12. Februar 2014
Finnische Arbeitsgerichtsvorlage an EuGH gefährdet Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU/CSU zur Zeitarbeit
Ein finnisches Arbeitsgericht hat ein Vorabentscheidungsersuchen zur Zeitarbeit beim Europäischen Gerichtshof eingereicht, das die Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU/CSU zur Zeitarbeit gefährden könnte. Der EuGH wird im Rahmen dieser Vorlage nämlich auch über die Absicht der GroKo entscheiden, die Höchsteinsatzdauer eines Zeitarbeitnehmers auf 18 Monate zu beschränken und ihm zusätzlich bereits nach 9 Monaten eine finanzielle Gleichstellung mit Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb (Equal Pay) zu gewähren.
Diese Vorlage hat es in sich! Denn der Europäische Gerichtshof muss nun entscheiden, ob die Zeitarbeit überhaupt gesetzlich eingeschränkt werden darf (z. B. auf eine Höchstüberlassungsdauer, Arbeitsspitzen etc.), und wenn ja, in welchem Umfang. Je nach Entscheidung könnte der Inhalt der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU/CSU zur Zeitarbeit richtlinienkonform sein oder eben nicht. Die Frage ist weiter, ob die Koppelung aus Höchstüberlassungsdauer und Equal-Pay-Verpflichtung, die in dem Koalitionsvertrag vorgesehen ist, möglicherweise überhaupt nicht umsetzbar ist.
Rechtlich geht es darum, ob die seit 2008 in Deutschland geltende Leiharbeitsrichtlinie auch Unternehmen oder nur Arbeitnehmer schützen soll. Kern dieser Richtlinie ist der Flexicurity-Gedanke, wonach ein fairer Ausgleich zwischen der Flexibilität der Arbeitgeber (flexibility) und dem Arbeitnehmerschutz (security) hergestellt werden soll. Die Berücksichtigung der Interessen nur einer Seite verbietet die Richtlinie dagegen. Wo genau aber liegt die Grenze zwischen zulässiger Gewichtung und unzulässiger Übergewichtung bestimmter Interessen? Das wird der EuGH beantworten und damit auch die Absicht der GroKo beeinflussen, Equal Pay und Höchstüberlassungsdauer kombiniert einzuführen und damit Arbeitnehmerinteressen einseitig aufzuwerten. Andersherum ist zu fragen, ob nicht entweder Equal Pay oder eine Höchstüberlassungsdauer allein ausreichend Schutz für Arbeitnehmer garantiert hätte bei angemessener Beachtung der Arbeitgeberinteressen.
Auch die weiteren Vorlagefragen sind von großem Interesse, betreffen jedoch eher Verfahrensaspekte : Fragen wie Besteht eine Handlungspflicht des Staates, Tarifverträge auf Richtlinienkonformität zu überprüfen? oder Inwieweit dürfen Gerichte selbst Tarifverträge auf Richtlinienkonformität überprüfen? sind für die Fachwelt von ebenso großem Interesse.
Hier die Vorlagefragen in der Rechtssache C‑533/13 (eingereicht am 09.10.2013):