BAG zur Erstattung einer Vermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich über die Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Regelung zu entscheiden. Dieser Regelung zufolge war der Arbeitnehmer verpflichtet, seiner Arbeitgeberin die Vermittlungsprovision an den Personaldienstleister zu erstatten, falls er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet. Das BAG urteilte, dass diese arbeitsvertragliche Regelung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei (Urteil v. 20.06.2023 – Az.: 1 AZR 265/22).
Erstattung der Provision durch den Arbeitnehmer nach Arbeitsvertrag
Der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeberin war durch die Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande gekommen. § 13 des Arbeitsvertrags sah vor, dass der Arbeitnehmer die von der Arbeitgeberin an den Personaldienstleister gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten habe, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Ablauf einer Frist von einem Jahr und zwei Monaten ende. Als Voraussetzung für die Erstattung legte der § 13 außerdem fest, dass das Arbeitsverhältnis – unter anderem – aus vom Arbeitnehmer „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde.
Der Arbeitnehmer beendete das Arbeitsverhältnis fristgerecht noch während der Probezeit und damit vor Ablauf der Frist des § 13 des Arbeitsvertrags. Daraufhin behielt die Arbeitgeberin unter Verweis auf diese Klausel einen Teilbetrag der für den Monat der Kündigung verrechneten Vergütung ein. Während der Arbeitnehmer die Zahlung dieses Teilbetrags verlangte, forderte die Arbeitgeberin die Erstattung der restlichen Vermittlungsprovision durch ihren ehemaligen Arbeitnehmer.
Die Entscheidung des BAG: keine wirksam vereinbarte Erstattungspflicht
Das BAG wies die Revision der Arbeitgeberin ab. Zunächst sei der § 13 des Arbeitsvertrags eine kontrollfähige Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Das sind solche vorformulierten Vertragsbedingungen, die nur einmalig verwendet werden und somit eigentlich nicht der gerichtlichen Kontrolle unterfallen. Dies ist dennoch der Fall, soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung keinen Einfluss auf den Inhalt der fraglichen Regelung nehmen konnte.
Inhaltlich bewertete das Bundesarbeitsgericht den § 13 des Arbeitsvertrags als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Daher sei die Regelung nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Zur Begründung führte das oberste Gericht in Arbeitssachen aus, dass der Arbeitnehmer durch den § 13 des Arbeitsvertrags in seinem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG beeinträchtigt würde.
Eine Rechtfertigung für diese Beeinträchtigung durch begründete Interessen der Arbeitgeberin läge nicht vor. Denn diese habe grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich die von ihr vorgenommenen finanziellen Aufwendungen zur Personalbeschaffung nicht „lohnen“ könnten, sofern der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beende. Ein billigenswertes Interesse der Arbeitgeberin, derlei Kosten auf den Arbeitnehmer zu übertragen, bestehe folglich nicht. Zugleich erhielte der Arbeitnehmer durch die Regelung auch keinen Vorteil, welcher die genannte Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könne.
Eine Volltextveröffentlichung liegt noch nicht vor. Die Pressemitteilung des BAG finden Sie hier.
Kommentar
Die Entscheidung überrascht wenig und ist auch korrekt. Wenn am Markt derzeit aufgrund des Fachkräftemangels hohe Provisionen für die Übernahme von Arbeitnehmern verlangt werden, freut das die Vermittler, sofern sie Arbeitskräfte haben, und es belastet das übernehmende Unternehmen. So ist das halt in der Marktwirtschaft, in der Angebot und Nachfrage die Preise bestimmen. Dafür kann aber die übernommene Person nichts, denn diese schließt den Vertrag mit dem Vermittler (bzw. dem Personaldienstleister) ja nicht selbst ab. Ihr dieses Risiko dennoch aufzubürden, wäre in der Tat unbillig.
Anders ist es z. B. bei Rückzahlungsvereinbarungen über Fortbildungskosten, die innerhalb gewisser Grenzen zulässig sind und bleiben. Denn hier haben die Arbeitnehmer einen Benefit, z. B. den, dass sie die Ausbildung auch bei anderen Arbeitgebern nutzen und somit später ein höheres Gehalt erzielen können. Dann ist eine Kostenbeteiligung rechtlich möglich.
AN