19. Januar 2017

BSG – Anwendung der Zeitarbeitstarifverträge in Mischbetrieben zulässig

Das BSG hat am 12. Okto­ber 2016 — B 11 AL 6/15 R - bestätigt, dass auch “Mis­ch­be­triebe”, die nicht auss­chließlich Arbeit­nehmerüber­las­sung betreiben, die Tar­ifverträge der Zeitar­beit von iGZ und BAP anwen­den dür­fen. Es entzieht damit der jahre­lang durch die Bun­de­sagen­tur für Arbeit aus rein­er Rechts­förmelei her­aus vertrete­nen Gege­nauf­fas­sung, die für nicht wenige Unternehmen zu ein­er exis­tenzbedro­hen­den Belas­tung gewor­den ist, völ­lig zu Recht die Grundlage.

Das BSG hat­te die Revi­sion der Beklagten Bun­de­sagen­tur für Arbeit gegen ein Urteil des LSG Ham­burg — L 2 AL 64/13 - zurück­gewiesen. Über dieses Urteil hat­ten wir bere­its aus­führlich berichtet.

Die Klägerin, ein “Mis­ch­be­trieb” durfte durch arbeitsver­traglich vere­in­barte Anwen­dung der zwis­chen dem dama­li­gen Bun­desver­band Zeitar­beit Per­son­al-Dien­stleis­tun­gen (heute: Bun­de­sar­beit­ge­berver­band der Per­sonal­dien­stleis­ter — BAP) und den DGB-Gew­erkschaften geschlosse­nen Tar­ifverträge der Zeitar­beit vom Gle­ich­be­hand­lungs­ge­bot des AÜG abwe­ichen. Als Mis­chunternehmen mit nicht über­wiegen­der Arbeit­nehmerüber­las­sung sei die Klägerin nicht von der im AÜG eröffneten Möglichkeit der Bezug­nahme auf Tar­ifverträge aus­geschlossen, so das BSG. Wie das LSG zutr­e­f­fend aus­ge­führt habe, komme es allein auf den durch die Tar­ifver­tragsparteien bes­timmten Gel­tungs­bere­ich des jew­eili­gen Tar­ifver­trages an. Dass das AÜG darüber hin­aus die über­wiegende Arbeit­nehmerüber­las­sung in einem Mis­chunternehmen voraus­set­ze, tre­ffe nicht zu. Denn der Wort­laut des § 3 Abs 1 Nr 3 S 3 AÜG knüpfe ?  anders als § 6 Arbeit­nehmer­entsendege­setz ? nicht an ein Über­wiegen an, und auch Sinn und Zweck des AÜG geböten nicht die Gel­tung des Über­wiegen­sprinzips für nicht tar­ifge­bun­dene Mis­chunternehmen. Fern­er ist die Klägerin als Mis­chunternehmen nicht vom Gel­tungs­bere­ich der konkret in Bezug genomme­nen Tar­ifverträge aus­geschlossen gewe­sen, denn auch deren Gel­tungs­bere­ich set­zt kein Über­wiegen der Arbeit­nehmerüber­las­sung voraus. Ob das Über­wiegen­sprinzip als Ausle­gungs­grund­satz nach Auf­gabe der Recht­sprechung zum Grund­satz der Tar­ifein­heit noch weit­er­hin her­anzuziehen sei, könne hier dahin­ste­hen. Denn wenn einem Tar­ifver­trag das Indus­trie­ver­band­sprinzip erkennbar nicht zugrunde liegt, kann auch nicht angenom­men wer­den, dass er auf den gesamten Betrieb Anwen­dung find­en solle.