10. April 2013

Zustimmungsersetzung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern — Feststellung des dringenden Erfordernisses

Lan­desar­beits­gericht Berlin-Bran­den­burg - 10.04.2013 — 4 TaBV 2094/12 | Eine Über­las­sung von Arbeit­nehmern an Entlei­her erfol­gt nicht vorüberge­hend iSd. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die Arbeit­nehmerüber­las­sung ein rein­er Dauerbeschäf­ti­gungs­be­darf abgedeckt wird. Dies ergibt eine union­srechts-kon­forme Ausle­gung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG unter Berück­sich­ti­gung der RL 2008/104/EG des Europäis­chen Par­la­ments und des Rates vom 19. Novem­ber 2008 über Leiharbeit.

Wird ein Dauer­ar­beit­splatz mit Lei­har­beit­nehmern beset­zt, so ist uner­he­blich, für welchen Zeitraum der konkrete Lei­har­beit­nehmer einge­set­zt wird. Das Merk­mal “vorüberge­hend” ist insoweit arbeit­splatz- nicht per­so­n­en­be­zo­gen. Eine vorüberge­hend Über­las­sung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die konkrete Per­son des Lei­har­beit­nehmers wech­selt, soweit der Arbeit­ge­ber den Arbeit­skräftebe­darf auf einem Dauer­ar­beit­splatz auss­chließlich mit Lei­har­beit­nehmern deckt.

Durch das Ver­bot, Lei­har­beit­nehmer auf Dauer­ar­beit­splätzen einzuset­zen, wird nicht die durch die RL 2008/104/EG bezweck­te Flex­i­bil­ität der Arbeit­ge­ber durch Lei­har­beit eingeschränkt. Entsprechend kön­nen Lei­har­beit­nehmer dann auf Dauer­ar­beit­splätzen beschäftigt wer­den, wenn dies zB auf­grund eines konkreten Vertre­tungs­be­darfs für den auf dem Dauer­ar­beit­splatz beschäftigten Arbeit­nehmer erforder­lich ist. Eben­sowenig ist für die Beschäf­ti­gung eines Lei­har­beit­nehmers stets ein sach­lich­er Grund iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG zu fordern; vielmehr reicht die nor­male Unsicher­heit über Auf­tragss­chwankun­gen aus, ohne dass ein konkreter vorüberge­hen­der Bedarf iSd. § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG dargelegt wer­den müsste.

§ 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Ver­bot­snorm im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.