Zugang von Kündigungen
Eine neue Entscheidung gibt es vom Bundesarbeitsgericht zum Zugang von Kündigungen bei Einwurf durch Boten in den Hausbriefkasten (Urteil vom 22. August 2019 – 2 AZR 111/19). Gerade am letzten Tag einer Kündigungserklärungsfrist kommt es auf jede Minute an: Wurde das Schreiben so rechtzeitig in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen, dass die Rechtsprechung noch von einem Zugang am Tage des Einwurfs ausgeht – oder ist es zu spät, und der Zugang wird erst am Folgetag fingiert? Folge ist dann oftmals eine einen Monat längere Kündigungsfrist mit entsprechender Zahlungsverpflichtung.
Die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte in dieser Frage variierte häufig. Anstatt sich auf feste Zeiten festzulegen, beschäftigten sich die Gerichte mit regionalen Gegebenheiten und fragten danach, wann mit der letzten Zustellung von Briefen zu rechnen sei. Dies sei regelmäßig auch der Zeitpunkt, bis zu dem die Kündigung für eine ordnungsgemäße Zustellung am selben Tag eingeworfen worden sein musste. Dieser grundsätzlichen Auffassung folgte das Bundesarbeitsgericht nun und weigerte sich, feste Zeiten zu akzeptieren. Stattdessen müsse jedes Gericht in jedem Einzelfall der Frage nachgehen, welche Zustellzeiten am Wohnort des Arbeitnehmers gelten.
AMETHYST-Kommentar
Die praxisferne Entscheidung behindert die Personalarbeit. Wenn das Bundesarbeitsgericht sich auf einen Zeitpunkt festgelegt hätte, wüssten alle Anwender genau, bis wann sie Kündigungsschreiben in die Briefkästen ihrer Arbeitnehmer einwerfen müssen. Bei der nun bestehenden Unsicherheit kann nur empfohlen werden, Schreiben jeweils schon am Vortag einzuwerfen oder – wenn dies nicht möglich ist – für den Zugang von Kündigungen spätestens gegen Mittag des laufenden Tages zu sorgen. Andernfalls kann es schon zu spät sein.