30. April 2018

AMETHYST erfolgreich gegen Versagung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung

AMETHYST wehrt sich für einen Per­sonal­dien­stleis­ter erfol­gre­ich gegen die Ver­sa­gung der Erlaub­nis zur Arbeitnehmerüberlassung

Das LSG Berlin-Bran­den­burg hat die Entziehung der Erlaub­nis zu Arbeit­nehmerüber­las­sung eines durch uns vertrete­nen Per­sonal­dien­stleis­ters recht­skräftig für unwirk­sam erk­lärt (Beschluss vom 22.01.2018 – L 18 AL 209/17 B ER).

Sachverhalt

Die Bun­de­sagen­tur für Arbeit hat­te dem Per­sonal­dien­stleis­ter die Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung ver­sagt. Grund hier­für war die nach Auf­fas­sung der Bun­de­sagen­tur für Arbeit fehlende Zuver­läs­sigkeit der Antrag­stel­lerin, für die sie mehrere Gesicht­spunk­te anführte (ange­blich unzuläs­sig viele sach­grund­lose Befris­tun­gen, Über­schre­itung der täglichen Höch­star­beit­szeit, fehlende Ein­grup­pierung der Mitar­beit­er, unterbliebene Jahres­son­derzahlun­gen, Nicht­gewährung von Mehrar­beit­szuschlä­gen). Hierzu hat­te sich der Per­sonal­dien­stleis­ter sub­stan­ti­iert ein­ge­lassen u.a. mit dem Argu­ment, er hätte mit ihren Arbeit­nehmern eine weit über­tar­i­fliche Bezahlung mit ein­er Anrech­nungsmöglichkeit auf tar­i­fliche Lohnbe­standteile vereinbart.

Gegen die Ver­sa­gung beantragte der Per­sonal­dien­stleis­ter im Wege ein­er gerichtlichen Regelungsanord­nung iSv § 86b Abs. 2 S. 2 SGG die vor­läu­fige Erteilung der Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung. Diesem Antrag hat­te die Vorin­stanz unter Befris­tung der Erlaub­nis bis zum 31. März 2018 entsprochen (SG Berlin v. 4.12.2017 — 60 AL 810/17).

Entscheidung

Die hierge­gen ein­gelegte Beschw­erde blieb ohne Erfolg. Grund­sät­zlich ist eine ver­fas­sungsrechtlich gebotene Fol­gen­ab­wä­gung vorzunehmen, ohne dass es der abschließen­den Aufk­lärung des Sachver­halts, z.B. durch Vernehmung zahlre­ich­er Arbeitnehmer/innen als Zeugen/innen bedarf, die die Gewährung effek­tiv­en Rechtss­chutzes (vgl. Art 19 Abs. 4 GG) angesichts des hier zu beach­t­en­den „Zeit­fen­sters“ let­ztlich nicht ermöglicht hätte. Ungeachtet dessen, dass ggfs. umfan­gre­iche weit­ere Sacher­mit­tlun­gen anzustellen wären, weil die Bun­de­sagen­tur für Arbeit die gel­tend gemacht­en Unzu­ver­läs­sigkeits­gründe nicht einzelfall­be­zo­gen konkretisiert hat, ist zumin­d­est derzeit aus den von des Per­sonal­dien­stleis­ters aufgezeigten Erwä­gun­gen (z.B. weit über­tar­i­fliche Bezahlung der Leiharbeitnehmer/innen bei Vere­in­barung ein­er Anrech­nungsklausel) und in Anse­hung der zwis­chen­zeitlich erfol­gten Anpas­sung der ver­wen­de­ten Rah­men­vere­in­barung nicht zu besor­gen, dass der soziale Schutz der Leiharbeitnehmer/innen nach­haltig und schw­er­wiegend beein­trächtigt wird.

Art. 19 Abs. 4 GG stellt beson­dere Anforderun­gen an die Aus­gestal­tung des Eil­ver­fahrens, wenn ohne die Gewährung vor­läu­fi­gen Rechtss­chutzes schwere und unzu­mut­bare, anders nicht abwend­bare Beein­träch­ti­gun­gen entste­hen kön­nen, die durch das Haupt­sachev­er­fahren nicht mehr zu beseit­i­gen wären. Der Per­sonal­dien­stleis­ter hat solche schw­er­wiegen­den Nachteile nachvol­lziehbar dargelegt (vor­läu­fige Ein­stel­lung der Betrieb­stätigkeit mit entsprechen­den Auswirkun­gen auf die Lei­har­beit­nehmer und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Per­sonal­dien­stleis­ters und deren Stel­lung bzw. Chan­cen am Markt); in diesen Fällen ist auch eine Vor­weg­nahme der Haupt­sache im gerichtlichen Eil­ver­fahren gerechtfertigt.

Über­wiegende öffentliche Belange kön­nen es zwar recht­fer­ti­gen, den Rechtss­chutzanspruch einst­weilen zurück­zustellen. Hier­für sind jedoch nur solche Gründe aus­re­ichend, die in angemessen­em Ver­hält­nis zu der Schwere des Ein­griffs ste­hen und die ein Zuwarten bis zur Recht­skraft des Hauptver­fahrens auss­chließen. Ob diese Voraus­set­zun­gen gegeben sind, hängt von ein­er Gesamtwürdi­gung der Umstände des Einzelfall­es und ins­beson­dere davon ab, ob eine weit­ere Tätigkeit des Per­sonal­dien­stleis­ters konkrete Gefahren für wichtige Gemein­schafts­güter, hier ins­beson­dere aber auch der Grun­drechte der Leiharbeitnehmer/innen, befürcht­en lässt.

Die damit gebotene Fol­gen­ab­wä­gung recht­fer­tigt den Erlass der einst­weili­gen Anord­nung. Ergin­ge die einst­weilige Anord­nung nicht, erwiese sich die Klage in der Haupt­sache später aber als begrün­det, so entstün­den des Per­sonal­dien­stleis­ters schon jet­zt schwere und kaum wieder gutzu­machende Nachteile. Sie hätte ihre Geschäft­stätigkeit einzustellen. Dauert dieser Zus­tand an, so ste­ht zu befürcht­en, dass der Per­sonal­dien­stleis­ter­ihren Kun­denkreis ver­liert und den Leiharbeitnehmer/innen kündi­gen muss und somit nicht wiedergutzu­machende wirtschaftliche Fol­gen ein­treten. Ergin­ge die einst­weilige Anord­nung, hätte die Klage in der Haupt­sache später aber keinen Erfolg, kön­nte der Per­sonal­dien­stleis­ter­ihre Arbeit­nehmerüber­las­sung vorüberge­hend weit­er betreiben. Die Fol­gen ein­er solchen zeitlichen Verzögerung der Betrieb­se­in­stel­lung fall­en auch in Anse­hung der Rechte der Leiharbeitnehmer/innen weniger ins Gewicht, zumal der Per­sonal­dien­stleis­ter auch die Möglichkeit besitzt, Erlaub­nisse mit entsprechen­den Aufla­gen und son­sti­gen Nebenbes­tim­mungen zu versehen.

Praxishinweis

Der Entzug oder die Nichtver­längerung der Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung ist eine gebun­dene Entschei­dung. Ob ein Anspruch darauf beste­ht, ist allein anhand ein­er Prog­nose zu bes­tim­men, ob der Ver­lei­her seinen Arbeit­ge­berpflicht­en zukün­ftig nachkom­men werde (BSG v. 6.2.1992 — 7 R Ar 140/90). Hil­ft ein Ver­lei­her Bean­stan­dun­gen der Bun­de­sagen­tur für Arbeit ab bzw. kann er dar­legen, dass Bean­stan­dun­gen zu Unrecht erfol­gt sind, beste­ht ein Recht­sanspruch auf Erlaub­nis­erteilung, der auch im Wege des einst­weili­gen Rechtss­chutzes durchge­set­zt wer­den kann. Die mit der Nichterteilung ver­bun­de­nen finanziellen Nachteile kön­nen das Vol­lziehungsin­ter­esse über­wiegen, wenn nicht zusät­zlich eine beson­dere Unzu­ver­läs­sigkeit des Geschäfts­führers oder eine son­stige Gefährdung von Arbeit­nehmer­in­ter­essen vorliegt.

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Grund­sät­zliche Hin­weise zu Ver­fahren wegen der Entziehung der Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung find­en Sie hier.