13. Juli 2017

Neue Branchen­zuschlags­tarif­verträge in der Metall- und Elektroindustrie sowie in der Chemieindustrie

Nach­dem die Erk­lärungs­frist am 31. Mai 2017 ver­strichen ist, sind die Tar­ifverträge über Branchen­zuschläge für Arbeitnehmer­überlassungen in der Met­all- und Elek­troin­dus­trie (TV BZ ME) sowie in der Chemis­chen Indus­trie (TV BZ Chemie) rück­wirk­end zum 1. April 2017 in Kraft getreten.
Hier die wesentlichen Änderungen:

 

1. Zusätzliche sechste Branchenzuschlagsstufe

Es wird eine 6. Zuschlagsstufe in Höhe von 65 % auf die Grund­vergü­tung einge­führt. Dieser Zuschlag ist nach dem 15. vol­len­de­ten Ein­satz­monat zu zahlen. Mit Erre­ichen dieses Zuschlages ist das „gle­ich­w­er­tige Arbeit­sent­gelt“ i.S. des § 8 Absatz 4 Satz 2 Nr. 1 AÜG erre­icht. Es kann also statt des geset­zlichen Equal Pay bis zum Ende der Ein­satz­dauer (geset­zlich 18 Monate oder länger durch Aus­nah­meregelun­gen) gezahlt werden.

 

2. Übergangsregelungen

Bezüglich der 6. Stufe enthält § 6 TV BZ ME eine Über­gangsregelung. Zwar zählen Ein­satzzeit­en, die vor dem 01.04.2017 zurück­gelegt wer­den, grund­sät­zlich für die Berech­nung der Ein­satz­dauer mit. Die sech­ste Stufe wird jedoch früh­estens zum 1. Jan­u­ar 2018 erre­icht. Das heißt, dass Mitar­beit­er, die am 1. April 2017 schon mehr als 15 Monate in einem Unternehmen im Ein­satz waren und daher eigentlich bere­its Anspruch auf die 6. Stufe hät­ten, noch bis zum 1. Jan­u­ar 2018 warten müssen.

Neu fest­gelegt wurde, dass die erste Stufe nach 6 Wochen – unab­hängig von ein­er möglichen Deck­elungsregelung – an die Arbeit­nehmer weit­ergegeben wer­den muss, und zwar auch unab­hängig von der Höhe des durch den Kun­den gezahlten Arbeit­sent­gelts. Offen ist, ob der Arbeit­nehmer diesen Zuschlag von 15% in voller Höhe erhal­ten muss oder ob auch eine Deck­elung auf einen gerin­geren Zuschlag entsprechend der bish­eri­gen Regelung möglich ist (z. B. nur auf 1 %). Auszuschließen ist die let­zt­ge­nan­nte Ausle­gung zwar nicht, der Wort­laut der Regelung spricht ander­er­seits dafür, dass der Anspruch auf den vollen Zuschlag beste­ht. Wir hal­ten derzeit bei­de Auf­fas­sun­gen für vertretbar.

 

3. Deckelungsregelung (§ 2 Absatz 5 TV BZ ME)

Die Deck­elungsregelung unter­schei­det zwis­chen ein­er Über­las­sung bis zu 15 Monat­en und ein­er Über­las­sung von mehr als 15 Monaten.

Die bish­erige Deck­elungsregelung bleibt für die ersten 15 Monate des unun­ter­broch­enen Ein­satzes im Grund­satz beste­hen. Ins­beson­dere kann weit­er­hin auf das laufende regelmäßige Stun­de­nent­gelt „gedeck­elt“ wer­den. Außer­dem ist in den ersten 15 Monat­en weit­er­hin der pauschale Abzug von 10 % möglich. Ab dem 16. Ein­satz­monat kann der Branchen­zuschlag nur noch auf das Arbeit­sent­gelt „gedeck­elt“ wer­den. Dies entspricht dem geset­zlichen Equal Pay und umfasst damit neben dem Stun­de­nent­gelt und den Zula­gen und Zuschlä­gen auch Ein­malzahlun­gen und Sachleistungen.

Die neue Deck­elungsregelung ab dem 16. Monat und die 6. Stufe des Branchen­zuschlags gel­ten erst ab dem 1. Jan­u­ar 2018.

 

4. Berechnung der Einsatzdauer: Nun ist das Unternehmen maßgeblich, nicht mehr der Einsatzbetrieb

Bish­eriger Bezugspunkt für die Berech­nung der Ein­satz­dauer war der Betrieb des Kun­den. Das soll zukün­ftig jedoch, entsprechend der geset­zlichen Regelung zur Höch­stüber­las­sungs­dauer, der „Entlei­her“ (also das Unternehmen) sein. Obwohl die Worte „Kun­den­be­trieb“ im Tarif­text weit­er genan­nt wer­den, ist bei der Berech­nung der jew­eili­gen Ein­satz­dauer also tat­säch­lich von dem Unternehmen auszuge­hen. Das stellt nun die Pro­tokoll­no­tiz Nr. 1 klar.

Diese Änderung hat nicht nur Auswirkun­gen auf die Berech­nung der Ein­satz­dauer, son­dern u. U. auch auf die Ermit­tlung der Branchen­zuge­hörigkeit. Der Ein­satz in einem Betrieb ein­er unternehmensfrem­den Branche würde nun also der Branche des Unternehmens zugerech­net wer­den oder kön­nte zukün­ftig zuschlags­frei werden.

Beispiel: Ist die Kan­tine eines Auto­mo­bil­her­stellers ein selb­st­ständi­ger Betrieb im Unternehmen des Her­stellers, ist der Ein­satz in diesem Bere­ich zukün­ftig zuschlagspflichtig.

Hin­weis:
Alle Ein­sätze in solchen Unternehmen sind somit zu über­prüfen und ggf. neu zu bewerten!
Die Pro­tokoll­no­tiz stellt klar, dass die Zeit­en vor dem 1. April 2017 unberück­sichtigt bleiben. Für die Zeit vor dem 1. April 2017 wird also der Betriebs‑, im Anschluss dann der Unternehmens­bezug gewählt.

 

5. Unterbrechungszeiten: Anpassung an die neue gesetzliche Regelung 

Die Unter­brechungsregelung (§ 2 Absatz 2 TV BZ ME) ist an die geset­zliche Regelung (vgl. § 8 Absatz 4 Satz 4  AÜG) angepasst wor­den. Bish­er führte bere­its eine Unter­brechung von drei Monat­en zu ein­er Null­stel­lung der Ein­satz­dauer. Auf­grund der geset­zlichen Vor­gaben ist dies kün­ftig immer erst ab drei Monat­en und einem Tag der Fall.

 

6. Inkrafttreten und Anrechnung früherer Einsatzzeiten 

Der neue TV BZ ME 2017 tritt rück­wirk­end zum 1. April 2017 in Kraft. Die bis zum 31. März 2017 beste­hen­den Ein­satzzeit­en wer­den anerkan­nt (vgl. jedoch die Aus­nahme bei der Über­gangsregelung bezüglich der 6. Stufe, die erst zum 1. Jan­u­ar 2018 in Kraft tritt).

7. Zusätzliche Besonderheiten beim TV BZ Chemie 

Neue Branchen­zuschläge in den Ent­gelt­grup­pen 6–9
Der TV BZ Chemie enthält erst­mals Branchen­zuschläge für die Ent­gelt­grup­pen 6–9. Die Branchen­zuschläge betra­gen in diesen Entgeltgruppen:

- nach der sech­sten vol­len­de­ten Woche 4 %
— nach dem drit­ten vol­len­de­ten Monat 6 %
— nach dem fün­ften vol­len­de­ten Monat 8 %
— nach dem siebten vol­len­de­ten Monat 16 %
— nach dem neun­ten vol­len­de­ten Monat 20 %
— nach dem fün­fzehn­ten vol­len­de­ten Monat 24 %.

Mit der let­zten Stufe der Branchen­zuschläge nach dem fün­fzehn­ten vol­len­de­ten Monat wird ein „gle­ich­w­er­tiges Arbeit­sent­gelt“ gemäß § 8 Absatz 4 AÜG erreicht.
Für die Zuschlagsstufen der Ent­gelt­grup­pen 6–9 gilt bis zum Ende des Jahres 2017 abwe­ichend von § 2 Abs. 3 eine Zuschlagsstufe nach dem Ablauf von sechs Wochen in Höhe von 1 %.