20. Juni 2013

Betriebsbedingte Kündigung — Leiharbeitsverhältnis — Sozialauswahl

BAG — 20.06.2013 — 2 AZR 271/12 | Muss der Betreiber eines Zeitar­beit­sun­ternehmens betrieb­s­be­d­ingt Per­son­al abbauen, stellt sich regelmäßig die Frage, welche Arbeit­nehmer im Rah­men der Sozialauswahl zu berück­sichti­gen sind. Das BAG stellte zunächst klar, dass Lei­har­beit­nehmer auch während der Dauer der Über­las­sung an den Entlei­her dem Betrieb des Ver­lei­hers zuge­ord­net wer­den. Aus § 14 Abs. 1 AÜG gelte dies für die betrieb­sver­fas­sungsrechtliche Zuord­nung. Für die Sozialauswahl könne nichts anderes gel­ten. Zudem bestand im vor­liegen­den Fall die Beson­der­heit, dass der gekündigte Arbeit­nehmer nicht mehr im Betrieb des Entlei­hers einge­set­zt und von diesem beim Ver­lei­her abgemeldet wurde. Ent­ge­gen der Aufas­sung des Ver­lei­hers musste dieser im Rah­men der Sozialauswahl nicht nur die “ein­satzfreien” Arbeit­nehmer berück­sichti­gen, son­dern auch die im Ein­satz befind­lichen Arbeitnehmer.

Tatbe­stand

Die Parteien stre­it­en über die Wirk­samkeit ein­er betrieb­s­be­d­ingten Kündigung.

Die Beklagte betreibt gewerbliche Arbeit­nehmerüber­las­sung. In ihrer Nieder­las­sung Frank­furt am Main beschäftigte sie zulet­zt mehr als 100 Arbeit­nehmer. Die Nieder­las­sung hat­te zwei Kun­den, die K (K GmbH) und die L AG (L AG). Im Arbeit­nehmerüber­las­sungsver­trag mit der K GmbH war geregelt, dass die Beklagte dieser ab Juli 2010 unbe­fris­tet bis zu 150 Arbeit­nehmer als Hil­f­skräfte über­lasse. In der Rah­men­vere­in­barung mit der L AG war bes­timmt, dass auf deren Ver­lan­gen Mitar­beit­er unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen auszu­tauschen seien und unab­hängig davon ein Aus­tausch nur im Ein­vernehmen mit ihr vorgenom­men wer­den könne.

Der Kläger war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgän­gerin seit Okto­ber 2004 für ein durch­schnit­tlich­es Brut­tomonat­sent­gelt in Höhe von zulet­zt 1.500,00 Euro als Hil­f­skraft beschäftigt. Er war der K GmbH als Flugzeu­greiniger über­lassen und dort seit Juli 2010 als Vorar­beit­er eingesetzt.

Ende Sep­tem­ber 2010 erk­lärte ein Mitar­beit­er der K GmbH gegenüber dem Nieder­las­sungsleit­er der Beklagten, man benötige — ua. — den Kläger nicht mehr und melde ihn zum 8. Okto­ber 2010 ab. Mit Schreiben vom 30. Sep­tem­ber 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsver­hält­nis der Parteien zum 31. Dezem­ber 2010. Die K GmbH bestätigte die Abmel­dung mit E-?Mail vom 7. Okto­ber 2010. In der Fol­gezeit fragte die Beklagte bei der L AG an, ob bei ihr ein Ein­satz des Klägers in Betra­cht komme. Die L AG teilte mit, eine Umset­zung sei nicht durchführbar.

Gegen die Kündi­gung hat der Kläger rechtzeit­ig die vor­liegende Klage erhoben. Er hat gemeint, es fehle an einem drin­gen­den betrieblichen Erforder­nis für die Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es. Der Auf­trag über die Über­las­sung von 150 Arbeit­nehmern an die K GmbH beste­he nach wie vor. Diese habe zum 1. Jan­u­ar 2011 Neuaufträge gewon­nen. Außer­dem habe die Beklagte keine Sozialauswahl vorgenom­men, ins­beson­dere habe sie ihn nicht mit den weit­er­hin der K GmbH über­lasse­nen Arbeit­nehmern ver­glichen. Er sei schutzwürdi­ger als die von der Beklagten benan­nten ungekündigten Arbeit­nehmer. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe nur die Arbeitsver­hält­nisse der­jeni­gen Arbeit­nehmer gekündigt, die eine Betrieb­sratswahl ini­ti­iert hät­ten. Die Ini­tia­toren seien ihr namentlich bekan­nt gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzu­stellen, dass das zwis­chen den Parteien beste­hende Arbeits­ver­hältnis nicht durch die Kündi­gung vom 30. Sep­tem­ber 2010 aufgelöst wor­den ist;
  2. die Beklagte zu verur­teilen, ihn bis zum rechts­kräf­tigen Abschluss des Kündi­gungs­schutz­ver­fahrens zu unver­än­derten arbeits­ver­trag­lichen Bedin­gungen als Flugzeugrei­niger im Betrieb Frank­furter Flughafen weit­er zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auf­fas­sung vertreten, die Kündi­gung sei unter allen rechtlichen Gesicht­spunk­ten wirk­sam. Ihre Geschäfts­führerin habe im Sep­tem­ber 2010 die Entschei­dung getrof­fen, die Arbeitsver­hält­nisse mit den von der K GmbH namentlich abgemelde­ten Arbeit­nehmern zu kündi­gen. Die K GmbH habe den Kläger abgemeldet, weil kein Beschäf­ti­gungs­be­darf mehr für ihn vorhan­den gewe­sen sei. Bei ihr, der Beklagten, habe infolgedessen nicht nur eine kurzfristige Auf­tragslücke vorgele­gen. Sie habe wed­er neue Arbeit­nehmer eingestellt noch neue Kun­den anwer­ben kön­nen. Die Kündi­gungsentschei­dung erweise sich damit auch im Nach­hinein als richtig. An anderen Stan­dorten sei kein Arbeit­splatz frei gewe­sen. Eine Sozialauswahl sei nicht erforder­lich gewe­sen. Sie sei an die Wün­sche der K GmbH und der L AG gebun­den, bei Nicht­be­fol­gung dro­he ein Auf­tragsver­lust. Vor­sor­glich hat die Beklagte die Sozial­dat­en von neun Arbeit­nehmern angegeben, die mit dem Kläger ver­gle­ich­bar und weit­er­hin der K GmbH über­lassen seien. Die Beklagte hat bestrit­ten, dass die Kündi­gung in einem Zusam­men­hang mit der geplanten Betrieb­sratswahl ste­he. Sie habe nicht gewusst, wer für die Wahl kan­di­dieren werde.

Die Vorin­stanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revi­sion ver­fol­gt die Beklagte ihren Antrag weit­er, die Klage abzuweisen.

Entschei­dungs­gründe

Die Revi­sion ist unbe­grün­det. Das Lan­desar­beits­gericht hat die Kündi­gung vom 30. Sep­tem­ber 2010 zu Recht als sozial ungerecht­fer­tigt ange­se­hen (I.). Der Weit­erbeschäf­ti­gungsantrag fällt dem Sen­at nicht zur Entschei­dung an (II.).

I. Die Kündi­gung hat das Arbeitsver­hält­nis der Parteien nicht aufgelöst. Sie ist jeden­falls wegen fehler­hafter Sozialauswahl sozial ungerecht­fer­tigt iSd. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG. Ob die Beklagte hin­re­ichend dargelegt hat, dass im Zeit­punkt der Kündi­gung eine Ein­satzmöglichkeit für den Kläger auf Dauer nicht mehr bestand (zu den Anforderun­gen an die Dar­legung des Kündi­gungs­grun­des bei Weg­fall der Ein­satzmöglichkeit eines Lei­har­beit­nehmers, vgl. BAG 18. Mai 2006 — 2 AZR 412/05 — Rn. 18), bedarf kein­er Entscheidung.

1. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist eine Kündi­gung trotz Vor­liegens drin­gen­der betrieblich­er Erfordernisse iSd. Abs. 2 der Bes­tim­mung sozial ungerecht­fer­tigt, wenn der Arbeit­ge­ber bei der Auswahl des Arbeit­nehmers die Dauer von dessen Betrieb­szuge­hörigkeit, dessen Leben­salter, mögliche Unter­halt­spflicht­en und ggf. eine Schwer­be­hin­derung nicht oder nicht aus­re­ichend berück­sichtigt hat.

a) Der Arbeit­ge­ber hat in die Sozialauswahl diejeni­gen Arbeit­nehmer einzubeziehen, die objek­tiv miteinan­der ver­gle­ich­bar sind. Ver­gle­ich­bar sind Arbeit­nehmer, die — bezo­gen auf die Merk­male des Arbeit­splatzes — sowohl auf­grund ihrer Fähigkeit­en und Ken­nt­nisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen ver­traglich geschulde­ten Auf­gaben aus­tauschbar sind (st. Rspr., vgl. BAG 22. März 2012 — 2 AZR 167/11 — Rn. 19; 15. Dezem­ber 2011 — 2 AZR 42/10 — Rn. 41). Dies ist nicht nur bei iden­tis­chen Arbeit­splätzen der Fall, son­dern auch dann, wenn der Arbeit­nehmer auf­grund sein­er Tätigkeit und Aus­bil­dung die zwar andere, aber gle­ich­w­er­tige Tätigkeit ausüben kann (BAG 10. Juni 2010 — 2 AZR 420/09 — Rn. 31). An ein­er Ver­gle­ich­barkeit fehlt es, wenn der Arbeit­ge­ber den Arbeit­nehmer aus Rechts­grün­den nicht ein­seit­ig auf den fraglichen anderen Arbeit­splatz um- oder ver­set­zen kann (BAG 10. Juni 2010 — 2 AZR 420/09 — aaO; 2. März 2006 — 2 AZR 23/05 — Rn. 13). Die Sozialauswahl ist auf Arbeit­nehmer des­sel­ben Betriebs beschränkt (BAG 2. Juni 2005 — 2 AZR 158/04 — zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 82, 85; 15. Dezem­ber 2005 — 6 AZR 199/05 -?).

b) Dem Arbeit­ge­ber ste­ht bei der Gewich­tung der in § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ange­führten sozialen Grund­dat­en ein Wer­tungsspiel­raum zu. Dieser ist auch dann zu beacht­en, wenn er eine Sozialauswahl zunächst für ent­behrlich gehal­ten hat (BAG 7. Juli 2011 — 2 AZR 476/10 — Rn. 48; 10. Juni 2010 — 2 AZR 420/09 — Rn. 19). Auch wenn eine Sozialauswahl gar nicht oder method­isch fehler­haft durchge­führt wurde, ist die Kündi­gung nicht aus diesem Grund unwirk­sam, wenn mit der Per­son des Gekündigten gle­ich­wohl — und sei es zufäl­lig — eine objek­tiv vertret­bare Auswahl getrof­fen wurde. Der Arbeit­ge­ber braucht nicht die „best­mögliche“ Sozialauswahl vorgenom­men zu haben. Der ihm einzuräu­mende Wer­tungsspiel­raum führt dazu, dass sich nur deut­lich schutzwürdi­gere Arbeit­nehmer mit Erfolg auf einen Auswahlfehler berufen kön­nen (BAG 7. Juli 2011 — 2 AZR 476/10 — aaO; 2. Juni 2005 — 2 AZR 480/04 — Rn. 38, BAGE 115, 92).

c) Die Dar­legungs- und Beweis­last für die Fehler­haftigkeit der Sozialauswahl trägt gem. § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG der Arbeitnehmer.

2. Die Regelun­gen zur Sozialauswahl kön­nen wed­er durch einzelver­tragliche noch durch kollek­tivrechtliche Vere­in­barung abbedun­gen wer­den, auch nicht zugun­sten einzel­ner Arbeit­nehmer. Eine solche Regelung würde sich zu Las­ten ander­er Arbeit­nehmer auswirken (BAG 2. Juni 2005 — 2 AZR 480/04 — Rn. 34, BAGE 115, 92). § 1 Abs. 3 KSchG ste­ht aber solchen Ver­schlechterun­gen der kündi­gungsrechtlichen Posi­tion eines Arbeit­nehmers nicht ent­ge­gen, die sich aus ein­er zuläs­si­gen ver­traglichen Gestal­tung von Arbeits­be­din­gun­gen mit anderen Arbeit­nehmern ergeben. Allerd­ings darf die betr­e­f­fende Ver­trags­gestal­tung nicht rechtsmiss­bräuch­lich sein und allein Vorteile bei der Sozialauswahl bezweck­en (vgl. zur Anrech­nung ein­er an sich nicht anrech­nungs­fähi­gen früheren Beschäf­ti­gungszeit durch einzelver­tragliche Vere­in­barung, BAG 2. Juni 2005 — 2 AZR 480/04 — aaO).

3. Danach hat das Lan­desar­beits­gericht im Ergeb­nis zutr­e­f­fend angenom­men, die Beklagte habe soziale Gesicht­spunk­te bei der Auswahl des Klägers iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht aus­re­ichend berück­sichtigt. Es hat dabei die Dar­legungslast des Klägers nicht verkan­nt. Dieser hat gel­tend gemacht, die Beklagte habe eine Sozialauswahl zumin­d­est unter Ein­beziehung der von ihr benan­nten neun weit­er­hin bei der K GmbH einge­set­zten Arbeit­nehmer durch­führen müssen. Tat­säch­lich war er sozial deut­lich schutzwürdi­ger als zumin­d­est drei dieser Arbeit­nehmer. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Beklagten waren diese nicht deshalb nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil es wegen der „Abmel­dung“ des Klägers durch die K GmbH an der erforder­lichen Aus­tauschbarkeit gefehlt hätte.

a) Das Lan­desar­beits­gericht hat in diesem Zusam­men­hang angenom­men, es beste­he bere­its eine Ver­mu­tung dafür, dass die Beklagte soziale Gesicht­spunk­te bei der Auswahl des Klägers nicht aus­re­ichend berück­sichtigt habe. Sie gründe sich darauf, dass die Beklagte den über­wiegen­den Teil der Belegschaft aus betrieb­stech­nis­chen Grün­den generell von der Auswahl ausgenom­men habe. Diese Annahme ist nicht berechtigt. Die für sie als Beleg genommene Entschei­dung des Sen­ats (BAG 5. Dezem­ber 2002 — 2 AZR 697/01 — BAGE 104, 138) bet­rifft nicht die Regelung des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG, son­dern die Aus­nah­meregelung des § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Für § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG gilt eine solche Ver­mu­tung nicht.

b) Die Beklagte hat soziale Gesicht­spunk­te iSv. § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG deshalb nicht aus­re­ichend berück­sichtigt, weil sie zumin­d­est drei der mit dem Kläger ver­gle­ich­baren und im Ver­hält­nis zu ihm — im Kündi­gungszeit­punkt 42 Jahre alt, ver­heiratet, beschäftigt seit 1. Okto­ber 2004 — sozial deut­lich weniger schutzwürdi­gen Arbeit­nehmer nicht gekündigt hat. Dies gilt für den Arbeit­nehmer K — 32 Jahre alt, ver­heiratet, beschäftigt seit 27. Juli 2010 — sowie für die Arbeit­nehmerin­nen T — 27 Jahre alt, ver­heiratet, beschäftigt seit 12. Jan­u­ar 2010 — und S — 30 Jahre alt, ledig, beschäftigt seit 1. April 2010. Es bedarf kein­er Entschei­dung, ob sich die Beklagte darauf berufen kön­nte, der Kläger hätte auch unter Ein­beziehung dieser Arbeit­nehmer zur Kündi­gung ange­s­tanden. Sie hat nicht dargelegt, dass min­destens drei der gekündigten Arbeit­nehmer sozial schutzwürdi­ger gewe­sen seien als er (vgl. zur Auf­gabe der sog. Dominothe­o­rie bei Sozialauswahl nach einem Punk­tesys­tem, BAG 9. Novem­ber 2006 — 2 AZR 812/05 — BAGE 120, 137). Das ergibt sich auch nicht aus den von ihr mit­geteil­ten Sozial­dat­en der gekündigten Arbeit­nehmer. Damit ist davon auszuge­hen, dass sich eine Berück­sich­ti­gung der weniger schutzbedürfti­gen, nicht gekündigten Arbeitnehmer(innen) bei der Sozialauswahl zugun­sten des Klägers aus­gewirkt hätte.

c) Ein­er Ein­beziehung dieser Arbeit­nehmer in die Sozialauswahl stand nicht ent­ge­gen, dass sie nicht dem­sel­ben Betrieb ange­hört hät­ten wie der Kläger. Unab­hängig davon, ob über­lassene Lei­har­beit­nehmer im Entlei­her­be­trieb bei der Berech­nung der Betrieb­s­größe nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu berück­sichti­gen sein kön­nen (vgl. dazu BAG 24. Jan­u­ar 2013 — 2 AZR 140/12 -?), bleiben sie während der Zeit ihrer Arbeit­sleis­tung beim Entlei­her jeden­falls auch Ange­hörige des Betriebs des Ver­lei­hers. Für die betrieb­sver­fas­sungsrechtliche Zuord­nung stellt § 14 Abs. 1 AÜG dies klar. Für die Sozialauswahl gilt nichts anderes. Ein Betrieb ist die organ­isatorische Ein­heit, inner­halb der­er der Arbeit­ge­ber allein oder mit seinen Arbeit­nehmern durch Ein­satz tech­nis­ch­er und imma­terieller Mit­tel bes­timmte arbeit­stech­nis­che Zwecke fort­ge­set­zt ver­fol­gt, die sich nicht in der Befriedi­gung von Eigenbe­darf erschöpfen (BAG 15. März 2001 — 2 AZR 151/00 — Rn. 18; 21. Juni 1995 — 2 AZR 693/94 — Rn. 36). Da mit und in einem Betrieb mehrere Zwecke ver­fol­gt wer­den kön­nen, ist in erster Lin­ie auf die Ein­heit der Organ­i­sa­tion, nicht auf die Ein­heit der arbeit­stech­nis­chen Zweckbes­tim­mung abzustellen. Erforder­lich ist ein Leitungsap­pa­rat, um ins­beson­dere in per­son­ellen und sozialen Angele­gen­heit­en wesentliche Entschei­dun­gen selb­ständig tre­f­fen zu kön­nen (BAG 15. März 2001 — 2 AZR 151/00 — aaO; 23. Sep­tem­ber 1982 — 6 ABR 42/81 — BAGE 40, 163, 165 f.). Zum Betrieb des Ver­lei­hers gehören damit alle unter ein­er ein­heitlichen Leitung zusam­menge­fassten, zu dem Zweck ihrer Über­las­sung an Dritte beschäftigten Arbeit­nehmer. Der Betrieb umfasst nicht nur die ein­satzfreien, son­dern auch die im Ein­satz befind­lichen Arbeitnehmer.

d) Der Ein­beziehung der nach son­sti­gen arbeit­splatzbe­zo­ge­nen Kri­te­rien mit dem Kläger ver­gle­ich­baren Arbeit­nehmer stand eben­so wenig ent­ge­gen, dass die K GmbH diesen namentlich „abgemeldet“ hat­te. Die Beklagte war dadurch nicht gehin­dert, den Kläger gegen einen der übri­gen über­lasse­nen, sozial weniger schutzwürdi­gen Arbeit­nehmer auszu­tauschen. Ihr Recht zum Aus­tausch war wed­er durch ihren Ver­trag mit der K GmbH, noch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgeschlossen.

aa) Die Hauptleis­tungspflicht des Ver­lei­hers gegenüber dem Entlei­her beste­ht darin, einen arbeits­bere­it­en, den ver­traglich fest­gelegten Anforderun­gen entsprechen­den Arbeit­nehmer für die vere­in­barte Dauer zur Ver­fü­gung zu stellen. Diese Verpflich­tung entspricht regelmäßig ein­er — wenn auch auf die Auswahl ein­er Per­son, nicht ein­er Sache, gerichteten — „Gat­tungss­chuld“, auf die § 243 BGB entsprechende Anwen­dung find­et (Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 320; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 23; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 22). Ohne beson­dere Abrede ist der Ver­lei­her lediglich verpflichtet, einen iSv. § 243 Abs. 1 BGB fach­lich geeigneten, nicht aber einen bes­timmten Arbeit­nehmer zur Ver­fü­gung zu stellen (Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 328; Thüs­ing aaO). Aus dem Charak­ter der Arbeit­nehmerüber­las­sung als Dauer­schuld­ver­hält­nis fol­gt zwar, dass dem Entlei­her für die gesamte Laufzeit des Ver­trags ein geeigneter Lei­har­beit­nehmer zur Ver­fü­gung ste­hen muss (Schüren aaO; Ulber/D. Ulber AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23). Der Ver­lei­her hat aber grund­sät­zlich das Recht zum Aus­tausch, sofern dem nicht eine Vere­in­barung mit dem Entlei­her oder son­stige berechtigte Belange des Entlei­hers — wie etwa eine lange Einar­beit­szeit für unternehmensspez­i­fis­che Auf­gaben — ent­ge­gen­ste­hen (vgl. Brors in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 387; Schüren aaO; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27; Ger­makows­ki in Urban-?Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63). Soweit das Recht des Ver­lei­hers zu deren Aus­tausch nicht aus­geschlossen ist, sind daher in die Sozialauswahl im Ver­lei­her­be­trieb grund­sät­zlich auch diejeni­gen Arbeit­nehmer einzubeziehen, die Unternehmen zur Arbeit­sleis­tung auf ver­gle­ich­baren Arbeit­splätzen über­lassen sind (vgl. Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Sep­tem­ber 2012 Rn. 394).

bb) Nach ver­bre­it­eter Auf­fas­sung im Schrift­tum kann die Erset­zungs­befug­nis des Ver­lei­hers ver­traglich oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) aus­geschlossen sein (Ulber/D. Ulber AÜG AÜG 4. Aufl. § 12 Rn. 23; Ger­makows­ki in Urban-?Crell/Germakowski AÜG § 1 Rn. 63; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Mai 2013 Rn. 327; vgl. auch Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 27: zwar ver­tragliche Konkretisierung, nicht aber ver­traglich­er Auss­chluss möglich, allen­falls Auss­chluss nach § 242 BGB). Ohne Zus­tim­mung des Entlei­hers sei der Ver­lei­her in einem solchen Fall nicht zum Aus­tausch eines über­lasse­nen Lei­har­beit­nehmers berechtigt (Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand April 2012 Rn. 425; AnwK-?ArbR/Böhm 2. Aufl. Bd. 1 § 12 AÜG Rn. 9; Boemke BB 2006, 997, 998; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. Einl. Rn. 329; Thüsing/Thüsing AÜG 3. Aufl. § 12 Rn. 26). Die Über­las­sung eines anderen Lei­har­beit­nehmers stelle in diesem Fall keine Ver­tragser­fül­lung dar (Boemke BB 2006, aaO). Sei wiederum der Ver­lei­her im Ver­hält­nis zum Entlei­her nicht zum Aus­tausch eines über­lasse­nen Arbeit­nehmers berechtigt, ste­he dies dessen Ein­beziehung in eine Sozialauswahl im Ver­lei­her­be­trieb ent­ge­gen. Ein ver­traglich­er Auss­chluss der Aus­tauschbarkeit wird zum Teil schon dann angenom­men, wenn der Entlei­hver­trag die Über­las­sung eines bes­timmten, namentlich benan­nten Arbeit­nehmers vor­sieht (Dahl DB 2003, 1626, 1629; Sandmann/Marschall/Schneider AÜG Stand Sep­tem­ber 2012 Rn. 394).

cc) Ob dem zu fol­gen ist, kann im Stre­it­fall dahin­ste­hen. Die Beklagte musste die von ihr benan­nten, weit­er­hin bei der K GmbH einge­set­zten und objek­tiv ver­gle­ich­baren Arbeit­nehmer jeden­falls deshalb in die Sozialauswahl mit dem Kläger ein­beziehen, weil ihre Aus­tauschbarkeit wed­er ver­traglich noch nach Treu und Glauben aus­geschlossen war. Auf die Befug­nis, sie zu erset­zen, hat­te die Beklagte nach dem Über­las­sungsver­trag nicht verzichtet. Die Arbeit­nehmer waren dort auch nicht namentlich genan­nt. Aus dem Umstand, dass die K GmbH aus­drück­lich ger­ade den Kläger „abgemeldet“ hat­te, fol­gt nicht, dass die Beklagte ihn nach Treu und Glauben im Aus­tausch gegen einen der anderen Lei­har­beit­nehmer bei der K GmbH nicht mehr hätte ein­set­zen dür­fen. Die K GmbH hat­te den Kläger nach dem eige­nen Vor­brin­gen der Beklagten nicht deshalb abgemeldet, weil er sich etwa als nicht hin­re­ichend geeignet erwiesen oder sich rechtswidrig ver­hal­ten hätte. Grund für die „Abmel­dung“ war danach lediglich, dass es für ihn keinen Beschäf­ti­gungs­be­darf mehr gab. Daraus lässt sich nicht schließen, die K GmbH habe sich gegen einen weit­eren Ein­satz des Klägers als Per­son aus­ge­sprochen. Es ist nicht ersichtlich, dass son­stige Umstände diesen Schluss recht­fer­ti­gen kön­nten. Ob ein solch­er Wun­sch den weit­eren Ein­satz des Klägers bei der K GmbH tat­säch­lich hätte auss­chließen kön­nen, bedarf kein­er Entscheidung.

dd) Eben­so wenig muss entsch­ieden wer­den, ob im Ein­satz befind­liche Arbeit­nehmer wegen § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG schon dann nicht in eine Sozialauswahl beim Ver­lei­her einzubeziehen sind, wenn ihr Aus­tausch zwar nicht aus­geschlossen ist, der Entlei­her für diesen Fall aber mit einem Auf­tragsentzug dro­ht. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass trotz ihrer Erset­zungs­befug­nis ein Auf­tragsver­lust gedro­ht habe, wenn sie anstelle des Klägers einen der sozial weniger schutzwürdi­gen Arbeit­nehmer bei der K GmbH abge­zo­gen hätte. Allein aus der namentlichen „Abmel­dung“ des Klägers lässt sich dies nicht entnehmen.

II. Der Antrag auf vor­läu­fige Weit­erbeschäf­ti­gung ist dem Sen­at nicht zur Entschei­dung ange­fall­en. Das Kündi­gungss­chutzver­fahren ist recht­skräftig abgeschlossen.

III. Die Kosten des Revi­sionsver­fahrens hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.