bayreuther Stand 1. Juni 2012 TzBfG § 8 Rn. 55). Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es dem Arbeitgeber obliegt, die Zustimmung des Betriebsrats im Beschlussverfahren gerichtlich ersetzen zu lassen, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die Beklagte hat nicht versucht, die Zustimmung des Betriebsrats zur Beschäftigung des Klägers auf einem anderen Arbeitsplatz in ihrem Betrieb zu erhalten.
c) Unter Zugrundelegung eines betriebsbezogenen Prüfungsmaßstabs kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf dem Verringerungswunsch des Klägers entgegenstehende betriebliche Gründe berufen.
aa) Die Beklagte hat insbesondere kein Organisationskonzept dargelegt, das der Verringerung der Arbeitszeit des Klägers entgegensteht. Soweit sie darauf verweist, der bisherige Arbeitsplatz des Klägers lasse die von diesem gewünschte Verringerung seiner Arbeitszeit nicht zu, ist dieser Hinweis zur Darlegung entgegenstehender betrieblicher Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG unzureichend. Dies gilt auch für den pauschalen Einwand der Beklagten, in ihrem Betrieb sei ein freier Arbeitsplatz, der dem Verringerungswunsch des Klägers entspreche, nicht vorhanden. Der Arbeitgeber hat nicht nur freie, sondern auch Arbeitsplätze, die er anderen Arbeitnehmern zugewiesen hat, in seine Entscheidung einzubeziehen, ob er dem Antrag nach § 8 Abs. 1 TzBfG entsprechen kann.
bb) Die Beklagte hat nicht dargetan, ihr sei es trotz der vielfältigen Arbeitsaufgaben, die sie dem Kläger zuweisen kann, nicht möglich, durch die Umsetzung eines oder mehrerer Arbeitnehmer im Wege des Ringtauschs den Arbeitszeitwunsch des Klägers zu erfüllen, obwohl der Kläger bereits vor dem Arbeitsgericht die Ansicht vertreten hat, die Beklagte könne sich auf betriebliche Gründe iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG nur unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Direktionsrechts berufen, und das Arbeitsgericht angenommen hat, die Beklagte habe keine Tatsachen vorgetragen, die den Schluss zuließen, der begehrten Teilzeitbeschäftigung stünden für sämtliche vereinbarten Tätigkeiten betriebliche Gründe entgegen. Das von der Beklagten erstellte Tätigkeitsprofil „Basic Service 2“ schränkt die vom Kläger geschuldete Tätigkeit nicht auf den Betreuungsdienst bei der F GmbH ein. Die vielfältigen Aufgaben, die die Beklagte kraft ihres Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO dem Kläger zuweisen kann, umfassen solche in allen Stationsbereichen zur wirtschaftlichen und servicegerechten Durchführung der Passagier-?, Gepäck-?, Informations-?, Lounge-?, Betreuungs- und Verkaufsprozesse. Die Beklagte hat weder vorgetragen, dass sämtliche ihrer Mitarbeiter im „Basic Service 2“ als Leiharbeitnehmer bei der F GmbH beschäftigt sind, noch, dass es in ihrem Betrieb keine Stellen gebe, die dem Anforderungsprofil eines Mitarbeiters im „Basic Service 2“ entsprechen, noch, dass sie andere Mitarbeiter nicht auf die Stelle des Klägers versetzen könne. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, wonach die Beklagte unverhältnismäßig hohe Kosten, die bei einer Verringerung der Arbeitszeit des Klägers anfielen, nicht dargelegt hat, hat die Beklagte nicht mit Rügen angegriffen.
d) Da die Ergänzungsvereinbarung zum Überlassungsvertrag zwischen der Beklagten und der F GmbH für sich genommen keinen entgegenstehenden betrieblichen Grund iSd. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG darstellt, kann dahinstehen, ob entsprechend der Annahme des Landesarbeitsgerichts bereits zum Zeitpunkt, zu dem die Beklagte das Verringerungsbegehren ablehnte, zu erwarten war, dass sich die F GmbH auf das Austauschrecht gemäß Ziff. 2 der später geschlossenen Ergänzungsvereinbarung berufen werde.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.