8. Juli 2013
Tarifwechsel
Wird in einem Arbeitsvertrag auf das einschlägige Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung verwiesen, ist der Arbeitgeber auch nach dem Austritt aus dem tarifschließenden Verband verpflichtet, die nach dem Ende der Verbandsmitgliedschaft abgeschlossenen Tarifverträge anzuwenden (BAG vom 22.10.2008 — 4 AZR 793/07). Das gilt jedenfalls dann, wenn sich aus dem Vertragswortlaut und den Umständen des Vertragsschlusses keine Anhaltspunkte für den Willen der Parteien ergeben, es solle nur eine Gleichstellung nicht organisierter mit organisierten Arbeitnehmern erfolgen und die vereinbarte Dynamik bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers entfallen — sog. Gleichstellungsabrede.
Das BAG setzt mit dieser Entscheidung die Linie fort, die es bereits in seinem Urteil vom 14. Dezember 2005 (4 AZR 536/04) angekündigt und im Urteil vom 18. April 2007 (4 AZR 652/05) erstmalig umgesetzt hatte. Danach ist eine Verweisung auf Tarifverträge regelmäßig als solche und nicht bloß als Gleichstellungsabrede auszulegen, mit der der Arbeitgeber tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern lediglich identische Löhne zahlen möchte. Der Unterschied zeigt sich bei einem Verbandsaustritt oder –wechsel des Arbeitgebers: Bei einer echten Gleichstellungsabrede kann mühelos ein neuer oder gar kein Tarifvertrag angewandt werden und Erhöhungen der bisherigen Tariflöhne werden nicht mehr an die Arbeitnehmer weiter gegeben. Anders ist dies bei der bloßen Inbezugnahme von Tarifverträgen. In diesem Fall gelten die Tarifverträge weiter – selbst wenn der Arbeitgeber den Verband zwischenzeitlich gewechselt haben sollte. Folge: Der Verbandswechsel bringt dem Arbeitgeber nichts mehr.
Für die Vertragspraxis ist umso mehr darauf zu achten, eine klare Linie zwischen Gleichstellungsabrede und echter Bezugnahmeklausel zu ziehen. Das gilt auch und besonders im Bereich der Zeitarbeit, wenn sich Zeitarbeitunternehmen den Wechsel zur Entlohnung nach werkvertraglichen Grundsätzen vorbehalten wollen.