19. Februar 2016

AÜG — Änderungen leicht entschärft

Die AÜG-Reform kommt zum 01. April 2017. Am 25. Novem­ber 2016 hat nach dem Bun­destag auch der Bun­desrat über die AÜG-Reform berat­en und ihnen ohne weit­ere Änderun­gen zugestimmt.

Nun, jeden­falls wur­den die ersten Geset­ze­sen­twürfe zur Änderung des des Arbeit­nehmerüber­las­sungs­ge­set­zes (AÜG) vom Bun­desmin­is­teri­um für Arbeit und Soziales (BMAS) über­ar­beit­et und teil­weise entschärft.

a) Ausnahmen zur 18-Monatsfrist der Überlassungshöchstdauer

Der über­ar­beit­ete Geset­ze­sen­twurf des AÜG sieht nach wie vor eine Über­las­sung­shöch­st­dauer von 18 Monat­en an densel­ben Entlei­her vor. Das entspricht der Regelung in der Koali­tionsvere­in­barung und war auch so erwartet worden.

Hierzu gibt es Aus­nah­men. Eine Aus­nah­meregelung für tar­ifge­bun­dene Unternehmen gilt nach wie vor unbe­gren­zt, so kön­nten also z.B. IG Met­all und die Arbeit­ge­berver­bände der Met­allindus­trie einen Tar­ifver­trag vere­in­baren, der eine Höch­stüber­las­sungs­dauer auch von 36 oder von 48 Monat­en vor­sieht. Diese Höch­st­frist würde dann für alle Ein­satz­be­triebe gel­ten, die Mit­glied des Arbeit­ge­berver­ban­des sind. Das her­auszufind­en und zudem einen Überblick über die gel­tenden Regelun­gen zu behal­ten, dürfte nicht ein­fach wer­den. Auch Ein­satz­be­triebe, die dem Gel­tungs­bere­ich dieses Tar­ifver­trages unter­fall­en, dür­fen die ver­längerte Über­las­sungs­dauer in ihrem Betrieb vere­in­baren — mit Zus­tim­mung des Betriebsrates.

Enthält der Tar­ifver­trag eine “Öff­nungsklausel”, die die Vere­in­barung der Höch­stüber­las­sungs­dauer den Betrieb­sparteien über­lässt, kön­nen in tar­ifge­bun­de­nen Unternehmen auch durch Betrieb­svere­in­barun­gen beliebig lange Über­las­sungs­dauern fest­gelegt wer­den. Diese Ver­längerungsmöglichkeit gilt in nicht tar­ifge­bun­de­nen Unternehmen allerd­ings nach wie vor nur bis zu ein­er Über­las­sung­shöch­st­dauer von läng­stens 24 Monat­en. Wer als Kun­den­be­trieb keinen Betrieb­srat hat, schaut nach wie vor in die Röhre und ist an die Höch­st­frist von 18 Monat­en gebunden.

Für mehrere Ein­sätze sieht der Geset­ze­sen­twurf eine Unter­brechungs­frist von 3 Monat­en vor, ab der ein Ein­satz bei einem Entlei­her als “Neuein­satz” wird. Entlei­her ist das Kun­de­nun­ternehmen, nicht der ‑betrieb. Ein Arbeit­splatzwech­sel hil­ft für die Frist­berech­nung also nicht, so lange die Tätigkeit im sel­ben Unternehmen fort­ge­set­zt wird. Weit­ere Einzel­heit­en hierzu find­en Sie hier.

Immer­hin beste­ht für die Umset­zung eine geräu­mige Frist, denn die Berech­nung des 18-Monat­szeitraums soll erst am 1. April 2017 begin­nen, so dass die Höch­stüber­las­sungs­dauern erst am 30. Dezem­ber 2018 enden wer­den. Zeit genug, sich hier­auf einzustellen.

 

b) Verbot des Kettenverleihs

Nach dem Entwurf soll der Ket­ten­ver­leih zukün­ftig ver­boten wer­den. Das war schon bish­er die Auf­fas­sung der Bun­de­sagen­tur für Arbeit und wurde in der Prax­is auch weit­ge­hend befol­gt — let­ztlich also keine wesentliche Änderung.

 

c) Equal Treatment bereits nach 9 Monaten Einsatzdauer

Nach neun Ein­satz­monat­en in dem­sel­ben Kun­de­nun­ternehmen beste­ht die Verpflich­tung zum Equal Treat­ment. Neben dem Stun­de­nent­gelt sind den Arbeit­nehmern also auch diesel­ben son­sti­gen Arbeits­be­din­gun­gen ver­gle­ich­bar­er Arbeit­nehmer im Kun­den­be­trieb zu gewähren (z.B. Prämien, betriebliche Altersvor­sorge etc.). Diese kön­nen zwar kap­i­tal­isiert wer­den, sind aber gle­ich­wohl nur schw­er zu ermit­teln. Gezählt wird hier eben­falls erst ab dem 1. April 2017.

 

d) Ausnahme vom Equal Pay nur bei Zahlung von Branchenzuschlägen

Eine Umge­hung der Equal Pay-Verpflich­tung ist nur bei Anwen­dung von Branchen­zuschlagstar­ifverträ­gen möglich.Diese waren nach dem ersten Entwurf schw­er angeschla­gen, obwohl sie sich mit­tl­w­er­weile in der Prax­is sehr bewährt hat­ten. Diese wur­den nun wieder aufgew­ertet und müssen zur Ver­mei­dung eines Equal Pay-Anspruchs nach mehr als neun Monat­en zwin­gend ange­wandt wer­den. Zudem müssen Sie eine neue Ent­gelt­stufe erhal­ten, mit der das Ent­gelt im Kun­den­be­trieb nach spätestens 15 Monat­en Ein­satz­dauer erre­icht wird; schließlich muss die erste Erhöhung bere­its nach sechs Wochen ein­treten, was bei den bish­eri­gen Zuschlagstar­ifverträ­gen der Fall ist.

Es ist daher zu erwarten, dass vor allem die Dien­stleis­tungs­branchen zukün­ftig neue Branchen­zuschlagstar­ifverträge abschließen wer­den, um die Equal Pay-Verpflich­tung her­auszögern zu kön­nen.

 

e) Der neue § 611a BGB

Der bish­erige Geset­ze­sen­twurf zu § 611a BGB — Stich­wort “Werkverträge” enthielt einen Tatbe­stand­skat­a­log, der fes­tle­gen sollte, wann ein Werkver­trag miss­bräuch­lich ver­wen­det werde. Dieser war wenig aus­gereift und wurde deshalb auch stark kri­tisiert. Das hat der Geset­zge­ber zum Anlass genom­men, nun eine äußerst weich gespülte Vari­ante vorzule­gen, nach der, kurz gesagt, alles bleibt, wie es ist. Denn es wurde nun lediglich eine Def­i­n­i­tion des Arbeit­nehmers in das Gesetz einge­fügt, die der jahre­al­ten Def­i­n­i­tion des Bun­de­sar­beits­gericht wort­gle­ich entspricht. Immer­hin: harmlos!

 

f) Streikarbeit

Streikar­beit durch Zeitar­beit­nehmer ist zukün­ftig zuläs­sig, wenn die Zeitar­beit­nehmer schon vor dem Streik in dem Unternehmen tätig waren. Der Ersatz streik­ender Arbeit­nehmer durch Streik­brech­er bleibt dage­gen unzulässig.

 

g) Keine Fallschirmlösung mehr bei Werkverträgen

Ver­boten wird nun auch die “Fallschirm­lö­sung”, mit der sich sehr viele Dien­stleis­ter gegen eine mögliche unzuläs­sige Arbeitnhmerüber­las­sung abgesichert hat­ten. Sie schlossen ihre Verträge als Dienst- oder Werkverträge und kon­nten dann, wenn sich eine Tätigkeit im Nach­hinein als Arbeit­nehmerüber­las­sung her­ausstellte, noch immer ihre auf Vor­rat beantragte Erlaub­nis vor­weisen. Das geht zukün­ftig nicht mehr, denn das Gesetz ver­langt im Vorhiniein eine Fes­tle­gung auf Dienst / Werkver­trag oder Arbeit­nehmerüber­las­sung. Liegt Arbeit­nehmerüber­las­sung ohne entsprechende Beze­ich­nung vor, dro­hen Bußgelder selb­st dann, wenn der Dien­stleis­ter eine ANÜ-Erlaub­nis besitzten sollte. Ger­ade Dien­stleis­ter im IT‑, Engi­neer­ing und Auto­mo­tivesek­tor wer­den ihre Verträge deshalb zukün­ftig sehr häu­fig auf Arbeit­nehmerüber­las­sung umstellen müssen.

Bei Ver­stößen gegen die Neuregelun­gen dro­hen erhe­bliche Bußgelder von bis zu 50.000 € pro Verstoß!

Zu den Fra­gen rund um das The­ma berat­en wir Sie gern. Infor­ma­tio­nen zu unserem Beratungsange­bot find­en Sie hier.

Auch beantra­gen wir für Sie die Erlaub­nis zur Arbeit­nehmerüber­las­sung, sofern Sie diese noch nicht besitzen. Weit­ere Infos hierzu find­en Sie hier.